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Gramberg, Werner; Schadow, Gottfried [Ill.]
Johann Gottfried Schadow, die Gruppe der Prinzessinnen: Einführung — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 71: Stuttgart: Reclam, 1961

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63637#0015
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Statue in Gips, die die beiden königlichen Schwestern
stehend in vertrauter Umarmung zeigt. Schon in der er-
sten Fassung ist die Komposition des späteren Marmor-
bildwerkes im großen und ganzen gefunden, nur hält
Luise in ihrer herabhängenden Rechten ein Körbchen
mit Blumen. Dieses genrehafte Beiwerk, das den jugend-
lichen Charme ihrer Trägerin gewiß aufs Sinnigste un-
terstreicht, ist von dem Gedanken veranlaßt, daß die
Gruppe nach dem Wunsche des Ministers Modell sein
sollte für „eine Copie in kleinerem Maßstabe, um meh-
rere Exemplare in Porcellan-Biscuit zu liefern“. (Text
S. 28).
Das Aussehen der Gruppe mit dem Blumenkorb zeigt
eine lavierte Federzeichnung der Berliner National-Ga-
lerie (Abb. 4). Das Blatt ist oft als Entwurfszeichnung
von Schadows eigener Hand angesprochen. Sie ist je-
doch nur die Werkzeichnung eines Gesellen, dazu be-
stimmt, die fertige große Arbeit in Gips in diesem ihrem
ersten Zustand zu zeigen und festzuhalten. Für unsere
Vermutung spricht die allenthalben zögernde und et-
was temperamentlose Führung der Feder, die auch die
Form des Sockels sorgsam und unselbständig mit dem
Lineal auf das Papier überträgt; für sie spricht ferner
die Maßstabskala, die sich am rechten Bildrande befin-
det. Rechnet man die Einheiten für die Sockelhöhe an
dieser Skala nicht mit, so ergeben die übrigen 52/s Ab-
schnitte (den Einzelteil = 1 Fuß = 30 cm gerechnet)
genau die Höhe, die die Gruppe in Gips hat. Die Zeich-
nung kann also nicht ein Entwurf, etwa für die geplante
kleine Porzellangruppe, sein.
Als die fertige Gipsgruppe mit dem Blumenkorb im
September auf der Ausstellung des Jahres 1795 in den
Sälen der Königlichen Akademie erscheint, erheben sich
gegen dieses Attribut „verschiedene Recensionen“. In
der Tat scheint es dem Stil einer Porzellanfigur kleinen
Formats gemäßer zu sein als dem eines lebensgroßen
Bildwerkes in Marmor; und die Bedenken der Zeit-
genossen werden noch verständlicher, wenn das Unwäg-
bare des Zeitgeistes mit in Rechnung gestellt wird. Nach
dem Gesetz des Pendelschlages reagiert auch in den bil-

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