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Vermeer van Delft, Jan; Goldscheider, Ludwig [Hrsg.]
Johannes Vermeer: Gemälde; Gesamtausgabe mit Einleitung, Katalog, Signaturen-Tafel, 83 einfarbigen und 34 farbigen Wiedergaben — Köln, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.51036#0008
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VORBEMERKUNG

DlE Tafeln in diesem Vermeerbuch, die fast ausnahmslos nach Neuaufnahmen
gemacht wurden, sind sehr verschieden von denen der ersten Vermeerausgabe
des Phaidon-Verlags aus dem Jahre 1940; in kritischer Beziehung aber hat die
neue Ausgabe so gut wie nichts geändert, sondern nur die damaligen Bestim-
mungen verdeutlicht.
Die alte Ausgabe bestand aus einem einleitenden Essay von Thomas Bodkin
und aus einem Tafelteil, für den ich verantwortlich war. Dieser Tafelteil ent-
hielt drei Abbildungen, deren Zuschreibung an Vermeer mir nicht ganz sicher
erschien: die Spitzenklöpplerin der Sammlung Mellon, die Virginalspielerin der
Sammlung Beit und das Frauenbildnis in Budapest. - Die Spitzenklöpplerin war
schon in der ersten Ausgabe als zweifelhaft bezeichnet, jetzt ist sie vom
Vermeer-Oeuvre abgeschrieben. Bei dem Bild in der Sammlung Beit bin ich
noch immer nicht ganz sicher; vom Besitzer des Bildes ist mir die Nachricht
zugekommen, daß es jetzt gereinigt wird, sodaß man das Resultat abwarten
muß. Was das Frauenbildnis in Budapest betrifft, welches ich oft und genau
betrachtet habe, so weiß ich jetzt wenigstens, daß es wegen des Kostüms vor
1656 zu datieren ist. - Das Datieren „nach der Mode“ hat bei Genrebildern
keine Geltung, es ergibt nur einen terminus post quem; in Vermeers Werkstatt
waren Kostüme ein Teil der Atelierausstattung, z.B. das gelbe Kleid mit
schwarzen Bordüren (Tafel 15, 17, 35, 43) oder die gelbe Jacke mit Hermelin-
besatz (Tafel 47, 48, 50, 66, 70, 74); auch trägt der Musikant, das vermutliche
Selbstbildnis Vermeers in Dresden (Bei der Kupplerin, Tafel 12-13), dasselbe
Kostüm wie der Maler in dem viel späteren Wiener Gemälde (Das Maler-
Atelier, Tafel 56). Was aber für Genrebilder gilt, gilt nicht auch für Porträts, bei
denen die Datierung der Trachtenmode die Datierung der Gemälde ergibt.
Man darf also mit Bestimmtheit annehmen, daß das Budapester Frauenbildnis,
wenn es von Vermeer wäre, eines seiner frühesten Werke sein müßte. Das
Farbenschema, Dunkelblau und zweierlei Gelb mit etwas Rot, wäre des jungen
Vermeer nicht unwürdig; zu Willem Drost, dem man das Bild versuchsweise
zugeschrieben hat, stimmt es nicht recht. Aber das Bild paßt trotz allem auch
nicht in das Oeuvre Vermeers.

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