Enchetm täglich
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mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Televkon-Anschluß Nr. 82.
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Str. 256.
Freitag, den 1. November
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15 Pfi für die IspaltiU
Penrzeile ob. deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- MM
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der Inserate aist oen Plaksb«
cafeln der Hetdelb. ZeitMU
und den Plakarsäulen.
Tckevbon-Anscktuß Nr. 82.
1895.
Auf die
HÄckctzkl KiliiW,
KaupttoLat- und Kreisverkündigungsötatt
für den Kreis Keidewerg-
werden Bestellungen für die Monate
WM" November, December "HVW
bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten, ber
den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition, Untere
Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate November
und December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfennig;
mit Zustellgebühr 1 Mk. 14 Pfg.
Sozialdemokratische Sitzredakteure.
In Berlin sind einige Sitzredakteure des sozialdemo-
kratischen Parteiblatts wegen der Aeußerungen dieses gern
mit seiner Objektivität prunkenden Organs zum Sedan-
feste mit Gefängnißstrafen belegt worden. Wer sich der
Gemeinheiten und Rohheiten des Vorwärts vor und im
September des laufenden Jahres erinnert, wer noch im
Gedächtniß hat, welche Schmähungen und Nichtswürdig-
keiten dieses Organ einer sozialdemokratischen Führerclique
über den in der ganzen Welt bepuderten Kaiser Wilhelm I.,
über den jetzigen Kaiser und über das ganze deutsche
Volk ausgoß, das sich in Erinnerung an die Ruhmestage
von 1870 seiner politischen Wiedervereinigung erfreute,
der wird sich höchstens über das geringe Strafmaß
wundern, welches gegen die verantwortlichen Redakteure
des Vorwärts in Anwendung gekommen ist. Daß sie
bestraft werden mußten, war sich die deutsche Nation
schuldig, schon damit das Ausland erkennt, daß wir uns
nicht ungestraft von der internationalen Gesellschaft, die
leider unter uns lebt, beschimpfen lassen. Jedoch die Be-
strafung war zu erwarten und deßhalb brauchte der Aus-
gang des Prozesses neue Betrachtungen kaum hervor-
zurufen. Was jedoch während des Prozesses wieder ein-
mal zur schönsten Erscheinung kam, war das Institut der
sozialdemokratischen Sitzredakteure. Es ist bedauerlich,
daß nicht die Schreiber der betreffenden Artikel des Vor-
wärts gefaßt werden konnten, sondern daß vorgeschobene
Leute, Strohmänner, das Bad aussttzen müssen, das ihnen
Andere bereitet haben. Es wäre doch Angesichts solcher
Vorgänge zu erwägen, ob denn nicht hierin eine Aenderung
auf gesetzlichem Wege heibeigeführt werden könnte. Die
Justiz wird durch die heutigen Zustände auf dem Presse-
gebiet einfach gefoppt. Der Präsident des Berliner Ge-
richtshofs hatte ganz Recht, als er betonte, daß solche
Artikel, wie die beim Prozeß in Frage stehenden Vorwärts-
Artikel, immer von Leuten herrührten, die nicht den
Muth haben, ihre Schreibereien zu vertreten, sondern sich
hinter andere verkriechen, um selbst von Strafe frei zu
bleiben. Das können sich die Herren Liebknecht und Ge-
nossen, die ja die eigentlichen Redakteure des Vorwärts
sind, hinter die Ohren schreiben. Und diese Haltung der
socialdemokratischen Führer vergleiche man nun mit ihrem
großsprecherischen Auftreten in der Oeffentlichkeit, mit ihren
Tiraden über den Mannesmuth, über Aufrichtigkeit und
