V. Versuch eines natürlichen Systems
der Radiolarien.
Der Versuch, schon jetzt aus der uns bekannten Reihe von Radiolarien ein natürliches System
construiren zu wollen, könnte insofern verfrüht erscheinen, als wir gewiss nur erst einen sehr kleinen
Theil dieser formenreichen Klasse kennen. Wenn inan bedenkt, dass kaum mehr als 5 Jahre ver-
flossen sind, seit zum ersten Male eine grössere Anzahl von Radiolarien lebend beobachtet wurde,
und dass alle bis jetzt lebend beobachteten Radiolarien fast ausschliesslich von einigen wenigen
Punkten des Mittelmeeres stammen, dass aber trotzdem unter dieser verhältnissmässig geringen Zahl
bereits ein überraschender Reichthum an höchst verschiedenartigen Formen enthalten ist, so wird
man gewiss zu der Vermuthung gedrängt, dass die bis jetzt bekannte Radiolarienfauna erst nur einen
kleinen Bruchtheil von der grossen Zahl dieser Thiere darstellt, die allenthalben, besonders in den
heissen Gegenden, die Oberfläche der Meere bevölkern werden, und dass in dieser unbekannten
Mehrzahl vielleicht noch eine ganze Anzahl neuer eigenthümlicher Typen versteckt sein werden. Wenn
ich trotzdem schon jetzt den Versuch mache, die natürlichen Familien der Radiolarien festzustellen,
ihren Umfang und ihre Grenzen zu bestimmen, und sie in grössere Gruppen zu sammeln, so glaube
ich dazu berechtigt zu sein einerseits durch die Nothwendigkeit, die ansehnlich gewachsene Masse
der Gattungen und Arten in natürliche Gruppen übersichtlich zu ordnen, andererseits durch den Um-
stand, dass in der Thal schon das jetzt vorliegende Material diesen Versuch erlaubt, indem nicht
nur zahlreiche Verwandtschaften, Homologieen und Uebergangsfonnen, trotz des ungemeinen Fonnen-
reichthums, die bis jetzt bekannten Radiolarien innig zu einer zusammenhängenden Reihe verbinden,
sondern auch mit ziemlicher Leichtigkeit und Sicherheit bereits eine Anzahl wohl charakterisier
natürlicher Familien innerhalb dieser Reihe sich erkennen und feststellen lassen.
Es sind bis jetzt zwei Versuche eines Radiolarien-Systemes gemacht worden, von den beiden
Naturforschern, welche sich bisher allein in umfassenderer Weise mit diesen Thieren beschäftigt haben,
von Ehrenberg und Müller. Doch haben diese Vorarbeiten nur in wenigen Punkten benutzt
werden können, da sie wesentliche Organisationsverhältnisse der Thiere unerkannt und unberücksich-
tigt Hessen und da überdies die Menge der in Messina neu aufgefundenen Formen, unter denen auch
eine Anzahl neuer Familien-Typen sich befinden, eine Begrenzung und Gruppirung der natürlichen
Familien nach ganz neuen Gesichtspunkten nöthig machte. Ehe wir diese versuchen, wollen wir
einen Blick auf jene beiden älteren Versuche werfen und auf das Unzureichende derselben hinvveisen.
Ehrenbergs System umfasst lediglich die mit gegitterten oder schwammigen Kieselschalen versehenen
Radiolarien, die von ihm sogenannten Polycystinen, und da ihm allein die Skelete dieser 1 liiere zu
Gebote standen, der Weichkörper aber ebenso wie die skeletlosen Radiolarien unbekannt waren, so
der Radiolarien.
Der Versuch, schon jetzt aus der uns bekannten Reihe von Radiolarien ein natürliches System
construiren zu wollen, könnte insofern verfrüht erscheinen, als wir gewiss nur erst einen sehr kleinen
Theil dieser formenreichen Klasse kennen. Wenn inan bedenkt, dass kaum mehr als 5 Jahre ver-
flossen sind, seit zum ersten Male eine grössere Anzahl von Radiolarien lebend beobachtet wurde,
und dass alle bis jetzt lebend beobachteten Radiolarien fast ausschliesslich von einigen wenigen
Punkten des Mittelmeeres stammen, dass aber trotzdem unter dieser verhältnissmässig geringen Zahl
bereits ein überraschender Reichthum an höchst verschiedenartigen Formen enthalten ist, so wird
man gewiss zu der Vermuthung gedrängt, dass die bis jetzt bekannte Radiolarienfauna erst nur einen
kleinen Bruchtheil von der grossen Zahl dieser Thiere darstellt, die allenthalben, besonders in den
heissen Gegenden, die Oberfläche der Meere bevölkern werden, und dass in dieser unbekannten
Mehrzahl vielleicht noch eine ganze Anzahl neuer eigenthümlicher Typen versteckt sein werden. Wenn
ich trotzdem schon jetzt den Versuch mache, die natürlichen Familien der Radiolarien festzustellen,
ihren Umfang und ihre Grenzen zu bestimmen, und sie in grössere Gruppen zu sammeln, so glaube
ich dazu berechtigt zu sein einerseits durch die Nothwendigkeit, die ansehnlich gewachsene Masse
der Gattungen und Arten in natürliche Gruppen übersichtlich zu ordnen, andererseits durch den Um-
stand, dass in der Thal schon das jetzt vorliegende Material diesen Versuch erlaubt, indem nicht
nur zahlreiche Verwandtschaften, Homologieen und Uebergangsfonnen, trotz des ungemeinen Fonnen-
reichthums, die bis jetzt bekannten Radiolarien innig zu einer zusammenhängenden Reihe verbinden,
sondern auch mit ziemlicher Leichtigkeit und Sicherheit bereits eine Anzahl wohl charakterisier
natürlicher Familien innerhalb dieser Reihe sich erkennen und feststellen lassen.
Es sind bis jetzt zwei Versuche eines Radiolarien-Systemes gemacht worden, von den beiden
Naturforschern, welche sich bisher allein in umfassenderer Weise mit diesen Thieren beschäftigt haben,
von Ehrenberg und Müller. Doch haben diese Vorarbeiten nur in wenigen Punkten benutzt
werden können, da sie wesentliche Organisationsverhältnisse der Thiere unerkannt und unberücksich-
tigt Hessen und da überdies die Menge der in Messina neu aufgefundenen Formen, unter denen auch
eine Anzahl neuer Familien-Typen sich befinden, eine Begrenzung und Gruppirung der natürlichen
Familien nach ganz neuen Gesichtspunkten nöthig machte. Ehe wir diese versuchen, wollen wir
einen Blick auf jene beiden älteren Versuche werfen und auf das Unzureichende derselben hinvveisen.
Ehrenbergs System umfasst lediglich die mit gegitterten oder schwammigen Kieselschalen versehenen
Radiolarien, die von ihm sogenannten Polycystinen, und da ihm allein die Skelete dieser 1 liiere zu
Gebote standen, der Weichkörper aber ebenso wie die skeletlosen Radiolarien unbekannt waren, so