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Heidelberger Zeitung — 1895 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 77-100 (1. April - 30. April)
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Dinsliz, dm 2. Zpn!

ir hatten keinen Grund dazu, denn wir

Erscheint tätlich
Sonntags ausgenommen.
VeeLs
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Auf die
„Heidelberger Zeitung"
Kaupüiklil- und Kreisim!iö«digungsl>la!t für Le« Kreis
Heidelberg
werden BeftklliMAen für das II. Quartal 1895
WM" April, Mai, Juni -WW
bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten, bei
den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition, Untere
Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfq., frei in's Haus
gebracht, durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
MU" Neu eintretenden Abonnenten liefern wir auf
Wunsch den Anfang der im Feuilleton enthaltenen Erzäh-
lung — soweit der Borrath reicht — nach.

Ein namenloser Zorn erfaßte ihn.
.Hinaus!" stieß er hervor und zeigte nach der Thur.
Sie warf das Haupt mit den schwarzen Flechten zuruck
und entgegnete fest:
„Ick gehe nicht! Ich bleibe!"
Es klang wie das Aufeinanderprallen stählerner Streit-
schi lde.
„Hüte Dich, Schlange —!" „ ,
Er sprang aus sie zu. da er ihre Bewegung bemerkte, sich
der Atelier! hür zu nähern. .
Einen kurzen Moment standen sie sich noch starr gegen-
über. dann aber faßte er sie an beiden Schultern und drängte
sie zurück .
Den gewaltsamen Angriff nicht erwartend, strauchelte fre
und fiel auf ein Knie, aber auch ihre Arme umklammerten
diejenigen Baumann's . , ., <-
Sie hätten rufen können, sie dachte nicht daran; auch
er nicht.
Sein ganzes Bestreben war, ste nach der Thur und hln-
auszudrängen.
Daß sie fiel, dadurch kam sie in Nachtheil und der An-
greifer fühlte, wie seine Kräfte wuchsen.
Bis nahe an die Thür hatte er sie schon gedrängt, nun
stürzte sie auch mit dem zweiten Knie.
Er mußte sich hinunterbeugeu, um sie hinauszustoßen.
Fortsetzung folgt.)
Sterdttheater.
M Heidelberg, 1. April.
„Roderich Helle r", Lustspiel von Schönthan.
Wenn die Saison zu Ende geht, dann überkommt uen
Berichterstatter eine große Ungeduld, und er möchte gleich
eine ganze Hand voll Blätter dem Abreißkalender rauben.
Ich weiß nicht, ob nur diese erschöpfte Empfangsfähigkeck
daran Schuld ist. daß ich den Eindruck habe, als sei auch

JlyertionsgebüHrr
15 Pf. für die IspcMsss
Pemzeile od. deren Remm.,
Für hiesige Geschäfts- UM)
^rwatanzeigeu bedsuLetL -
ermäßigt.
Gratis-Am'chwq
M der Inserate am oen MakKU
rafeln der Heidelb. ZeLLyM
und den Plakatsäulen
Telephon-Anschluß Nr. 82