Wahrhaftigkeit! Die Erbärmlichkeit dieser Herren wird
dann in ihrer ganzen Größe klar. Sie schreiben die
Artikel, welche Alles, was dem deutschen Volke in
seiner großen Mehrheit heilig ist, und Andere, Leute, die
ihren Fähigkeiten nach garnicht zur Abfassung solcher
Artikel im Stande wären, müssen die Strafe des Gesetzes
auf sich nehmen. Die Artikelschreiber selbst fühlen sich ganz
wohl in ihrer Rolle; die Strohmänner werden ja dafür
bezahlt. Und solche Sorte will Staat und Gesellschaft
auf ganz neue Grundlagen stellen, will der Menschheit ein
neues Kleid anziehen, will die Glückseligkeit auf Erden
herbeiführen! Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so
gar traurig wäre, daß sich Hunderttausende von denselben
socialdemokratischen Führern an der Nase herumziehen
lassen. Hier könnten die Hunderttausende sehen, wozu sie
gebraucht werden. Die Herren Führer schreiben die Ar-
tikel, die Schmähungen und Beleidigungen enthalten, die
Menge aber ist dazu da, die Folgen der Artikel vor den
Gerichten auf sich zu nehmen. Es ist unbegreiflich, daß
die Menge trotz der offenkundigsten Thatsachen doch nicht
hinter die Schliche der socialdemokratischen Führer kommt,
sondern sich nach wie vor, und wenn sie auch selbst die
bösen Folgen des Vergehens der letzteren auf sich nehmen
muß, von ihnen an der Nase herumziehen läßt.
Deutsches Reich.
Berlin, 31. Oct. Die Nordd. Allg. Zeitung meldet:
Der Kaiser fuhr gestern Abend 10 Uhr nach der Rück-
kehr aus Großlichterfelde beim Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe vor und nahm einen längeren Vortrag des-
selben entgegen.
— Der Bundesrath nahm den Antrag betreffend
die Feststellung des Ruhegehaltes der Reichs-
beamten an. — Wie die Nordd. Allgem. Ztg. schreibt,
wird der Entwurf eines Börsengesetzes dem Reichs-
tag sofort nach Eröffnung der Session zugehen. — Die
Post meldet: Im kommenden Etat soll die erste Rate von
2 000 000 Mk. zur Herstellung von Torpedo-8-Booten
eingestellt werden, welche der Etat für 1895/96 bereits
enthielt, die aber damals abgelehnt wurde. Die Rate ist
bestimmt zum Bau von 8 Ersatz-Torpedobooten von nahezu
4 000 000 Mk. Gesammtkosten. Von bedeutenden neuen
Forderungen der Marineverwaltung für 1896/97 ist keine
Rede. Die Hauptforderungen für einmalige Ausgaben be-
stehen nur in zweiten bezw. folgenden Raten, bedingt
durch die letztjährigen Etats.
— Die Nordd. Allg. Ztg. meldet bezüglich der Nach-
richt aus Tanger, wonach der zeitweilige französische
Consul Ferrier am 19. und 20. October in Casablanca
bei einem Deutschen Hausfriedensbruch verübt und der
englische Consul intervenirt habe, an zuständiger Stelle sei
von diesem angeblichen Vorfall nichts bekannt.
— Der Colonialrath nahm den Antrag des
früheren Staatssekretärs Herzog, die Regierung möge auch
fernerhin die Bestrebungen des „Institut International"
in Brüssel unterstützen, an. In Berichtigung irrtümlicher
Berichterstattung der Zeitungen wies Direktor Dr. Kayser
nach, daß er bei der jüngsten öffentlichen Erörterung nur
über die Bedeutung der Pfundaktien in England gesprochen habe,
nicht aber dieses Institut für Deutschland habe empfehlen wollen.
(Die Nat.-lib. Corresp. hatte sich bereits in einer längeren
Ausführung gegen die Ausgabe solcher Aktien aus-
gesprochen und beigefügt, daß die überwiegende Mehrzahl
der werktätigen deutschen Colonialfreunde die Heran-
ziehung der kleinen Kapitalisten zu colonialen Zwecken
weder für notwendig noch für wünschenswert erachtet.
