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II. KAPITEL.

Wren UND Vanbrough.

obald König Karl II. in England eingezogen war, be-
freite lieh das durch die Krieger und mehr noch durch
die mürrifche Lebensauffaffung Cromwell’s und Monk’s geknechtete
Land aus den Banden des Puritanerthums. Lauter Jubel herrfchte.
Mit dem Throne wurde auch der Frohlinn auf’s Neue aufgerichtet.
Und wie nach der franzöfifchen Schreckensherrfchaft fich die lange
unterdrückte Weltluft in heftigen Zuckungen gegen die einfehnürenden
Feffeln befreite, fo erfaßte auch jetzt England eine wahre Gier nach
den Freuden des Lebens, nach den lange verbotenen Vergnügungen,
eine rückfichtslofe Sinnlichkeit, welche in ihrer die gefellfchaftlichen
Kreife umbildenden Gewalt nur von dem Haffe gegen die frömmelnden
Puritaner überboten wurde. In folchen Zeitläuften wird das Ziel der
Freiheit fchnell überfchritten. Die ungebändigte Sinnlichkeit rächte
fich durch Frechheit an ihren Bedrängern, die Zote trat an Stelle des
Witzes, die Dichtung fchlug von der Heiterkeit Shakespeare’s zu einer
lüfternen Zweideutigkeit um, der Spott lchleuderte feine Pfeile über
die Heuchelei hinweg auf die Unfchuld und die ehrliche Aufrichtigkeit,

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die er als Plumpheiten zu befchämen beftrebt war. Ja, felbft die Kirche
bekämpfte lieber und eifriger dfe Puritaner, als die berghoch fich
thürmenden Sünden im eigenen Lager. Gerade in den Jahren, in wel-
chen die englifche Hochkirche die größte Macht befaß, waren die
Sitten der Nation am tiefften gefunken.

Aber auch diefe Uebertreibung der berechtigten Lebensluft trug
den Keim einer Gegenftrömung in fich. Auf die Dauer konnte ein
innerlich gefundes Volk fo krankhafte Erfcheinungen nicht ertragen.
 
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