Geburtstagsfeier in Friedrichsruh.
Friedrichsruh, 1. April. Um halb 11 Uhr erschien
Fürst Bismarck in Cürassiermütze und Cürassierrock
mit dem Eisernen Kreuz bei schönem warmen Wetter im
Garten und sprach sein Erstaunen über den Blumenflor
aus. Er ließ sich vom Geheimrath Dr. Schweninger die
einzelnen Stücke zeigen. Besonders bewunderte er die
Blumenspende der Deutschen in Spanien. Fürst Bismarck
befindet sich augenscheinlich in heiterster Stimmung und
bestem Wohlsein. Er ging leicht und schnell einher, sodaß
man ihm sein Alter gar nicht ansah. Zuerst empfing Bis-
marck den ein Handschreiben überbringenden Adjutanten des
Königs von Württemberg, dann die Senate Hamburgs,
Bremens und Lübecks, die Offiziere der Lauenburger Jäger
und schließlich die Universitäts-Rectoren. Der
Rector der Berliner Universität, Professor Pfleiderer,
hielt eine Ansprache, in der er ausführte, ein großer
Freudentag sei heute dem deutschen Volke beschicken, das
mit Dankesgruß und Segenswunsch sich um den gewaltigen
Mann drängt, in welchem es den Schöpfer der StaatH-
emhnt, —LriedLuL- PNO
Lehrer des öffentlichen Lebens, den treuen Wahrer semer
höchsten Güter verehrt. In diesem Jubel erhoben auch die
Lehrer der Universitäten ihre Stimme, um ihm, dem
Ehrendoctor dreier Fakultäten, zum 80. Geburtstage ihre
Huldigung darzubringen und die Hoffnung auszudrücken,
ihn vom Volke verehrt noch lange in freudiger Rüstigkeit
und unbezwinglicher Jugendkrast des Geistes und Willens
unter uns weilen und wirken zu sehen, als die geschicht-
liche Verkörperung des nationalen Bewußtseins. Mit
rührenden Worten dankte Redner dem Fürsten Bismarck
für seine Thaten, indem er hervorhob, daß hierzu ein be-
sonderer Grund vorhanden sei, zumal der Fürst mit Rath
und That dafür eingestanden, daß eine alte Culturstätte,
welche dem Dentschthum zurückgewonnen ward, unter den
Auspicien des großen Kaisers eine Heimstätte deutscher
Wissenschaft geworden. Auch als Meister der deutschen
Sprache in Wort und Schrift gebühre dem Fürsten ein
Ehrenplatz in unserer literarischen Geschichte. Redner
schildert sodann das leuchtende Vorbild und das hohe Ver-
dienst des Fürsten um die Förderung der nationalen In-
teressen, wobei er betonte, daß die tiefste Quelle für die
Beherrschung der Wirklichkeit aus der Kraft des Glaubens
fließe. Er schloß mit dem Hinweis darauf, daß es die
Pflicht und die Aufgabe der Universitäten sei, den idealen
Gedanken der Nationaleinheit rein und unentwegt im
Herzen der deutschen Jugend zu erhalten. Sie beseele der
Wunsch, es möge dieser Tag dem ganzen deutschen Volke