Der Masse der kleinen Rentner und Sparer die Be-
teiligung an weitausschauenden überseeischen Unter-
nehmungen mit spät eintretender Rentabilität zu empfehlen,
erscheine nicht gerechtfertigt. Das größere und große
Kapital sei durchaus willig, sich soliden Unternehmungen
und insbesondere einer landerforschenden und aufschließenden
Thätigkeit dienstbar zu machen, grundsätzlich halte es nur
dort zurück, wo die wirtschaftliche Aussichtslosigkeit
zu Tage liege und in diese Lücke möchten wir die
kleinen Kapitalisten gerade nicht treten sehen.)
Betreffend die Regelung der Lands rage faßte der Colonial-
rath Beschlüsse, welche einerseits den Schutz der Einge-
borenen gegen Uebervortheilung bezwecken, anderseits eine
weitere Erschließung des Landes durch die vom Colonial-
rath zu gewährenden Erleichterungen ins Auge fassen.
— Gegenüber der Blättermeldung, die Colonialver-
waltung beabsichtige eine Reorg anisation der in-
neren Verwaltung des südwestafrikanischen Schutz-
gebietes, theilt ein Berichterstatter mit, es handle sich nur
um die Regelung des Rechnungswesens, wofür der Geheim-
secretär Waßmannsdorf vom Auswärtigen Amt aus-
ersehen sei.
— Der Reichstagsabgeordnete Schultze- Königsberg wurde
heute in Berlin von der Anklage freigesprochen, in einer
Volksversammlung zu Köpenick bei Berlin zu Gewaltthätigkeiten
aufgereizt zu haben. Der Staatsanw alt hatte ein Jahr Gefängniß
beantragt.
Baden. Karlsruhe, 31. Oct. Nach der heute er-
schienenen Nummer 35 des Staatsanzeigers wird der
Landtag auf Dienstag, den 12. November d. Js.,
einberufen. Zu Mitgliedern der Ersten Kammer hat
der Großherzog ernannt: den Geheimen Rath und
Oberlandesgerichts - Präsidenten Richard Schneider,
den Geheimen Rath und Präsidenten des Verwaltungs-
gerichtshofs August Joos, den Kammerherrn und
außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister
am Königlich Bayerischen und am Königlich Württem-
bergischen Hof, Ferdinand Freiherrn von
Bodman, Gutsbesitzer auf Lorettohof bei Frei-
burg, den Geheimen Hofrath und Professor an
der Technischen Hochschule Dr. Karl Engler, den
Geheimen Kommerzienrath Philipp Diffeno in Mann-
heim, den Geheimen Kommerzienrath Ferdinand
Sander in Lahr, den Kommerzienrath, Gutsbesitzer
FerdinandScipio in Mannheim und den Präsidenten
der Handelskammer Schopfheim, Fabrikanten Karl Krafft
in Schopfheim. Zum Präsidenten der Ersten Kammer
ist ernannt: Prinz und Markgraf Wilhelm von
Baden, zum Ersten Vicepräsidenten: Freiherr Franz
von Bodman und zum Zweiten Vicepräsidenten: Ge-
heimer Kommerzienrath Philipp Diffeno.
* Zur Ergänzung des gestrigen Telegramms über das
Ergebniß der Landtagswahl für den Bezirk Eberbach-
Buchen sei noch mitgetheilt, daß auf den unterlegenen
Kandidaten des Centrums, Landgerichtsdirektor Zehnter in
Mosbach, 59 Stimmen fielen, genau, wie es nach dem
Ergebniß der Wahlmännerwahlen vorausgesagt wurde.
