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Goldschmidt, Adolph; Weitzmann, Kurt; Goldschmidt, Adolph [Editor]; Weitzmann, Kurt [Editor]
Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X. - XIII. Jahrhunderts (Band 1): Kästen — Berlin: Bruno Cassirer, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.53146#0062
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GOLDSCHMIDT

88. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
Josua-Szenen.
XL bis XII. Jahrhundert.
Bologna, Museo Civico (Univ. 192).
Höhe 6,6 cm, Breite i5cm. Die Platte ist ein Teil eines Frieses, der sich nach
links hin fortsetzte und die Seite eines Kastens bildete. Auf dem Grunde Löcher
zur Befestigung auf einen Holzkern. Die Oberfläche zeigt starke Abreibungen.
Die rechte Hälfte der Platte illustriert Josua V, Vers i3. Josua ge-
wahrt den Engel des Herrn und als er ibn erkennt, fallt er vor ihm
nieder. Der Josuarotulus (11 Rotulo, Taf. IV) stellt Josua in beiden
Momenten dar, während das Elfenbein nur den des zweiten Mo-
mentes zeigt und den vor dem Engel stehenden Josua des ersten
Momentes mit dem Josua, der die Israeliten in den Kampf schickt
zur Eroberung Jerichos I I Rotulo, Taf. V), zu einer Figur ver-
schmilzt. Auf diese Weise werden zwei verschiedene Szenen in-
haltlich wie kompositionel verbunden. Während in den Okta-
teuchen Josua und der Engel gepanzert dargestellt sind, trägt Josua
die Tunika und der Engel ein schweres Ornat. Die Platte läßt trotz
der starken Abreibungen noch den engen Stilzusammenhang mit
der Platte Nr. 8; erkennen. Allerdings ist die Qualität schwächer:
Tunika und Panzer der vorwärts stürmenden Krieger sind grob ge-
schnitten und der mittelste Krieger faßt den Speer mit der falschen
Hand. Die Niedrigkeit des Frieses hat das Knielaufschema der in
den Kampf stürmenden Krieger zur Folge (vgL Nr. 8 j a). Der Tu-
nikasaum läuft in einer manierierten Kugelbausch aus.
Literatur: Westwood, Fictile Ivories 1876, S. 302, Nr. 4- Graeven im Österr.
Jahrb. Bd. XXI, 1900, S. 100 und Elfenbeinwerke aus Sammlungen in Italien
1900, Nr. 3. P.Ducati im Bolletino d’Arte 1928, S. 491 -
89. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
Tötung des Königs von Hazor.
XII. J a h r h u n d e r t.
New York, Metropolitan Museum. (Nr. 17. 190. i4o.)
Höhe 8,8 cm, Breite 7,2 cm. Im Grunde zwei Bohrlöcher. Weitere saßen wohl auf
den an allen vier Seiten beschädigten oder abgeschnittenen Rändern. Diese Platte
gehört mit den vier folgenden (Nr. 90—98) zu ein und demselben Kasten und hat,
da sie» wesentlich höher ist als die unter sich annähernd gleich hohen anderen
vier Platten, wahrscheinlich auf dem Deckel gesessen, während die anderen auf
den Langseiten saßen. Aus der Sammlung Oppenheim, Köln.
Dargestellt ist die Szene der Josua-Geschichte Kap. XI, Vers 10,
in der Jabin, der König von Hazor, vor Josuas Augen geköpft wird.
Diese Szene, die im Rotulus nicht mehr erhalten ist, da dieser mit
dem X. Kapitel abbricht, findet sich ähnlich im cod. Vat. grec. 746
auf fol. 455v (vgl. II Rotulo, Taf. G. 1). Unsere Platte gibt die
Bewegungen der Figuren ziemlich genau nach der tyliniatur wieder,
doch ist mit der Wiedergabe der Gewandung sehr frei verfahren.
Unklar ist vor allem das Gewand des Königs: den Oberkörper hat
der Schnitzer zwar nackt aufgefaßt, doch um den Hals einen Ge-
wandsaum gezeichnet. Gehört mit Nr. 90—93 zu einem Kasten.
Über den Std vgl. Nr. 98.
Li teratur: Katalog der Sammlung Oppenheim, Taf. 48. Molinier, Les ivoire 1896,
Taf. IXbls. Graeven im Österr. Jahrb. XXI, 1900, S. 106, Fig. 14. Katalog der
Düsseldorfer Ausstellung 1902, Nr. 1 211. Nye im American Journal 1919, S. 4°7-
90. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
T r a u e r n d e r A d a m.
XII. J ahrhundert.
Baltimore, Sammlung Walters (3866).
Höhe 6,9 cm, Breite 7,9 cm. Die Platte zeigt ein einziges Stiftloch über dem
Kopf, das zur Befestigung auf einen Holzkern nicht genügt haben kann. Vielleicht
hängen die Abarbeitungen der Rückseite damit zusammen? Aus dem Nachlaß
des Comte Auguste Bastard.

