Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gramberg, Werner; Schadow, Gottfried [Ill.]
Johann Gottfried Schadow, die Gruppe der Prinzessinnen: Einführung — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 71: Stuttgart: Reclam, 1961

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.63637#0009
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DAS WERK UND SEINE ENTSTEHUNG

Dem Plane, eine Doppelstatue der Prinzessinnen zu
schaffen, geht ein anderer — wahrscheinlich zunächst
unabhängig von ihm — unmittelbar voraus. Bald nach
der Hochzeit des Kronprinzen mit Luise von Mecklen-
burg, am 24. Dezember 1793, und nach der zwei Tage
später erfolgten Trauung seines jüngeren Bruders Louis
mit der Prinzessin Friederike, der um zwei Jahre jünge-
ren Schwester der Kronprinzessin von Preußen, wünscht
man in Berlin Porträtbüsten der beiden neuen Mitglie-
der des preußischen Königshauses zu haben. „Im Jahre
1794“, so berichtet Schadow, „hatte sich in Berlin ein
Zauber verbreitet, welcher über alle Stände ausging,
durch das Erscheinen der hohen Schwestern, Gemahlin-
nen der Söhne des Königs“ (Text S. 26), und auch der
Minister Heinitz versichert noch drei Jahre später der
Kronprinzessin, „die Akademie, die Porzellanmanufak-
tur, kurz alle Welt begehre und schreie danach“, daß sie
sich malen lasse (Luise an den Kronprinzen am 27. 4.
1797). Ein solches allgemeines und zu allen Zeiten zu
beobachtendes Bedürfnis nach Fürstenverehrung — ver-
gleichbar etwa dem Wunsche der Heutigen, Bildnisse
von den Eintagsprinzessinnen unserer Superleinwände
zu besitzen — ist gerade damals in Berlin recht verständ-
lich. Die Gründe sind einmal in dem nicht zu bestrei-
tenden „Zauber“ zu suchen, der von der Jugendschön-
heit der beiden Prinzessinnen ausgeht, zum anderen in
der wohl unbewußten Freude eines ganzen Volkes, nun
wieder verehrungswürdige Frauen an der Seite ihrer
Fürsten zu wissen, nachdem Friedrich der Große seine
Gemahlin — wie das schöne Geschlecht überhaupt — ge-
flissentlich von seinem Hofe ferngehalten hatte, und
nachdem in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II.
Madame Ritz, die spätere Gräfin Lichtenau, gewiß nicht
das ersehnte Idol einer allgemeinen Volksverehrung wer-
den konnte.
Es ist der Minister von Heinitz, der dieses gerade jetzt
mit verstärkter Kraft hervorbrechende Urbedürfnis der

7
 
Annotationen