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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Fleischmann, Benno: Zur Graphikausstellung im Wiener "Hagenbund" (Dezember 1930)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0117
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»Nächtliches Straßenbild« zuständliche, rein
auf Milieu und Atmosphäre abgestimmte Dar-
stellungen. Eine Äußerlichkeit fällt auf. An
jedem der drei Bilder bemerken wir, mehr
oder weniger eng mitdemThemazusammen-
hängend, ein Frauenporträt. Selbst heute
noch — oder heute wieder — strebt das
Pastell zu diesem, seiner Art so gemäßen
Vorwurf des Damenbildnisses.

Ganz bei dieser Art der nicht mehr
herben, sondern gesundeten Sachlichkeit
steht Georg Mayer-Marton. Der Winkel,
unter dem die Landschaft — denn um solche
handelt es sich fast ausschließlich — ge-
sehen wird, ist ein weiter, der Standpunkt
wechselt und verschiebt so die Sicht in die
verschiedensten Richtungen, belebt schon
das äußere Bild jeder Vedute und kreuzt
das Hergebrachte. Ein enges Thema wird
erweitert, gedehnt, jede leere Stelle ausge-
füllt, neu durchgebildet; kleine,unbedeutende
Szenen spielen sich ab, ohne Pointe und
Steigerung, aber mit starker individueller
Ausprägung des gewählten Momentes, etwa
auf dem Aquarell »Tennisplatz« (Abb. 7).
Immer ist eine größere Farbfläche, hier etwa
das rostrote Spielfeld, als koloristischer Hin-
tergrund zusammenfassend angenommen.

Abb. 6. Tibor Ger<*ely. .Mädchenkopf. Schwarz-Weiß-Aquarell.

Bezeichnend ist, daß die Titel der Bilder -

»Dächer«, »Eisenbahnbrücke«, »Donaulandschaft« usw. — unbestimmt, für den Betrachter nicht
bindend und unwesentlich sind.

Hans Sidonius Becker verzichtet auf jede nähere Bezeichnung seiner sieben »Aquarelle«.
Er malt Stadtansichten, Marinelandschaften in einer Art, die ein wenig an die der Pointillisten
gemahnt. Zartheit der Farben, das Flirrende, Flimmernde in der Beleuchtung tragen zur Erreichung
des beabsichtigten duftigen Eindruckes bei. Hier ist die Landschaft nicht als stehende Erscheinung,
vielmehr als ein Feld unendlicher Bewegung gesehen, und so wurde versucht, alles Fließende bis
zum letzten Rest auszuschöpfen und dennoch ins starre Bild zu übertragen.

Louis Pregartbauer stellt zwei Veduten in Kreide aus, streng geformt und fest gefügt. Sie
vermitteln einen starken räumlichen Eindruck, nur glaubt man vielleicht mit Unrecht — zu be-
merken, daß mit dem Lineal gearbeitet wurde, spürt das zu stark, was »Technik« ist. Ist es weiterhin
Zufall, daß die zwei Bilder maschingeschriebene Unterschriften in gleichmäßiger Minuskel, ohne
großen Anfangsbuchstaben, tragen?

Wir müssen, treten wir vor die letztgenannten Arbeiten, noch einmal an das zurückdenken,
was wir eingangs bezüglich der Sachlichkeit andeuteten. Diese entstand als Reaktion auf den
 
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