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II. Anatomisch - physiologische Schilderung
des Organismus der Radiolarien.

IIA. Der Körperbau der Kadiolarien.

Wenn man bei glatter See und stillem Wetter über die spiegelklare Fläche des Sichelhafens
von Messina fährt, so bemerkt man unter der zahllosen Menge von wirbellosen pelagischen Thieren
aus den verschiedensten Ordnungen, welche an der Oberfläche ihr Spiel treiben, und das blaue Was-
ser, so tief das Auge eindringen kann, oft in dichtem Gedränge, erfüllen und durchkreuzen, zu gewissen
Zeiten zahlreiche, durchsichtige, farblose,' weiche Gallertmassen, welche anscheinend bewegungslos im
Wasser umhertreiben. Ihre Form ist theils kugelrund, theils elliptisch, theils walzlich-cylindrisch,
oder rosen kranzförmig eingeschnürt; ihr Durchmesser wechselt zwischen einer Linie und einem Zoll,
selten mehr, häufig weniger. Versucht man die Gallertmassen mit einer Pincelte zu fassen, so wrerden
sie durchgeschnitten; versucht man sie mit dem feinen Netz zu lischen, so bleiben sie theilweis an
dessen Oberfläche haften und werden nur unter Verlust ihrer natürlichen Form und eines Theils ihrer
Substanz wieder davon abgelöst. Um sie ganz und unversehrt zu beobachten, muss man sie in einem
Glase zugleich mit dem Wasser, in dem sie flottiren, schöpfen. Man bemerkt dann bei durchfallendem
Licht, dass die Oberfläche der Gallertmasse durch keine deutliche Contour scharf von dem umgehenden
Wasser sich unterscheiden lässt, und dass eine oberflächliche Schicht der Gallert von zahlreichen
kleinen, helleren oder dunkleren Punkten durchsetzt wird. Bringt man nun das ganze Gebilde vor-
sichtig in einem Uhrgläschen mit vielem Wasser, ohne ein Deckplättchen darüber zu breiten, unter
starke Vergrösserung, so erscheint jeder Punkt als eine kugelige oder elliptische oder linsenförmig
comprimirte, deutlich umschriebene Kapsel, welche kleine, farblose, zellenähnliche Elemente, häufig
auch Pigmentkörnchen und Krystalle, und in der Mitte fast immer eine oder ein Paar fettglänzende,
helle Kugeln umschliesst. Jede Kapsel ist von einer feinkörnigen Schleimmasse umhüllt, in welcher
meist zahlreiche kugelige gelhe Zellen liegen, und von welcher nach allen Seiten sehr zahlreiche^
theils einfache, theils Areräslelte und durch viele Brücken anastomosirende, bald dickere, bald dünnere,
immer aber sehr durchsichtige, zarte und helle Fäden ausstrahlen. Auf der Oberfläche dieser Fäden,
welche zuweilen sehr schwache pendelartige Bewegungen zeigen, laufen eine wechselnde Anzahl
feiner Körnchen in unregelmässiger Bewegung und wechselnder Richtung und Schnelligkeit hin und
her. Die Fäden selbst ändern dabei fast beständig, aber sehr langsam, ihre Gestalt und Zahl. Sie
schicken neue feine Aeste aus, welche sich wieder verzweigen und unter einander durch neue Ana-
stomosen verschmelzen, während andere Fäden mit ihren Aesten eingezogen werden und in dem
gemeinsamen Mutterboden, der allen Fäden den Ursprung giebt, der Schleimschicht, welche die

Haeckel, Kadiolarien. 4
 
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