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VI. DIE WIRKUNGSGESCHICHTE
Als bedeutendes Denkmal der mittelalterlichen Fachliteratur
hatte die Ordnung der Gesundheit mit ihrer reichen Zahl an
Textzeugen, der weiten räumlichen Verbreitung, einer Wirkungs-
zeit von nahezu zweihundert Jahren und der beobachteten sozio-
logischen Schichtung eine solche Strahlkraft erreicht, daß
wir nicht nur zahlreiche späte Abschriften haben, sondern auch
die Spuren unseres Regimens in anderen medizinischen Texten
finden. Wir haben es dabei mit keiner ungewöhnlichen Erschei-
nung zu tun; die Popularisierung ursprünglich höfischen Lite-
raturgutes ist für Werke, die der Unterhaltung dienten, hin-
länglich bekannt und auch für die Gebrauchsliteratur schon ge-
2)
legentlich früher bemerkt worden .
Es nimmt nicht wunder, daß dieses Regimen seit der Zeit der
größten Dichte der Textzeugen um die 80-er Jahre des 15. Jhs.
zumeist innerhalb des oberdeutschen Sprachgebietes aufgegriffen
wurde und hier seinen Einfluß auf verschiedene Gattungen der
medizinischen Literatur ausströmte. An deren Spitze steht na-
turgemäß die des Regimen sanitatis, für welches drei in jeweils
verschiedenen Dialekten gehaltene Vertreter nachgewiesen werden
konnten. In allen diesen Kompilationen begegnet die Ordnung der
Gesundheit als Hauptquelle und hat durch ihren klaren Aufbau
strukturbildend gewirkt. Auch einem der bedeutendsten Vertre-
ter der praxisbezogenen Gattung des Kalenders, dem des Jakob
Pflaum, hat sie als Quelle gedient. Weite Partien unseres Tex-
tes sind hier anzutreffen und wirkten gerade in dieser Form sehr
in die Breite. Besonders zu erwähnen ist die für einen Fall
festgestellte Erscheinung, daß sich ein ganzes Buch der Ordnung
1) Vgl. Kapitel Entstehung und Verbreitung IV, 5~5.
2) Gerhard Eis, Ein Vogeljagdbüchlein vom Bodensee, in:
PBB 78 (1956), S. 227; vgl. Gerhart Hoffmeister, Fischer-
und Tauchertexte vom Bodensee, in: Festschrift für G. Eis,
S. 262.
5) Siehe Kapitel IV,4.
VI. DIE WIRKUNGSGESCHICHTE
Als bedeutendes Denkmal der mittelalterlichen Fachliteratur
hatte die Ordnung der Gesundheit mit ihrer reichen Zahl an
Textzeugen, der weiten räumlichen Verbreitung, einer Wirkungs-
zeit von nahezu zweihundert Jahren und der beobachteten sozio-
logischen Schichtung eine solche Strahlkraft erreicht, daß
wir nicht nur zahlreiche späte Abschriften haben, sondern auch
die Spuren unseres Regimens in anderen medizinischen Texten
finden. Wir haben es dabei mit keiner ungewöhnlichen Erschei-
nung zu tun; die Popularisierung ursprünglich höfischen Lite-
raturgutes ist für Werke, die der Unterhaltung dienten, hin-
länglich bekannt und auch für die Gebrauchsliteratur schon ge-
2)
legentlich früher bemerkt worden .
Es nimmt nicht wunder, daß dieses Regimen seit der Zeit der
größten Dichte der Textzeugen um die 80-er Jahre des 15. Jhs.
zumeist innerhalb des oberdeutschen Sprachgebietes aufgegriffen
wurde und hier seinen Einfluß auf verschiedene Gattungen der
medizinischen Literatur ausströmte. An deren Spitze steht na-
turgemäß die des Regimen sanitatis, für welches drei in jeweils
verschiedenen Dialekten gehaltene Vertreter nachgewiesen werden
konnten. In allen diesen Kompilationen begegnet die Ordnung der
Gesundheit als Hauptquelle und hat durch ihren klaren Aufbau
strukturbildend gewirkt. Auch einem der bedeutendsten Vertre-
ter der praxisbezogenen Gattung des Kalenders, dem des Jakob
Pflaum, hat sie als Quelle gedient. Weite Partien unseres Tex-
tes sind hier anzutreffen und wirkten gerade in dieser Form sehr
in die Breite. Besonders zu erwähnen ist die für einen Fall
festgestellte Erscheinung, daß sich ein ganzes Buch der Ordnung
1) Vgl. Kapitel Entstehung und Verbreitung IV, 5~5.
2) Gerhard Eis, Ein Vogeljagdbüchlein vom Bodensee, in:
PBB 78 (1956), S. 227; vgl. Gerhart Hoffmeister, Fischer-
und Tauchertexte vom Bodensee, in: Festschrift für G. Eis,
S. 262.
5) Siehe Kapitel IV,4.