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GOLDSCHMIDT
sein (vgl. Bienkowski, Fig. g3). Der Steinwerfer (d) ist der Szene
der Steinigung Achans entnommen (Josua VII, Vers 2 5). Sein
Vorbild ist die zweitvorderste Figur der linken Steinigergruppe
in derselben Darstellung des Rotulus (II Rotulo, Taf. IX), doch
mit dem Unterschied, daß die Elfenbeinfigur in der linken Hand
statt eines Schwertes einen zweiten Stein hält. Einem christlichen
Stoffkreis gehört auch die Figur an, die einen Löwen auf die
Hinterbeine gezwungen und dessen Maul aufgerissen hat (d). Seit
frühchristlicher Zeit war diese Darstellung geläufig auf den sog.
Simsonstoffen (Diehl i. Fig. t3o), weshalb unsere Figur wohl als
Simson zu deuten ist. Von den übrigen vier Platten mit nackten
Figuren stellt die erste (a) einen Satyr dar in der typischen Bewe-
gung mit steif durchgedrückten Beinen. Über der linken Schulter
trägt er ein Gewand, das aus einem mißverstandenen Fell entstanden
ist, dessen Schwanzende zwischen den Beinen sichtbar wird. In der
Rechten hält er den Thyrsos (vgl. den Griff einer antiken Silber-
schale, Monuments Piot II, i8g5, pl. g). Antik scheint auch die
nackte Figur (c) zu sein, die die Beine übereinander geschlagen
hat, sich auf einen Speer stützt und in der ausgestreckten Linken
ein herzförmiges, nicht näher zu deutendes Attribut hält. Ob der
nackte, zum Schlag ausholende Krieger (b) aus der Antike über-
nommen oder eine vom Schnitzer entkleidete Josuafigur ist, läßt sich
nicht mehr entscheiden, da bessere und aufschlußreichere Fassungen
dieses Typs nicht erhalten sind. Ebensowenig läßt sich das bei dem
nacktenBogenschützen (d) entscheiden, dessen Helm auf einen Josua-
krieger hinweist. Der Josuakrieger-Helm kann jedoch auch auf einen
beliebigen anderen Kriegertyp übertragen worden sein.
Dem Schnitzer ist bei aller Lebendigkeit der Figuren das Gefühl für
ihren organischen Aufbau verlorengegangen. Bezeichnend ist, wie
einige Josuakrieger (a, c) das hintere Bein nach außen geklappt
haben und dadurch statt der natürlichen Schrittbewegung eine
stehende, balancierende Haltung bekommen. Auf eine solche Will-
kür ist wohl auch die jetzt unverständliche Haltung des Bogen-
schützen (d) zurückzuführen. Die ausgestreckten Arme sind oft zu
kurz. Die natürliche Ausladung einer Figur wird zuweilen gehemmt
durch Rücksicht auf eine ornamentale Füllung des Bildfeldes. Die
Linienführung der Falten ist sehr hart, was sich besonders in den
fächerartig steifen Gewändern geltend macht, die gewissermaßen
eine Folie für die nackten Figuren bilden.
Literatur: Westwood, Fictile Ivories 1876, S. 368 und 875. Catalogue d’objets
d’arts etc.... formants la collection de M. le Comte Girolamo Possenti de Fabriano
(Vente Jeudi Ier Avril 1880 ä Florence) Nr. 19. Schneider, Serta Harteliana 1896
Nr. 19. Graeven im Österr. Jahrb. Bd. XX, 1899, Nr. 41 und S. 9 Anm. 1 und in
der L’Arte Bd. II, 1899, S. 3i2 Anm. 4-
9a-e. KASTEN. TAFEL IV
Kriegerfiguren.
X. .1 a h r h u n d e r t.
Eßlingen, Archiv.