zum Segen werden, daß es über Noth und Streit des
Tages hinaus geeint in der Begeisterung für den großen
Kanzler erstarke und wachse in steter Treue für Kaiser
und Reich.
Fürst Bismarck antwortete mit einer mehr als halb-
stündigen Rede. Er sagte u. A.: Wenn man von den
Parteien so viel angefeindet werde, könne man das nicht
tragisch nehmen. Das sei so der Lauf der Welt, daß ge-
kämpft werde. Daraus, daß man ihn bekämpfe, ersehe er,
daß seine Gedanken nicht todt seien. Wenn verschiedene
Fraktionen, die Sozialdemokraten, das Centrum und die
Polen, es ihm übelgenommen hätten, daß er sie reichs-
feindlich genannt, so könne er dies aufrecht halten; theoretisch
möchten alle reichsfreundlich sein, vorausgesetzt, daß das
Reich so sei, wie sie es wünschten. Bedauerlich sei es, daß
die Sozialdemokraten nicht die zweite Viceprüsidentenstelle
im neuen Reichstags-Präsidium erhalten hätten, weil sich
dann gezeigt hätte, daß die Sache der Sozialdemokraten
noch nicht reif sei, um entscheidend einzugreifen. Man
müsse mit dem Reiche rechnen, wie es sich aus der That-
sache praktisch entwickelt habe. Es müsse die Aufgabe Aller
sein, dies zu erhalten.
Um 12 Uhr begannen die Musikcorps des heran-
nahenden Studentenzuges hörbar zu werden. Gleich-
zeitig nahm das aus Berlin herübergekommene Musik-
corps des 4. Garderegiments vor dem Altan des Schlosses
Aufstellung. Ein bevorzugter Platz auf der Wiese war
für Hamburger Kaufleute Vorbehalten. Zahlreiche Photo-
graphen stellten ihre Apparate auf. Die Oberförster Lange
und Westphal handhabten als Ortspolizei die allgemeinen
Anordnungen. Unter den Zeitungsberichterstattern be-
fanden sich Engländer, Amerikaner und ein Däne. Um
halb 1 Uhr begann vor dem Altan die Militärcapelle das
„Halleluja" aus Händels „Messias" zu spielen. Weiterhin
trug sie vor die Ouvertüre zu „Tell", eine Phantasie aus
„Freischütz", einen Walzer von Strauß und den Cavallerie-
marsch von Krause.
Brausende Hochrufe und Schlägerklirren begrüßten den
Senatoren in ihren bunten mittelalterlichen Gewändern,
auf den Altan hinaustrat, in Kürassier-Uniform ohne
Mantel. Studenten trugen das Lied vor: „Horch
Sturmesflügel rauschen". Stud. Bruch aus Bonn hielt
im Namen der Studentenschaft folgende Ansprache:
Durchlauchtigster Fürst! An diesem glücklichen Tage, da
brausender Festjubel Alldeutschland vom Fels zum Meer erfüllt,
ist es der gelammten deutschen Studentenschaft em Herzens-
bedürfniß und eine heilige nationale Pflicht, Ew. Durchlaucht
in ehrerbietiger Huldigung die innigsten Glückwünsche darzu-
b" Jn"der begeisterten Theilnahme unserer tiefbewegten Herzen
findet die Liebe der akademischen Jugend zu Deutschlands größtem
Sohne, ihre unauslöschliche Dankbarkeit und glühende Verehrung
für den genialen Schöpfer und Heldenkanzler unseres kraftvoll
geeinten Reiches nur einen matten Widerhall.
Aber wir freuen uns aufrichtig der hohen Ehre, heute rm
Auftrage der Studenten aller deutschen Hochschulen an dieser
Stelle die Bitte aussprechen zu dürfen, Ew. Durchlaucht wollten
diese Ehrengabe als ein Zeichen unserer dankerfüllten Gesinnung
und ein Unterpfand nie erkaltender Treue und Hmgebung ent-
gegennehmen. Unsere Empfindungen an diesem feftüchen Ge-
denktage haben wir mit unseren Commilitonen m dieser Adresse
niedergelegt, die zu verlesen Ew. Durchlaucht mir huldvollst ge-
statten wollen. (Redner liest dann die Adresse vor.)
Bismarck antwortete ebenso lebhaft und weithin
vernehmbar, wie bei den Parlamentariern, aber fester und
ohne den Druck einer ihn überwältigenden Rührung. Seine
Antwort lautete:
Ihre Lehrer zollten mir Anerkennung für dre Vergangenheit,
Ihre Begrüßung bürgt mir für die Zukunft; Sie werden bis
zur Mitte des nächsten Jahrhunderts dieselbe Gesinnung wie

Erscheinung vor ihm. Die mannigfaltigsten Gefühle wechsel-
ten au' ihrem Antlitz, Stolz, Scham und darauf Zorn -
ftorn das; man ihr beim ersten Schritt so entgegentrat.
Eine Macht, der selbst ihr leidenschaftliches, stolzes Herz
nicht trotzen konnte, irieb sie an, diesen demüthigenden Schritt
zu thnn. Und nun er gethan war, wollte sie auch erfüllen,
was sie sich vorgenommen: Dem verwundeten Maler ihr
ganzes Dasein widmen. . . - -
Und wer hatte das Recht, ihr entgegenzutreten, in einer
Sache, die sie mit ihrem Herzen auskämpfte? Die leiden-
schaftliche, nie gebeugte Tochter Kolchis erkannte kern solches
Recht an.
Sie nannte Fernau's Namen. Mitten m der Stacht war
sie anfgebrochen, nachdem sie lange genug sich gegen d iel es
Vorhaben auflehnte. Die Thür war offen; Baumann hatte
heute, im Gespräch mit dem Professor, vergessen abzmchUesten.
Nachdem sie eingetreten, sank sie an der Thür nieder. Noch
einmal wallten Scham und Stolz in ihr auf.
Jetzt wußte Baumann, was sie wollte. Der nackte Hohn
sprach aus seinen Worten, als er sie zur Thür hmansnnes
und da sie trotzig beharrte, warf er ihr nnt harten Worten
das Unweibliche, Schmachvolle ihres Thuns vor. Wie em
Röcheln kam es aus ihrem Halse, ihre beiden Hände drückten
den übervollen, stürmisch wogenden Busen hinunter.
Sie sprach kein Wort, rührte sich auch nicht von der
Stelle.
Nur drohende Blitze trafen den Maler-
Und dieser mußte sich gestehen in diesem Augenblick, daß
auch er kaum ein schöneres Weib gesehen hatte.
Das war ganz die Kolchierin des Bildes, aber m lebende,
wogende Leidenschaft verwandelt. ,
Kaum daß er sie anzusehen wagte; ein unheimliches Ge-
fühl überrieselte ihn. . „
Da erinnerte er sich gewaltsam an das Borgefallene, an
alle Umstände und daß er zu wachen versprach über die Ruhe
des verwundeten Freundes.

