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ich mehrere von den grössten solitären Radiolarien aus der nackten Gattung
Thalassicolla und der mit Spicula versehenen Physematium, die ich vorher noch nie
gesehen hatte. Die merkwürdige Organisation dieser einfachen Thierchen reizte in
hohem Grade zu näherer Untersuchung, um so mehr, als schon die ersten pelagischen
Fischzüge mehrere interessante neue Species lieferten, welche ich in der Radiolarien-
Abhandlung Johannes Müllers nicht beschrieben fand. Ganz ausschliesslich wurde
aber meine Neigung bald an diesen Gegenstand gefesselt, als ich die von J. Müller in
Helgoland erlernte Methode der pelagischen Fischerei wieder zu üben begann und schon
in den ersten Proben des pelagischen Mulders eine Fülle von bis dahin unbekannten,
durch höchst zierliche Kieselpanzer ausgezeichneten Radiolarien entdeckte. So glücklich
war das Ergebniss dieser pelagischen Fischzüge, dass die Anzahl der bis dahin lebend
beobachteten Radiolarien bald um mehr als das Doppelte gewachsen war. Zunächst
war es das zoologisch-systematische Interesse, das durch die wunderbare Mannich-
faltigkeit der neuen, zum grössten Th eil ausserordentlich schönen Gestalten lebhaft
angeregt wurde, um so mehr, als darunter auch viele neue Typen sich vorfanden. Doch
übten neben diesen morphologischen eine nicht minder starke Anziehungskraft auch
die physiologischen Eigenthümlichkeiten, welche der Körperbau und die Lebens-
erscheinungen dieser äusserst einfachen, auf der Grenze des animalen und vegetabilen
Lebens stehenden Organismen darboten.
Als ein grosses Glück für den weiteren Fortschritt meiner Radiolarien-Studien
muss ich es betrachten, dass ich Johannes Müllers Abhandlung „über die
Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeeres1)’' in Messina zur
Hand hatte, das erste und bis jetzt einzige Werk, in welchem die Naturgeschichte
dieser Thiergruppe im Zusammenhänge dargestellt, und in welchem ihre Organisations-
und Verwandtschafts-Verhältnisse naturgemäss erläutert worden waren. Dieser vorzüg-
lichen Abhandlung verdanke ich es zum grossen Theil, dass ich das reiche Material,
welches mir der Hafen von Messina lieferte, von Anfang an in entsprechender Weise
verwerthen konnte. Ich betrachte sie als das sichere Fundament, auf dem es mir
möglich war, den umfangreichen Bau meiner Monographie auszuführen. Der erste
Abschnitt der letzteren, die geschichtliche Einleitung, zeigt, wie weit ich das Feld
bei Beginn meiner Untersuchungen bereits vorbereitet fand, und zwar vorwiegend
durch Müllers Verdienst, da die vereinzelten Angaben der wenigen früheren Radio-
larien-Beobachter gegen jene umfassende Arbeit ganz zurücktreten. Müller war der
erste, der die nahe Verwandtschaft der bis dahin weit von einander getrennten
Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren erkannte, ihre Rhizopoden-Natur
feststellte und namentlich auch ihre vielfachen Homologien mit den nächst verwandten
Polythalamien besonders hervorhob. Die Betrachtungen über die Grenzen und Ver-
J) Aus den Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1858, p. 1 — 62, Taf. I — XI. Diese Arbeit
ist in der vorliegenden Monographie überall als „J. Müller, Abhandl.” citirt.
ich mehrere von den grössten solitären Radiolarien aus der nackten Gattung
Thalassicolla und der mit Spicula versehenen Physematium, die ich vorher noch nie
gesehen hatte. Die merkwürdige Organisation dieser einfachen Thierchen reizte in
hohem Grade zu näherer Untersuchung, um so mehr, als schon die ersten pelagischen
Fischzüge mehrere interessante neue Species lieferten, welche ich in der Radiolarien-
Abhandlung Johannes Müllers nicht beschrieben fand. Ganz ausschliesslich wurde
aber meine Neigung bald an diesen Gegenstand gefesselt, als ich die von J. Müller in
Helgoland erlernte Methode der pelagischen Fischerei wieder zu üben begann und schon
in den ersten Proben des pelagischen Mulders eine Fülle von bis dahin unbekannten,
durch höchst zierliche Kieselpanzer ausgezeichneten Radiolarien entdeckte. So glücklich
war das Ergebniss dieser pelagischen Fischzüge, dass die Anzahl der bis dahin lebend
beobachteten Radiolarien bald um mehr als das Doppelte gewachsen war. Zunächst
war es das zoologisch-systematische Interesse, das durch die wunderbare Mannich-
faltigkeit der neuen, zum grössten Th eil ausserordentlich schönen Gestalten lebhaft
angeregt wurde, um so mehr, als darunter auch viele neue Typen sich vorfanden. Doch
übten neben diesen morphologischen eine nicht minder starke Anziehungskraft auch
die physiologischen Eigenthümlichkeiten, welche der Körperbau und die Lebens-
erscheinungen dieser äusserst einfachen, auf der Grenze des animalen und vegetabilen
Lebens stehenden Organismen darboten.
Als ein grosses Glück für den weiteren Fortschritt meiner Radiolarien-Studien
muss ich es betrachten, dass ich Johannes Müllers Abhandlung „über die
Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeeres1)’' in Messina zur
Hand hatte, das erste und bis jetzt einzige Werk, in welchem die Naturgeschichte
dieser Thiergruppe im Zusammenhänge dargestellt, und in welchem ihre Organisations-
und Verwandtschafts-Verhältnisse naturgemäss erläutert worden waren. Dieser vorzüg-
lichen Abhandlung verdanke ich es zum grossen Theil, dass ich das reiche Material,
welches mir der Hafen von Messina lieferte, von Anfang an in entsprechender Weise
verwerthen konnte. Ich betrachte sie als das sichere Fundament, auf dem es mir
möglich war, den umfangreichen Bau meiner Monographie auszuführen. Der erste
Abschnitt der letzteren, die geschichtliche Einleitung, zeigt, wie weit ich das Feld
bei Beginn meiner Untersuchungen bereits vorbereitet fand, und zwar vorwiegend
durch Müllers Verdienst, da die vereinzelten Angaben der wenigen früheren Radio-
larien-Beobachter gegen jene umfassende Arbeit ganz zurücktreten. Müller war der
erste, der die nahe Verwandtschaft der bis dahin weit von einander getrennten
Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren erkannte, ihre Rhizopoden-Natur
feststellte und namentlich auch ihre vielfachen Homologien mit den nächst verwandten
Polythalamien besonders hervorhob. Die Betrachtungen über die Grenzen und Ver-
J) Aus den Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1858, p. 1 — 62, Taf. I — XI. Diese Arbeit
ist in der vorliegenden Monographie überall als „J. Müller, Abhandl.” citirt.