Höhe ii,5 cm, Länge 25,5 cm, Breite 15 cm. Der Kasten ist in seinem gegen-
wärtigen Zustande sehr stark verunstaltet, da er seine Gestalt und einen großen
Teil des Elfenbeinbelages eingebüßt hat. Ursprünglich hat er wohl die Form eines
Kastens mit Schiebedeckel besessen wie die Kästen Nr. 10 und 12. Er muß aber
schon früh schadhaft gewesen sein, denn die jetzige stark reduzierte Form hat er
schon im Mittelalter erhalten, als man um die Seiten Metallbänder und Scharniere
nagelte, die durchaus mittelalterliche Formen tragen. Eine Verschmälerung der
ursprünglichen Kastenbreite ergibt sich deutlich aus der Holzplatte der linken
Kurzseite (d), von der links die Breite eines Rosettenstreifens abgeschnitten ist,
Aus dieser Abbildung geht auch die Verkürzung der Langseiten hervor, da den
Zapfen der Kurzseite keine Einschnitte in dem Holz der angrenzenden Langseite
entsprechen. Es muß also ein Stück der Langseite, das die Aussparungen für diese
Zapfen enthielt, abgeschnitten sein. Der Deckel (a) und die zweite Kurzseite (e)
zeigen neue Holzwände, in die man keine Rillen für die die Platten umgebenden
Füllstäbe geschnitten hat. Zur Befestigung des mittelalterlichen Schlosses in der
Mitte der Vorderseite hat man eine Platte zerschnitten. Auch dies spricht dafür,
daß das alte Schloß nicht hier, sondern auf einer Kurzseite gesessen hat, der
Kasten also einen Schiebedeckel besaß. Bei der Verkleinerung des Deckels hat man
die Rosettenstreifen, die zwischen die Platten gehören, durch Reststücke der Rif-
felleiste ersetzt. Nach dieser ersten Restauration hat der Kasten weitere Beschä-
digungen erlitten. Es fehlen zwei figürliche Platten vom Deckel (a), die mittlere
der Rückseite (c), die beiden der rechten Kurzseite (e) und einige Ornamentstreifen.
Der größte Teil der noch erhaltenen Platten stellt Krieger aus
Martyriumszenen dar. Die linke Platte der Vorderseite (b) zeigt
einen Steinwerfer, der mit erhobener Rechten einen Stein schleu-
dert und mit der Linken einige im Alanteibausch gesammelte Steine
hält. In der vorwärts schreitenden Bewegung steht er den Stein-
werfertypen in Menologienszenen am nächsten (II Menologio, S. 1 g5
und 280). Ebenso ist die Haltung des anderen Kriegers dieser Seite,
der mit der Rechten zum Schlage ausholt und in der vorgestreck-
ten Linken die Schwertscheide hält, die eines Henkerknechtes aus
einem Martyrium (11 Menologio, S. 196 und 311). Diesem steht
ein anderer Henker sehr nahe (d), der in der erhobenen Hand
statt des Schwertes einen Speer hält und die Beinstellung wechselt
(II Menologio, S. 16). Wieder ein anderer, in eine Tunika ge-
kleidet, schlägt mit dem Beil auf sein Opfer (c) (II Menologio,
S. 336). Auch der Krieger, der mit der gefällten Lanze zustößt (d),
läßt sich auf eine Martyriumszene zurückführen 11 Menologio,
S. 5 und i3g), kann aber auch ebensogut aus einer antiken Jagd-
szene stammen. Der Krieger der Deckelplatte (a), der mit einem
Schild vorwärts stürmt und in der Rechten wohl ein Schwert
hält, das jetzt verdeckt ist durch das Metallband, und ein zweiter
Krieger (c), der mit Schild und Lanze vorwärts stürmt, gehen viel-
leicht auf Kampfszenen der Josuageschichte zurück. Jedenfalls
weist die Schuhandeutung auf Miniaturvorlagen. Vielleicht stellte
die jetzt zerstörte mittlere Platte der Seite b einen sitzenden Josua
dar? In der Behandlung des Körpers sind die nackten Figuren
wesentlich schwächer als die bekleideten. Der Schnitzer hat eben
für die nackten keine entsprechenden Vorbilder gehabt, sondern be-
kleidete Henkersknechte entkleidet und sich dabei arg verzeichnet.
Es liegt daher keine Veranlassung vor, wegen dieser Unterschiede
zwei verschiedene Schnitzerhände anzunehmen, zumal die Köpfe
keine Qualitätsunterschiede zeigen.
Literatur: K. Stephani, Der älteste deutsche Wohnbau Bd. II, 1908, S. 638,
Fig. 422. Paulus, Die Kunst- und Altertumsdenkmale in Württemberg, Neckar-
kreis, 1906, Abb. S. 183.
i O a—e. KASTEN MIT SCHIEBEDECKEL. TAFEL V
Josuakrieger und Heraklesfiguren.
X. Jahrhundert.
Xanten, S. Victor.