heute bekunden, wenn ich schon längst gestorben bin Der
Deutsche läßt im späteren Alter nie vollständig fallen, wofür er
sich in seiner Jugend begeistert hat.
Was die Regierung Kaiser Wilhelms in Ihre Herzen gelegt
wrrd immer seme Früchte tragen, wie sich auch die staatlichen
Einrichtungen gestalten mögen. Das Natioualgefühl bleibt er-
halten, selbst wenn man answandert.
Ich habe heute den Beweis dafür, daß Hunderttausende
Deutscher im Capland, m Amerika und Australien mit gleicher
Begeisterung am alten Vaterland hängen.
Wir haben die nationale Unabhängigkeit mit schweren Krie-
gen erkämpfen müssen. Der Prolog war der holsteinische Krieg.
Wir mußten den österreichischen Krieg führen, um uns mit
Oesterreich auseinanderzusetzen und sozusagen ein gerichtliches
Separatronserkenntniß zu erlangen.
Nach Sadowa sah Jeder den Krieg mit Frankreich voraus
.^/infffahl sich, denselben nicht zu früh zu führen, bevor
nicht die Früchte der norddeutschen Einigung unter Dach ge-
bracht waren.
Nach dem Kriege entstand das Gerede, nach 5 Jahren er-
folge der nächste Krieg. Das stand zu Zfürchten, aber ich suchte
ihn zu verhindern. Wir hatten keinen Grund dazu, denn wir
hatten, was wir brauchten. Darüber hinaus zu fechten aus Er-
oberungsbedürfniß, schien mir bonapartistische Gesinnungslosig-
keit, nicht germanische Art.
Ich bin nach dem Ausbau unseres Hauses immer ein Frie-
densfreund gewesen und habe dazu kleine Opfer nicht gescheut
Ich habe in der Carolinen- und Samoafrage nachgegeben, so
großen Werth ich auch auf die coloniale Entwicklung lege, um
nicht Krieg zu führen.
Das ist ein Vorzug des germanischen Charakters, die Be-
friedigung in der Anerkennung des eigenen Werthes zu finden,
ohne Bedürfniß nach Herrschaft und Vorrecht. Es ist in poli-
tischen Dingen viel leichter, zu sagen, was man vermeiden, als
was man thnn soll; gewisse Grundsätze der Ehrlichkeit und
Tapferkeit untersagen manches Thun, so wie es beim Manöver
verboten ist, bestimmte Felder zu betreten.
Für Entschließungen über das, was geschehen soll, gibt es
keine sichere Voraussicht; sie sind abhängig von den Ent-
schließungen anderer. Wenn Freunde ihre Ansicht ändern, ist oft
der ganze Plan mißlungen. Positive Unternehmungen sind in
der Politik sehr schwer. Wenn sie gelingen, soll man Gott
danken und nicht mäkeln, daß Kleinigkeiten fehlen.
Ein Mensch kann den Strom der Zeit weder schaffen noch
lenken; er kann nur darauf steuern mit mehr oder minder Ge-
schick. Wenn wir zum guten Hafen gekommen sind, wie aus der
überwiegenden Zustimmung zu entnehmen _ ist,, wollen wir
Mt"Äderen"^ etwas mehr Zisthaten von denfl
was jedem am Herzen liegt, sowohl in confessioneller als so-
cialer Beziehung. Wir wollen sorgfältig festhalten, was wir
haben, sorgen, daß wir dies nicht verlieren.
Deutschland war ein mächtiges Reich unter den Carolingern,
Sachsen und Hohenstaufen. Als diese Stellung verloren war,
vergingen 500, ja 600 Jahre, ehe Deutschland wieder auf die
Beine kam. Die politische Entwicklung ist so langsam, wie die
geologische. Schichten legen sich übereinander und bilden neue
Bänke, Gebirge.
Ich möchte vor allem die jungen Herren bitten, sich nicht dem
deutschen Kritikbedürfniß allzusehr hinzugeben. (Große Heiterkeit.)
Nehmen Sie an, was Gott gegeben hat.
Was wir mühsam unter drohendem Gewehranschlag des
übrigen Europas errungen, war nicht leicht. Wichen wir damals
vor den europäischen Seniorenconvent citirt worden, wären wir
nicht so gut weggekommen.
Freilich bleiben noch berechtigte erstrebenswerthe Ansprüche
übrig. Aber nur nicht zu früh, nicht zu hastig! halten wir vor
allem fest, was wir haben.
Die meisten Opfer für die Herstellung des deutschen Reiches
brachten die deutschen Fürsten; der preußische nicht ausgeschlossen.
Mein alter Herr zögerte lange, ehe er seine Staatsunabhängrgkest
bereitwillig an das Reich aufgab. Seien wir den Fürsten dank-
bar, daß sie für das Reich Opfer gebracht haben, die den
Dynastien nach der Geschichte schwer werden mußten.
Seien wir auch dankbar der Wissenschaft und rhren Pflegern,
daß sie auf dem Herde der Wissenschaft das Feuer der Einigkeit
erhielten, bis die Zeit kam, da die Flamme höher aufflammte.
Sie werden sagen, ich bin ein alter Conservativer. Ich wieder-
hole aber, halten wir zusammen, was wir haben! Fürchten wir
uns nicht vor denen, die uns nicht gönnen, was wir haben.
In Deutschland gab es immer Kämpfe. Die heftigen Fraktions-
spaltungen sind die Nachwehen der alten Kämpfe in den Bauern-
kriegen. Ohne Kampf kein Leben! Ohne innere Kämpfe kämen

