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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Seligmann, A. F.: Johanna Kampmann-Freund
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0105
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einzelnen schöner ma-
chen als sie ist? Ver-
gleicht einen gemalten
Baum mit einem leben-
digen, eine beschrie-
bene Landschaft mit
einer wirklichen, die
mediceischeYenus mit
eurer Geliebten! —
Was ist denn also die
Kunst? — Sie ist die
Hervorbringung einer
anderen Natur, als die,
welche uns umgibt,
einer Natur, die mehr
mit den Forderungen
unseres Verstandes,
unserer Empfindung,
unseres Schönheits-
ideals, unseres Stre-
bens nach Einheit
übereinstimmt. Wenn
wir dabei die äußere
Natur nachahmen, so
geschieht es nur, weil
wirunserer Schöpfung
auch eine Existenz ge-
ben und sie von einem
leeren Traumbild un-
terscheiden wollen.
Nun sind aber, so-
sehr es in unserer
Willkür steht, den
Dingen eine Essenz

zu leihen, doch unsere Vorstellungen von Existenz durchaus nur vom Existierenden
abstrahiert und gehen nicht weiter als dieses. Daher müssen wir wieder zur Natur
unsere Zuflucht nehmen und ihre Nachahmung ist nicht der Punkt, von dem wir aus-
gehen, sondern der, auf den wir zurückkommen«.

Die Generation, deren künstlerische Entwicklung und Erziehung bei uns in die Zeit vor etwa
20 bis 25 Jahren fiel, hatte schwere Gewissenskonflikte auszukämpfen. Damals kam bei uns der
Begriff der »Deformierung« auf: Der Künstler habe nicht die Formen der Natur »nachzubilden«,
er habe sie vielmehr im Sinne seiner künstlerischen Idee umzugestalten, zu »deformieren«. Solche
auf Grund persönlicher Auffassung vorgenommene Veränderungen der natürlichen Erscheinungs-
formen finden wir freilich auch überall schon in der alten Kunst; hier dienen sie meist zur Verstärkung

Johanna Kampmann-Freund, Porträt des Gatten.

Bleistiftzeichnung.

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