Höbe 12 cm, Länge 42 cm, Breite 17 cm. Der Kasten zeigt eine vorzügliche Er-
haltung, und es ist nur wenig an ihm ergänzt: die Streifen mit flachen Kreis-
mustern am rechten Rande des Deckels (a) und der rechten Kurzseite (d) und das
unorganisch einschneidende Schloß. Auf der rechten Kurzseite fehlt ein Stück
Rosettenstreifen. Wahrscheinlich ist die Anbringung eines neuen Schlosses zu
derselben Zeit geschehen wie die Hinzufügung des Deckelgriffes, dessen Form ins
14-Jahrhundert weist. Dem jetzigen Schloß scheint ein anderes in Querformat vor-
aufgegangen zu sein, dessen Befestigungsspuren in den Ornamentstücken zu Seiten
des jetzigen Schlosses noch zu sehen sind (vgl. Nr. 21 d). Auf dem rechten Rosetten-
streifen des Deckels ist ein größeres Loch zur Befestigung eines Schloßhakens.
Der gesamte Typenschatz dieses Kastens besteht mit Ausnahme
von 5 Platten aus Figuren der Josuageschichte. Die erste Platte
des Deckels (a) stellt Josua dar aus der Szene, in der ihm der
König von Ai als Gefangener vorgeführt wird (II Rotulo, Taf. XI).
Er sitzt auf einem einfachen rechteckigen Thronsessel und ist in
einen Schuppenpanzer gekleidet. Die folgende Platte zeigt den
Krieger, der dem Josua Kunde bringt von der Flucht der Amori-
ter-Könige (II Rotulo, Taf. XIII).* Er wiederholt sich noch dreimal
(b, c, e): bei den zwei Figuren auf den Langseiten ist über der
rechten Hand ein Stierkopf hinzugefügt, der mit der Darstellung
nichts zu tun hat. Reide Krieger sind ohne Schild dargestellt. Auf
* Der Josua, der im Rotulus in dieser Szene vordem Kundschafter sitzt, ist zwar dem
Josua der ersten Elfenbeinplatte verwandt, aber die strenge Seitenansicht und eine
Einzelheit wie die an die Schulter gelehnte Lanze, die hinter dem Kopf herführt,
weisen darauf, daß der Josua der Deckelplatte nicht mit dem Krieger der zweiten
Platte aus ein und derselben Szene stammt, sondern aus der erstgenannten.
GOLDSCHMIDT
sein (vgl. Bienkowski, Fig. g3). Der Steinwerfer (d) ist der Szene
der Steinigung Achans entnommen (Josua VII, Vers 2 5). Sein
Vorbild ist die zweitvorderste Figur der linken Steinigergruppe
in derselben Darstellung des Rotulus (II Rotulo, Taf. IX), doch
mit dem Unterschied, daß die Elfenbeinfigur in der linken Hand
statt eines Schwertes einen zweiten Stein hält. Einem christlichen
Stoffkreis gehört auch die Figur an, die einen Löwen auf die
Hinterbeine gezwungen und dessen Maul aufgerissen hat (d). Seit
frühchristlicher Zeit war diese Darstellung geläufig auf den sog.
Simsonstoffen (Diehl i. Fig. t3o), weshalb unsere Figur wohl als
Simson zu deuten ist. Von den übrigen vier Platten mit nackten
Figuren stellt die erste (a) einen Satyr dar in der typischen Bewe-
gung mit steif durchgedrückten Beinen. Über der linken Schulter
trägt er ein Gewand, das aus einem mißverstandenen Fell entstanden
ist, dessen Schwanzende zwischen den Beinen sichtbar wird. In der
Rechten hält er den Thyrsos (vgl. den Griff einer antiken Silber-
schale, Monuments Piot II, i8g5, pl. g). Antik scheint auch die
nackte Figur (c) zu sein, die die Beine übereinander geschlagen
hat, sich auf einen Speer stützt und in der ausgestreckten Linken
ein herzförmiges, nicht näher zu deutendes Attribut hält. Ob der
nackte, zum Schlag ausholende Krieger (b) aus der Antike über-
nommen oder eine vom Schnitzer entkleidete Josuafigur ist, läßt sich
nicht mehr entscheiden, da bessere und aufschlußreichere Fassungen
dieses Typs nicht erhalten sind. Ebensowenig läßt sich das bei dem
nacktenBogenschützen (d) entscheiden, dessen Helm auf einen Josua-
krieger hinweist. Der Josuakrieger-Helm kann jedoch auch auf einen
beliebigen anderen Kriegertyp übertragen worden sein.
