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Chaniotis, Angelos [Hrsg.]; Berg, Manfred [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Überzeugungsstrategien — Berlin, Heidelberg [u.a.], 52.2008 [erschienen 2009]

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Mittler, Barbara: "Von verrückten alten Männern, die Berge versetzen wollten"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11274#0052
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„Von verrückten alten Männern,
die Berge versetzen wollten"

Die Überzeugungskraft der Worte Maos

BARBARA MITTLER *

i Einleitung

Im 21. Kapitel „Selbstvertrauen und harter Kampf" der kleinen roten „Mao-
Bibel" findet sich folgende Geschichte:

Es gibt ein altes chinesisches Gleichnis, die Parabel „Yü Gung versetzt Ber-
ge". Darin wird erzählt, daß in alten Zeiten im Norden Chinas ein alter Mann
(eig. Greis) aus den Nördlichen Bergen namens Yü Gung („verrückter alter
Mann", eig. „närrischer Greis") lebte. Den Weg, der von seiner Haustür nach
Süden führte, versperrten zwei große Berge ... Yü Gung (der verrückte alte
Mann) faßte den Entschluß, zusammen mit seinen Söhnen diese Berge mit
Hacken abzutragen. Ein anderer alter Mann (eig. Greis) namens Dschi Sou
(„weiser Alter") lachte, als er sie sah, und meinte: „Ihr treibt aber wirklich
Unfug, ihr paar Leute könnt doch unmöglich zwei solche riesigen Berge
abtragen!" Yü Gung antwortete ihm: „Sterbe ich, bleiben meine Kinder;
sterben die Kinder, bleiben die Enkelkinder, und so werden sich die Gene-
rationen in einer endlosen Reihe ablösen. Diese Berge sind zwar hoch, aber
sie können nicht mehr höher werden; um das, was wir abtragen, werden
sie niedriger. Warum sollten wir sie da nicht abtragen können?" Nachdem
Yü Gung die falsche Auffassung Dschi Sous widerlegt hatte, machte er sich,
ohne auch nur im geringsten zu schwanken, daran, Tag für Tag die Ber-
ge abzutragen. Das rührte den Himmelskaiser, und er schickte zwei seiner
Götter auf die Erde, die beide Berge auf dem Rücken davontrugen (Mao
1967,236-237, kleine Änderungen in der Übersetzung sind angezeigt).

Entnommen ist diese Geschichte der Schlußrede Maos beim 7. Nationalen
Kongreß der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), gehalten am 11. Juni
1945 in Yan'an. Die Rede entstammt einer Zeit, als die aus Anlaß des anti-

* Prof. Dr. barbara mittler ist Professorin für Sinologie an der Universität Heidelberg
(2004-).
 
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