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VON DER SCHRIFT.

kann, für dessen Zwecke es genügen dürfte, die Namen der Hauptgattungen der Schriften
festzustellen, und diesen einige Proben der gebräuchlichsten Werkdruckschriften beizugeben.
Alle Lettern, deren sich der Buchdrucker bedient, unterliegen einer doppelten
Einteilung: ihrer Grösse und ihrem Bilde nach. Für erstere sind Bezeichnungen geschaffen
worden, die zum Teil bis in die ersten Jahrzehnte nach Erfindung des Buchdrucks zurück-
geführt werden können, und von denen einige von den Werken entlehnt wurden, zu deren
Satze sie zuerst verwendet worden sein sollen, wie Corpus vom Satze des Corpus juris
civilis, Brevier von den also benannten Gebetbüchern, Cicero von den Schriften Ciceros
u. s. w.; andere deuten Eigenschaften an, wie Perl, Nonpareil, Petit u. s. w.; andere
wieder wurden von den Namen der Giesser, die sie zuerst geschaffen, wie Garmond,
Sabon, abgeleitet, während manche willkürliche Grössenbezeichnungen sind, die vom Kegel
der Type, d. h. von deren Bildhöhe, entnommen wurden. Dieser Kegel wird jetzt auch
bei uns in Deutschland ziemlich allgemein nach typographischen Punkten geregelt, obwohl
auch die Berechnung nach Viertelpetit ( 2 typographischen Punkten) noch nicht beseitigt
ist, wie dies im Interesse der Einheitlichkeit zu wünschen wäre. Als Urheber des typo-
graphischen Punktes ist der französische Schriftgiesser Fournier le jeune zu betrachten,
welcher in seinem 1764 zu Paris erschienenen Manuel typographique, utile aux gens de
lettres, ein System aufstellte, dem er den damaligen französischen Fuss zugrunde legte,
dessen 12 Zolle in je 12 Linien eingeteilt waren; von diesen letzteren teilte er jede
wieder in 6 Einheiten, und diesen gab er sodann den Namen points typographiques.
Nach ihm hat Firmin-Didot auf Befehl Napoleons I. es versucht, das Fourniersche System
mit dem durch die französische Revolution geschaffenen Metermass in Übereinstimmung
zu bringen, ohne indes damit einen vollen Erfolg zu erzielen; nichtsdestoweniger bezeichnet
man heute das Punktsystem als »nach Diclot«, und dieses hat nach den Beschlüssen einer
1873 erfolgten Vereinigung der Mehrzahl der deutschen Giessereien und ganz besonders
dank der Thätigkeit des Kommerzienrats Herrn Heinrich Berthold in Berlin, damals Inhaber
einer Fabrik typographischer Messinglinien, in Deutschland Annahme und Eingang gefunden.
Die sogenannten »Haussysteme«, von denen früher fast jede Giesserei ihr eigenes besass,
durch welches sie ihre Kunden an sich zu fesseln suchte, haben dem Punktsystem weichen
müssen, oder können nur noch mit erheblichen Mehrkosten für den Buchdrucker in
besonderen Fällen aufrecht erhalten werden, da bei jeder nicht nach »System Didot«
zu liefernden Nachbestellung seitens der Giesser Extrakosten für »Zurichtung« berechnet
werden, die sehr rasch zu beträchtlichen Summen anwachsen können.
Nach diesem Punktsystem werden also heute Ausschluss und Schriften gegossen,
wobei die letzteren mit dem Vier- oder Fünfpunktkegel beginnen, während die geringeren
Stärken nur für Durchschuss und Regletten, d. i. die dünnen Metallplättchen, die zwischen
die Zeilen gelegt werden, um diese zum Zweck grösserer Eleganz oder besserer Leserlichkeit
weiter auseinander zu rücken, in Anwendung kommen. In Frankreich hat man fast
allgemein die alten Schriftbezeichnungen aufgegeben, und benennt die Schriftgattungen
nur nach ihrem Kegel, also nach der Zahl von dessen Punkten, als corps six, corps huit,
corps dix etc., in Deutschland wurden sie indes noch beibehalten, und in englischen
 
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