Dem Schnitzer ist bei aller Lebendigkeit der Figuren das Gefühl für
ihren organischen Aufbau verlorengegangen. Bezeichnend ist, wie
einige Josuakrieger (a, c) das hintere Bein nach außen geklappt
haben und dadurch statt der natürlichen Schrittbewegung eine
stehende, balancierende Haltung bekommen. Auf eine solche Will-
kür ist wohl auch die jetzt unverständliche Haltung des Bogen-
schützen (d) zurückzuführen. Die ausgestreckten Arme sind oft zu
kurz. Die natürliche Ausladung einer Figur wird zuweilen gehemmt
durch Rücksicht auf eine ornamentale Füllung des Bildfeldes. Die
Linienführung der Falten ist sehr hart, was sich besonders in den
fächerartig steifen Gewändern geltend macht, die gewissermaßen
eine Folie für die nackten Figuren bilden.
Literatur: Westwood, Fictile Ivories 1876, S. 368 und 875. Catalogue d’objets
d’arts etc.... formants la collection de M. le Comte Girolamo Possenti de Fabriano
(Vente Jeudi Ier Avril 1880 ä Florence) Nr. 19. Schneider, Serta Harteliana 1896
Nr. 19. Graeven im Österr. Jahrb. Bd. XX, 1899, Nr. 41 und S. 9 Anm. 1 und in
der L’Arte Bd. II, 1899, S. 3i2 Anm. 4-
9a-e. KASTEN. TAFEL IV
Kriegerfiguren.
X. .1 a h r h u n d e r t.
Eßlingen, Archiv.
Höhe ii,5 cm, Länge 25,5 cm, Breite 15 cm. Der Kasten ist in seinem gegen-
wärtigen Zustande sehr stark verunstaltet, da er seine Gestalt und einen großen
Teil des Elfenbeinbelages eingebüßt hat. Ursprünglich hat er wohl die Form eines
Kastens mit Schiebedeckel besessen wie die Kästen Nr. 10 und 12. Er muß aber
schon früh schadhaft gewesen sein, denn die jetzige stark reduzierte Form hat er
schon im Mittelalter erhalten, als man um die Seiten Metallbänder und Scharniere
nagelte, die durchaus mittelalterliche Formen tragen. Eine Verschmälerung der
ursprünglichen Kastenbreite ergibt sich deutlich aus der Holzplatte der linken
Kurzseite (d), von der links die Breite eines Rosettenstreifens abgeschnitten ist,
Aus dieser Abbildung geht auch die Verkürzung der Langseiten hervor, da den
Zapfen der Kurzseite keine Einschnitte in dem Holz der angrenzenden Langseite
entsprechen. Es muß also ein Stück der Langseite, das die Aussparungen für diese
Zapfen enthielt, abgeschnitten sein. Der Deckel (a) und die zweite Kurzseite (e)
zeigen neue Holzwände, in die man keine Rillen für die die Platten umgebenden
Füllstäbe geschnitten hat. Zur Befestigung des mittelalterlichen Schlosses in der
Mitte der Vorderseite hat man eine Platte zerschnitten. Auch dies spricht dafür,
daß das alte Schloß nicht hier, sondern auf einer Kurzseite gesessen hat, der
Kasten also einen Schiebedeckel besaß. Bei der Verkleinerung des Deckels hat man
die Rosettenstreifen, die zwischen die Platten gehören, durch Reststücke der Rif-
felleiste ersetzt. Nach dieser ersten Restauration hat der Kasten weitere Beschä-
digungen erlitten. Es fehlen zwei figürliche Platten vom Deckel (a), die mittlere
der Rückseite (c), die beiden der rechten Kurzseite (e) und einige Ornamentstreifen.
