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Richard Graf Du Moulin Eckart

es mir jüngst vergönnt war, einige Monate in Venedig zu weilen, schien
mir nichts lieber, als die zahlreichen und in höchstem Grade wert-
vollen Geschieht!- und Literaturdenkmäler, die in der Bibliothek von
San Marco und in dem alten venezianischen Archiv verwahrt werden,
wenigstens teilweise kennen lernen zu dürfen. . . . Und da es nun zu
geschehen pflegt, dass Iieisende all das, was sie in der Fremde geschaut
oder vernommen oder gefunden und das auf das Vaterland Bezügliche
nach Hause bringen, so habe denn auch ich mein Augenmerk vorzüg-
lich darauf gerichtet, die Spuren der vaterländischen Geschichte in
jenen zahlreichen Denkmälern zu verfolgen.“ Es war ein Griff ins
Volle und er hat späteren Forschern mit seinen Resultaten den Weg
gewiesen. Die kleine Arbeit machte Aufsehen und wurde als ein neuer
und gelungener Versuch begrüsst, in diese Zeit und in diese Verhältnisse
lichtvolle Ordnung zu bringen. Wenn ich nicht irre, war es einer der
Herausgeber des „Urkundenbuchs zur Staats- und Handelsgeschichte
Venedigs in seinen Beziehungen zu Byzanz und der Levante“, Thomas,
der im Hinweis auf Erdmannsdörffers Schrift ein gleiches Werk für die
Beziehungen Venedigs und Deutschlands anregte. „Der Verfasser dieser
Schrift“, meinte er, „würde zu jenen Männern zählen, welche hiefür Ge-
schick und Sinn mitbrächten“1).

In der That haben während seines Aufenthalts in Venedig Verhand-
lungen geschwebt, ihn für ein ähnliches Unternehmen zu gewinnen. Aber
er lehnte ab, da er es mit seinen patriotischen Grundsätzen nicht ver-
einbaren konnte2). Auch in der Gelzerschen Zeitschrift hat er von Ve-
nedig aus einen Aufsatz veröffentlicht. So wrar es ihm nicht besebieden,
auf diesem Arbeitsgebiete weiter zu schaffen. Indessen hat er es nie
völlig aus dem Auge verloren. Noch im Jahre 1888 hat er über den
Fondaco dei Tedeschi in Heidelberg einen Vortrag gehalten. Und
er hatte die Freude, als Vorstand der badischen historischen Kommission
das epochemachende Werk Schuttes unter seiner Ägide abgeschlossen zu
sehen, das im Jahre 1890 sein Vorgänger in diesem Amte, Eduard Winkel-
mann, angeregt hatte.

Inzwischen war Erdmannsdörffer nach Deutschland heimgekehrt und
hatte sich mit dieser Arbeit noch im Jahre 1858 in Jena habilitiert.
So sehen wir ihn zum zweiten Male an der kleinen thüringischen Uni-
versität, der er jedoch bereits im Herbste 1859 für immer Lebewohl
sagte, um Hilfsarbeiter der Münchener historischen Kommission zu

1) S. Sybel, Hist. Zeitschrift, 3. Bel. 191 f.

2) Ich verdanke diese Mitteilung Herrn Archivrat Dr. Karl Ohser in Karlsruhe.
 
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