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theilung des Thier - und Pflanzenreichs hat sich bisher in diesem Grade der allgemeinen Aufmerk-
samkeit entzogen.

Die ältesten Beobachtungen von Seethieren, welche sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auf
Radiolarien deuten lassen, finden sich in mehreren Aufsätzen über Leuchtthierchen, als Grund des
Seeleuchtens, zerstreut, die sich sämmtlich in Ehrenbergs umfassender Abhandlung über das Leuchten
des Meeres citirt finden1). Tilesius, welcher Krusenstern auf der in den Jahren 1803 1806

ausgeführten Erdumsegelung als Naturforscher begleitete, bildet unter den zahlreichen Thieren, die er
lebend leuchten sah, auch mehrere „sogenannte Infusionsthierchen“ ab, welche meist in den tropischen
Meeren bei grosser Hitze und anhaltender Windstille beobachtet wurden. Sie sind, nach seiner An-
gabe, „schleimig wie die Mollusken, einige jedoch etwas härter, fast knorpelig, ihr Schimmer matt“.
Eine dieser Figuren2), welche er Leucophra echinoides nennt, lässt sich ganz gut als eine Acantko-
metra deuten, mit der sie bereits Müller verglichen hat. Auch andere, grössere Radiolarien sind
vielleicht unter diesen leuchtenden Infusionsthierchen versteckt; so glaubt Ehrenberg in der Mam-
maria adspersa von Tilesius das Physematium Atlanticum Meyens wieder zu .erkennen. Er hält
beide für Noctilucen oder verwandte kleine Acalephen (1. c. p. 522). Doch ist die Abbildung von
Tilesius zu unbestimmt, als dass man mit einiger Sicherheit die Natur des Thieres erkennen könnte.
Eine der von ihm gesehenen Formen war roth punktirt, möglicherweise ein Sphaerozoum (bifurcum?).
Ebenso hält Ehrenberg auch die von Baird 1830 abgebildeten3) leuchtenden Gallertkügelchen,
welche dieser zu Medusa (Noctiluca) scintillans rechnet, für identisch mit den Mammarien des Tilesius
und mit Meyens Physematium Atlanticum (1. c. p. 505). Baird sah diese kleinen sphärischen Kör-
perchen auf seiner Reise nach Indien und China in grossen Massen an der Oberfläche der See
schwimmend und fand die Menge derselben stets dem Grade des Meerleuchtens entsprechend. Er
beschreibt sie als vollkommen kugelig, auf der ganzen Oberfläche mit unzähligen kleinen runden
Flecken bedeckt, im Centrum mit einem grösseren, kreisrunden dunkeln Flecke, von da an nach
aussen allmälig heller werdend und in der ganzen peripherischen Gallerlzone vollkommen hell und
durchsichtig, mit Ausnahme der kleinen dunkeln Flecken. Häufig schien die Oberfläche von einer
sehr dünnen und durchsichtigen Gallerlhaut überzogen zu sein. Baird hält diese Thierchen für iden-
tisch mit der von Macartney4) als Hauplursache des Seeleuchtens aufgefundenen und abgebildeten
Medusa scintillans, dies ist jedoch irrig. Die Beschreibung und unvollkommene Abbildung Macarlneys
ist auf die wirkliche Noctiluca scintillans zu beziehen, während Baird unzweifelhaft eine Thalassi-
collide vor sich gehabt hat. Ob der Abbildung der letzteren aber grade Physematium Atlanticum
zu Grunde liegt, wie Müller5 6) ebenfalls annimmt, oder ob dieselbe nicht vielmehr eine verwandte
echte Thalassicolla darstellt, wird schwer zu entscheiden sein. Die dunkeln Punkte könnten eben so
gut für gelbe Zellen (vergl. namentlich Fig. 81 c), als für die „Nester“ (centripetalen Zellgruppen) von
Physematium gelten. Auch bildet sich bei den Thalassicollen nach dem Tode ein dünner membranöser
Gallertüberzug, welcher sich ebenso wie die wirkliche Hüllmembran am lebenden Physematium in
Stücken abziehen lässt. Endlich passt das dunkle nach aussen heller werdende Centrum von Bairds
Körpern besser auf Thalassicolla nucleata, als auf Physematium.

Die ersten genaueren Angaben über lebende Radiolarien rühren von Meyen'1) her, welcher
auf seiner in den Jahren 1832 —1834 ausgeführten Reise um die Erde 2 Arten Physematium und

’) Ehrenberg, Das Leuchten des Meeres. Abhandl. der Berlin. Akad. 1834, p. 411.

2) Atlas zu Krusensterns Reise um die Welt, ausgefdhrt in den Jahren 1803—1806, Taf. XXI, Fig- 16ab. Annalen
der Wetterauischen Gesellschaft, III. Band, 1814; Tilesius, Ueber das nächtliche Leuchten des Meerwassers, p. 367, Taf. XXa,
Fig. 16 ab. Gilbert, Annalen der Physik 61. Band, 1819; leuchtende Meer-Infusionsthierchen p. 147, Taf. II, Fig. 23a.

3) W. Bajrd, On tlie Luminousness of the Sea. London’s Magazine of natural history, Vol. III, 1830, p. 312, Fig. 81.

4) Macartney, Observations upon Luminous animals. Philosoph. Transact. 1810, p. 272, Taf. XV, Fig. 9, 10.

5) J. Miiller, Ueber Spluterozomn und Thulassicoüu. Monatsberichte der Berliner Akademie 1855, p. 231.

6) Meyen, Reise um die Erde. Nov. act. nat. cur. Vol. XVI, Suppt. 1834, p. 283 (159).
 
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