— In Mosbach wurde der Sieg der nationalliberalen Partei
bei der Landtagswahl mit einem Festessen gefeiert, an dem nicht
nur sämmtliche Wähler des gewählten Abgeordneten, Konsul
Weber-Heidelberg, sondern auch eine große Anzahl Parteigenossen
von Stadt und Land theil nahmen. Den Reigen der Toaste
eröffnete der Wablkommiffär, Herr Oberamtmann Lang von
Tanberbischofsheim, der auf ergangene Einladung hin gleichfalls
erschienen war. Auf telegraphische Mittheilung des Wahl-
ergebnisses war auch der neue Abgeordnete mit dem 2 Uhr-Zug
selbst erschienen und wurde von den Festgästen auf's freudigste
begrüßt und beglückwünscht. Derselbe dankte für das in ihn
gesetzte Vertrauen und versprach nochmals, im Landtag seine volle
Kraft, all' sein Wissen und Können zum Besten des ihm so lieb
gewordenen Bezirkes einzusetzen.
* Heidelberg, 1. Nov. Die durch den Landes-
herrn erfolgten Ernennungen von Mitgliedern
für die Erste Kammer (s. o.) tragen durchaus ein
liberales Gepräge; es sind dieselben sogar noch um einen Grad
liberaler ausgefallen als vor zwei Jahren, indem an Stelle
io) Um des Kindes willen.
Roman von M. Doberenz.
(Fortsetzung.)
„O, Albrecht," klang die bekümmerte Entgegnung, „glaube
mir, Dein seelenvolles, junges Weib würde Dir für ein
klein wenig Liebe dankbarer sein, als für Alles andere, was
Du ihr mit Hilfe Deines Reichthums bieten kannst, sie ist
Dir gut, ich weiß es und sie verdient, daß Du wenigstens
versuchst, sie lieb zu gewinnen. Lerne sie näher kennen und
Du wirst, Du mußt ihr gut sein."
Albrecht entgegnete nichts.
„Sei lieb zu ihr," fuhr die alte Baronin bittend fort,
„und versprich mir wenigstens, sie nicht fühlen zu lassen,
daß Du sie, ohne einen Funken Liebe für sie zu empfinden,
zum Altar geführt hast!" Es blieb nach den Worten der
alten Dame still im Salon.
„Albrecht," begann sie nochmals fast zürnend, „habe ich
denn so etwas Ungeheures von Dir verlangt, Du starrst ja
ganz finster vor Dich hin? Jeder andere Mann an Deiner
Stelle würde sich glücklich schätzen, ein so liebreizendes, holdes
Weib, wie Rosalh ist, sein eigen zu nennen, er würde sie
auf Händen tragen! Und Du, Albrecht, weißt ihren Besitz
nicht zu schätzen, Dich läßt ihr Liebreiz unbegreiflich kalt,
ich glaube, Du hast noch nicht einmal den rosigen Mund
Deiner schönen jungen Frau geküßt, hast Dich bisher —"
wer brach die alte Dame plötzlich ab.
Heinrich hatte mit einer Meldung den Salon betreten, sie
entfernte sich infolgedessen mit ihm und ließ ihren Sohn
allein zurück, der seine Wanderung durch den Salon
sortsetzte-
Die vom Verhängniß ausersehene Lauscherin befand sich,
todtenbleich am Thürpfosten lehnend noch immer auf ihrem
Platze und preßte die krampfhaft verschlungenen Hände in
wildem Weh auf das zuckende Herz. Kein Wort der Unter-
redung war ihr entgangen. Ihre soeben aufkeimende Hoff-
nung hatte den Todesstoß erhalten. Sie wußte nun, warum
ihr Albrecht die bereits vertrauten Räume angewiesen hatte,
es war geschehen, weil er sie nicht in denen seiner ersten
angebeteten Frau sehen mochte. O, Thörin, die sie war!
Sie hatte glauben können, es geschehe aus Fürsorge um sie!
Sie fühlte nun, daß sie seine Liebe nie besitzen werde, sie
wußte aber auch, daß sie nun und nimmermehr den Ver-
such machen würde, sie zu erringen; davor bewahrte sie ihr
Stolz!
Plötzlich hörte sie, daß sich ihr Gatte nach der Thür
wandte, sie nahm alle Kraft zusammen, um ihm ruhig
begegnen zu können.
