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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Tierbilder von Otto Silberstern
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0120
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füllende lichtblaue Töne da-
zwischen wirken mehr dekorativ,
als daß sie an blaue Luft oder
grünes Blattwerk erinnern wollen.

Blätter von dieser Art ver-
raten den ganzen äußerst schüch-
ternen, überbescheidenen, unge-
wöhnlich »reizsamen« Menschen
(um ein Wort Karl Lamprechts zu
gebrauchen), der still und zurück-
gezogen nur seiner über alles ver-
ehrten greisen Mutter und seiner
Kunst lebt, innen aber doch
voll vibrierender Unruhe ist.

Der Künstler ist am 19. Sep-
tember 1876 in Wien als der
Sohn eines Färbereibesitzers ge-
boren. Sein Vater hätte ihn gerne
in der Kanzlei seines Geschäftes
gesehen, wegen seiner inneren
Unrast wollte das aber nicht recht
gehen. Erst mit dreißig Jahren
ging er ganz zur Kunst über und
besuchte die damals in Wien be-
stehende Malschule zweier Mit-
glieder der »Sezession«, der Ma-
ler Franz Hohenberger und Fer-
dinand Kruis. 1907 hätte er an
die Akademie in Düsseldorf ge-
hen sollen. Der Tod des Vaters
verhinderte dies aber, er wid-
mete sich von nun an ganz seiner
Mutter und bildete sieh in seiner
Kunst selbständig weiter, hauptsächlich auf Grund von Studien im Schönbrunner Tiergarten. Die
Tiere, sagt er, ziehen ihn wegen ihrer lebhaften Beweglichkeit und ihres Gesichtsausdruckes an.

In diesem Sommer war in der Wiener Neuen Galerie (Dr. Otto Nirenstein) eine Ausstellung zu
sehen, die einen Überblick über das bisherige Schaffen des Künstlers gestattete.

Meister der Tiergraphik, wie zum Beispiel Ludwig Heinrich Jungnickel und Walther Klemm,
sind zweifellos stärkere Persönlichkeiten als Otto Silberstern und wirken in ihren Arbeiten unver-
gleichlich kraftvoller und männlicher. Dies drückt sich beispielsweise schon in der von ihnen bevor-
zugten markigen Technik des Holzschnittes aus. Man könnte sich Silberstern mit Hohleisen und
Schneidemesser hantierend nur schwer vorstellen. Aber dafür eignen seinen Blättern wieder beinahe
weibliche Zartheit und Anmut und ein sehr persönlicher duftiger Farbenreiz, und hinter der oft allzu
verschwommenen Formgebung steckt eine ausgezeichnete Naturbeobachtung. A. W.

Otto Silberstern, »Makis«

Farbstiftzeichnung.

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