schräg
abfallend



senkrechter
Durchschnitt

wagerechter Durchschnitt

Abb. 26. Scheina der Rückseite und Durchschnitte.


Auf einem Geländestück sitzt der trauernde Adam, durch Inschrift
bezeichnet, und stützt den Kopf auf den rechten Arm (vgl. Nr. 6pd).
Vor ihm ein Baum mit einem stilisierten Blatt als Krone. Gehört
mit 89—93 zu einem Kasten. Über den Stil vgl. Nr. i)3.

9 1. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
Michael.
XII. .Iahrhundert.
London, Britisches Museum (Dalton Nr. 22).
Höhe 6,7 cm, Breite 5 cm. In der unteren 1 echten Ecke ist ein Stück abgebrochen,
der untere und rechte Rand sind beschädigt. In den Buchstaben rote Farbenreste.
1885 von Rohde Hawkins gekauft.
Engel Michael, bez. MIX, aus der Darstellung der Vertreibung aus
dem Paradiese. Eine Gegenplatte enthielt Adam und Eva vgl. Nr. 83).
Gehört mit Nr. 89—98 zu einem Kasten. Über den Stil vgl. Nr. p3.
Literatur: Graeven, Elfenbeinwerke aus Sammlungen in England 1898, Nr. 28,
in der L’Arte II, 1899, S. 3o3, und im Österr. Jahrb. Bd. XXI, 1900, S. 107, Fig. 16.
Dalton, Gatalogue of the Ivory Carvings 1909, S. 20, Nr. 22, und Byzantine Art
and Archaeology 191 1, S. 220, Fig. t 34-

92. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
Adam und Eva bei der Ernte.
X11. Jahr hu n der t.
New York, Metropolitan Museum (Nr. 17. 190. i38).

Höhe 6,8 cm, Breite 9,8 cm. Der Rand teilweise abgebrochen, teilweise beschä-
digt. In der Mitte eine herablaufende Reihe runder Löcher, die wohl eher von
der Benagelung eines Metallstreifens als von einer Befestigung auf den Holzkern
herrührt. Die Buchstaben rot ausgefüllt. Nach Molinier ursprünglich in der Samm-
lung Pulszky, doch in deren Katalog nicht aufgeführt. Sammlung Campe, Ham-
burg, Jul. Böhler München.

Adam schneidet mit der Sichel das reife Korn und Eva trägt
auf der Schulter ein Ährenbündel. Beide durch Inschriften be-
zeichnet. Auf entsprechenden Darstellungen früherer Kästen vgl.
Nr. 6pd) trägt Adam selbst das Ährenbündel fort. Gehört mit
Nr. 89—93 zu einem Kasten. Über den Stil vgl. Nr. 98.
Literatur: Molinier, Les ivoires 1 896, Taf. IXl>is. Graeven in der L’Arte II, 1899,
S. 3 12. Nye im American Journal 1919, S. 404.

93. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LV
Adam und Eva schmiedend.
XII. J a h r h u 11 d e r t.

New York, Metropolitan Museum (Nr. 17. 190. 189).

Höhe 6,7 cm, Breite IO cm. Neben dem linken Rande ein Stück des Grundes
ausgebrochen. Einige Löcher deuten auf übliche Befestigung auf den Holzkern,
während die in der Mitte herablaufende Reihe runder Löcher eher von der Bena-
gelung eines Metallstreifens herrühren. Buchstaben rot ausgefüllt. Nach Molinier
ursprünglich in der Sammlung Pulszki, doch in deren Katalog nicht aufgeführt.
Sammlung Campe, Hamburg, Jul. Böhler, München.
 
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