Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
95

ihm ganz besonders äussern sich alle die chemischen und die morphologischen Veränderungen, welche
die verschiedenen Phasen des Zellenlebens bezeichnen. Das Protoplasma ist zugleich, sofern es an
und aus seiner Oberfläche mancherlei membranöse und andere Stolfe bereiten kann, ganz ausschliess-
lich, wie es scheint, die Gewebe bildende Substanz. Das Protoplasma ist auch contractil.
Nur durch solche Annahme lassen sich die Bewegungen desselben in Inneren der Zellen, z. B. der
bekannten Tradescantia-Zellen, ja ich glaube selbst der Charen, erklären. Die Natur der Bewegung,
die Körnchenströme, das Anastomosiren der Fäden bei Anwesenheit eines Protoplasmafadennetzes in
der Zelle, Alles spricht dafür, dass der Grund der Bewegung in dem Protoplasma selbst, nicht
aussen liege. Nur durch Annahme einer Contractilitüt des Protoplasma sind die Geslallverände-
rungen einzelner Zellen, die amoebenartigen Bewegungen der Gregarinen, der Lymphkörperchen im
Blute, einzelner Bindegewebszellen, der Herzzellen von Embryonen u. a. zu verstehen. Bei dieser
Contractilitüt des Protoplasma sind Gestaltveränderungen der ganzen Zellen durch Anwesenheit einer
starren Zellenmembran natürlich gehindert oder ganz unmöglich gemacht. Je weniger vollkommen
aber die Oberfläche des Protoplasma zu einer Membran erhärtet ist, je näher die Zelle dem ursprüng-
lichen, membranlosen Zustande sich befindet, auf welchem sie nur ein nacktes Protoplasmaklümpchen
mit Kern darstellt, um so freier und ungehinderter können sich die Bewegungen äussern. Ist eine
solche Zelle nun gar ein Organismus für sich, so tritt uns die proteische Gestaltveränderung, der in
der Contractilität des Protoplasmaklümpchens bedingte Wechsel der äusseren Form am auffallendsten
entgegen. So kommen wir zu den Arno eben, deren Einzelligkeit mindestens sehr wahrscheinlich
ist, da sich Uebergänge zu den Gregarinen verfolgen lassen. — Als solches nacktes, freies, con-
Iractiles Protoplasma deute ich nun auch die contractile Substanz aller grösseren Rhizo-
poden. Ob sie aus einer Zelle oder aus mehreren Zellen entstanden ist, bleibt zunächst gleich-
gültig. Sie ist Protoplasma und damit ist ihr Wesen und ihr Ursprung bezeichnet. Es ist gar
nicht unwahrscheinlich, dass sie in einzelnen Fällen durch Zusammenflüssen mehrerer nackter Proto-
plasmaklümpchen mit Kern, d. h. also aus mehreren Zellen, entstanden sei. Aber dieses Zusammen-
fliessen ist jedenfalls ein so vollständiges, dass nur noch die Zahl der in diesem Falle wahrscheinlich
persistirendenKerne die der früher dagewmsenen besonderen Zellen andeuten könnte; im Protoplasma
selbst ist eine Scheidung in Zellen nicht anzunehmen. Denn wie das Zusammenflüssen der Fortsätze
ausserhalb der Schale ein vollständiges ist, wie die Beobachtung jeder Gromie lehrt, und seit meinen
ersten ausführlichen Angaben mehrfach bestätigt worden ist, wie dies Zusammenfliessen ganz dem
der Protoplasmafäden in den Pflanzenzellen gleicht; so würden natürlich, wenn mehrere ursprünglich
getrennte Protoplasmaklümpchen zur Bildung der contractilen Masse eines Rhizopodenkörpers beitragen
sollen, diese zu einer homogenen Masse vollständig verschmelzen müssen. Denn fliesst überhaupt
einmal Protoplasma zusammen, wird die Selbstständigkeit, die ein Klümpchen oder ein Faden dieser
Substanz während des Lebens besitzt und mit einer gewissen Hartnäckigkeit nach aussen zu bewahren
sucht, überwunden, so kann nachträglich von einer Selbstständigkeit der einzelnen zusammengeflossenen
Protoplasmamassen nicht mehr die Rede sein.“ Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der ganze
Rhizopodenkörper aus einem in Zellen nicht zerlegbaren Protoplasma bestehen müsse und dass der-
selbe nicht daneben noch selbstständig gebliebene Zellen enthalten und überhaupt mehr oder weniger
differenzirt sein könne. Schon bei den Amoeben ist eine Verschiedenheit zwischen Rinden- und
Marksubstanz angedeutet, welche jedoch ebenso allmählich in einander übergehen, wie der innere,
ruhende, meist gefärbte und festere Theil des Polythalamienkörpers in den äusseren, beweglichen,
farblosen und beständig veränderlichen Sarkodetheil ohne feste Grenze übergeht. Viel weiter geht
aber diese Differenzirung bei den Radiolarien, wto nur die Rinde des Körpers aus Protoplasma,
der innere Theil aus zelligen Elementen besteht, während bei den Infusorien umgekehrt aussen eine
geschichtete Lage mehr oder weniger differenzirter Zellen vorhanden sein kann, während innen der
Körper nur aus dem in Zellen nicht zerlegbaren, aus verschmolzenen Zellen entstandenen Protoplasma
(Fachmanns „Chymus“) erfüllt ist. Es können so bei manchen Protozoen sogar Andeutungen be-
 
Annotationen