ie> Die Kolchieri».
Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.
(Fortsetzung.)
Er warf einen Blick nach der Uhr. Es war schon spät.
Baumann reckte die Arme von sich, stand auf und betrachtete
Fernau. Derselbe regte sich nicht, er schlief so fest, wieselten.
Nachdem der Freund noch das zurückgeworfene Fenster in die
richtige Lage gebracht hatte, wollte er sich wieder nach fernem
Stuhl wenden, als ihn ein Geräusch aufhorchen ließ.
Es kam von draußen, aus dem kleinen Vorzimmer. Mit
einem Ruck stand er still. Nun war aber nichts mehr zu
hören. Dennoch konnte er sich nicht getäuscht habeu. Noch
eine Minute horchte er, während sich seine Brauen drohend
zusammeuzogen, seine Hände bebten. Darauf wandte er sich
Nach Fernau um — der regte sich nicht - und stand mit
einem Satz an der Thür, die er öffnete und hinaustrat.
Mit einer fieberhaften Bewegung drehte er hinter sich den
Schlüssel herum, um den Weg zu versperren.
Ein leiser Aufschrei zog durch den Raum. Baumann
wußte, wen er vor sich hatte. Die Kolchierin. Also doch!
doch!
Auch hier brannte ein kleines Licht, eine genügende Helle
verbreitend.
»Was wollen Sie?" fragte Baumann grollend, halblaut.
Elea saß dicht bei der Eingangsthür, die ausgespreizten
Hände in das Tuch des Sessels gedrückt, den Maler starr
anblickend.
Er trat einen Schritt auf sie zu, es klopfte ihm in den
Schläfen von verhaltenem Zorn.
„Was wollen Sie?" fragte er noch emmal und sie merkte
Wohl, daß Derjenige, welcher vor ihr stand, nicht mit freund-
lichen, versöhnenden Empfindungen sich ihr näherte.
Da fuhr sie auf und stand in ihrer ganzen prächtigen
 
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