Der größte Teil der noch erhaltenen Platten stellt Krieger aus
Martyriumszenen dar. Die linke Platte der Vorderseite (b) zeigt
einen Steinwerfer, der mit erhobener Rechten einen Stein schleu-
dert und mit der Linken einige im Alanteibausch gesammelte Steine
hält. In der vorwärts schreitenden Bewegung steht er den Stein-
werfertypen in Menologienszenen am nächsten (II Menologio, S. 1 g5
und 280). Ebenso ist die Haltung des anderen Kriegers dieser Seite,
der mit der Rechten zum Schlage ausholt und in der vorgestreck-
ten Linken die Schwertscheide hält, die eines Henkerknechtes aus
einem Martyrium (11 Menologio, S. 196 und 311). Diesem steht
ein anderer Henker sehr nahe (d), der in der erhobenen Hand
statt des Schwertes einen Speer hält und die Beinstellung wechselt
(II Menologio, S. 16). Wieder ein anderer, in eine Tunika ge-
kleidet, schlägt mit dem Beil auf sein Opfer (c) (II Menologio,
S. 336). Auch der Krieger, der mit der gefällten Lanze zustößt (d),
läßt sich auf eine Martyriumszene zurückführen 11 Menologio,
S. 5 und i3g), kann aber auch ebensogut aus einer antiken Jagd-
szene stammen. Der Krieger der Deckelplatte (a), der mit einem
Schild vorwärts stürmt und in der Rechten wohl ein Schwert
hält, das jetzt verdeckt ist durch das Metallband, und ein zweiter
Krieger (c), der mit Schild und Lanze vorwärts stürmt, gehen viel-
leicht auf Kampfszenen der Josuageschichte zurück. Jedenfalls
weist die Schuhandeutung auf Miniaturvorlagen. Vielleicht stellte
die jetzt zerstörte mittlere Platte der Seite b einen sitzenden Josua
dar? In der Behandlung des Körpers sind die nackten Figuren
wesentlich schwächer als die bekleideten. Der Schnitzer hat eben
für die nackten keine entsprechenden Vorbilder gehabt, sondern be-
kleidete Henkersknechte entkleidet und sich dabei arg verzeichnet.
Es liegt daher keine Veranlassung vor, wegen dieser Unterschiede
zwei verschiedene Schnitzerhände anzunehmen, zumal die Köpfe
keine Qualitätsunterschiede zeigen.
Literatur: K. Stephani, Der älteste deutsche Wohnbau Bd. II, 1908, S. 638,
Fig. 422. Paulus, Die Kunst- und Altertumsdenkmale in Württemberg, Neckar-
kreis, 1906, Abb. S. 183.
i O a—e. KASTEN MIT SCHIEBEDECKEL. TAFEL V
Josuakrieger und Heraklesfiguren.
X. Jahrhundert.
Xanten, S. Victor.
Höbe 12 cm, Länge 42 cm, Breite 17 cm. Der Kasten zeigt eine vorzügliche Er-
haltung, und es ist nur wenig an ihm ergänzt: die Streifen mit flachen Kreis-
mustern am rechten Rande des Deckels (a) und der rechten Kurzseite (d) und das
unorganisch einschneidende Schloß. Auf der rechten Kurzseite fehlt ein Stück
Rosettenstreifen. Wahrscheinlich ist die Anbringung eines neuen Schlosses zu
derselben Zeit geschehen wie die Hinzufügung des Deckelgriffes, dessen Form ins
14-Jahrhundert weist. Dem jetzigen Schloß scheint ein anderes in Querformat vor-
aufgegangen zu sein, dessen Befestigungsspuren in den Ornamentstücken zu Seiten
des jetzigen Schlosses noch zu sehen sind (vgl. Nr. 21 d). Auf dem rechten Rosetten-
streifen des Deckels ist ein größeres Loch zur Befestigung eines Schloßhakens.
Der gesamte Typenschatz dieses Kastens besteht mit Ausnahme
von 5 Platten aus Figuren der Josuageschichte. Die erste Platte
des Deckels (a) stellt Josua dar aus der Szene, in der ihm der
König von Ai als Gefangener vorgeführt wird (II Rotulo, Taf. XI).
Er sitzt auf einem einfachen rechteckigen Thronsessel und ist in
einen Schuppenpanzer gekleidet. Die folgende Platte zeigt den
Krieger, der dem Josua Kunde bringt von der Flucht der Amori-
ter-Könige (II Rotulo, Taf. XIII).* Er wiederholt sich noch dreimal
(b, c, e): bei den zwei Figuren auf den Langseiten ist über der
rechten Hand ein Stierkopf hinzugefügt, der mit der Darstellung
nichts zu tun hat. Reide Krieger sind ohne Schild dargestellt. Auf
* Der Josua, der im Rotulus in dieser Szene vordem Kundschafter sitzt, ist zwar dem
Josua der ersten Elfenbeinplatte verwandt, aber die strenge Seitenansicht und eine
Einzelheit wie die an die Schulter gelehnte Lanze, die hinter dem Kopf herführt,
weisen darauf, daß der Josua der Deckelplatte nicht mit dem Krieger der zweiten
Platte aus ein und derselben Szene stammt, sondern aus der erstgenannten.