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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Diehl, Robert: Zu den Holzschnitten A. Weber-Schelds
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0102
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Mehrfach hat er sie zu
ausschließlichen Trä-
gern des Bildgedan-
kens gemacht. So in
dem besonders aus-
drucksvollen Holz-
schnitt »Sturm«, in
dem der breit ins Zen-
trum gesetzte Leib
eines solchen Riesen
mit gesammelter Kraft
gegen die unsichtbare
Gewalt ankämpft und
von der zerwühlten
Krone bis in die ener-
gievoll geschwunge-
nen, breitblockigen
Schollenzüge des
Grundes kein Fleck-
chen bleibt, das nicht
in den Aufruhr der
Linien, in den flak-
kernden Wirbel von
Schwärzen und Lich-
tern hineingerissen
würde. Das stürmische
Pathos dieses von pral-
lem Leben bis an den
Rand gefüllten Blattes

klärt sich in einem andern Holzschnitt »Winter« zu milder Resignation. Auch hier ist es ein Baum,
der den Gehalt des Bildes ausspricht und in der ausdrucksgeladenen Silhouette des verkrümmten
Stammes, der starrenden kahlen Aste die grenzenlose Öde des winterlichen Erstorbenseins mit
suggestiver Kraft zur unmittelbaren Anschauung bringt.

Die Melancholie dieser an östliche Lyrik gemahnenden und vielleicht von ihr befruchteten Natur-
dichtung kehrt, um einige Grade pathetischer, in der stimmungsvollen »Moor-Landschaft« des
gleichen Jahres (1921) wieder, in der von den sturmbewegten Wolken bis zu den verkümmerten,
gebeugten Baumruinen alles ein irgendwie fragwürdiges, gleichsam vom Tode gezeichnetes Leben,
einen Hauch balladesker Düsterkeit atmet. Und hier tritt denn auch die Wurzel jener tragischen Welt-
ansicht zutage, die sich in einer der letzten Arbeiten des Künstlers, der großen mit mehreren Platten
gedruckten »Landschaft des Krieges« ihren gültigen Ausdruck geschaffen hat. Ohne irgend-
eine menschliche Staffage (auf die auch sonst in den Holzschnitten Weber-Schelds immer verzichtet
ist) und ohne künstliche Steigerung und Überhitzung des Gegenständlichen ist liier mit den Mitteln
schlichtester Darstellung das Antlitz des versengten und verstümmelten Landes, über das der Glut-
hauch des Krieges hinweggegangen ist, um vieles eindringlicher vor Augen geführt, als es die

A. Weber-Scheld, Sturm.

Holzschnitt.

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