Albrecht schlug die Portieren zurück und trat ihr schnell
entgegen, er glaubte, sie habe soeben erst das Zimmer be-
treten, um in den Salon zurückzukehren.
„Ah, Rosaly, da bist Du ja, ich wollte Dich soeben holen,
nun, was macht der Junge, schläft er?"
„Er schläft !" entgegnete sie tonlos.
Albrecht war dicht vor ihr stehen geblieben, das Zimmer
ward nur durch die voll hereinfluthenden Mondstrahlen matt
erleuchtet. In dem Halbdunkel sah er nicht, wie geisterhaft
bleich das liebliche Gesicht seiner jungen Frau war und
welch bitterer, schmerzlicher Zug sich um ihre Lippen legte.
Er blickte auf ihr im Mondschein wie Silber flimmerndes
Haar hernieder. Wie einer plötzlichen Eingebung folgend,
beugte er sich zu ihr, schlang seine Arme um sie und drückte
einen Kuß auf ihre bebenden Lippen.
. (Armn Augenblick war die junge Frau wie erstarrt. Als
ledoch Albrecht nun die Liebkosung wiederholen wollte, kam
Vwblich Leben in sie. Sie bog schnell den Kopf zurück
und stieß ihren Gatten mit einer fast heftigen Bewegung
von sich.
„Laß das, Albrecht" — sagte sie mit fast rauh klingender
Stimme — „ich liebe Zärtlichkeiten nicht, hörst Du? — und
ich bitte Dich, mir gegenüber nie den „zärtlichen Gatten"
spielen zu wollen!"
Betroffen blickte Albrecht auf seine junge Frau, die er
bisher nur sanft und freundlich entgegenkommend kannte und
die ihm jeßt so heftig erregt gegenüberstand.
„Ich will mich nach meinen Zimmern zurückziehen, die
Reife hat mich angegriffen. Wo ist Mama, ich möchte ihr
Gute Nacht sagen?" setzte sie mit völlig beherrschter
Stimme hinzu.
„Hier bin ich, mein Töchterchen!"
(Fortsetzung folgt.)
Stadttheater.
Heidelberg, 1. November.
„Ein Rabenvater", Schwank von Fischer und Jarno.
„Der arme Poet", das alte thränenüberschwemmte Trauerspiel,
wäre heute recht gut als Tagesparodie aufführbar. Der „arme
Poet" von einst: Dachkammer, zerrissene Strohstühle, und in
diesem Milieu ein verhungerter, hohlwangiger Greis. Talglicht
in einem Flaschenhals, die Tinte eingefroren. Der arme Poet
von heute: türkischer Rauchsalon, der Dichter auf dem Divan,
dem blauen Rauch seiner Henry Eley nachsinnend: „wo legt man
all' das viele Tantismengeld an bei dem niedrigen Zinsfuß?"
Eine gute Idee ist heute die lucrativste, patentfähige Erfin-
dung.
Die Herren Jarno, ein Schauspieler vom „Deutschen Theater",
und ein anderer junger Schauspieler, Herr Fischer, den die
Heidelberger von seiner Wirksamkeit an unserer Bühne her wohl
noch in freundlicher Erinnerung haben, hatten eines Tages
— es war wohl eines Abends, — solch' eine Idee, sogar eine
brillante Idee, vielleicht beim Glase Wein, oder beim „echten"
oder gar einer „kühlen Blonde", und Heu5e haben sie sicherlich
die schweren Dichterstunden auf dem türkischen Divan durchzu-
machen: „wie legt man all' das schwere Tantismengeld an bei
dem niedrigen Zinsfuß?"
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Sozialdemokratische Sitzredakteure.
In Berlin sind einige Sitzredakteure des sozialdemo-
kratischen Parteiblatts wegen der Aeußerungen dieses gern
mit seiner Objektivität prunkenden Organs zum Sedan-
feste mit Gefängnißstrafen belegt worden. Wer sich der
Gemeinheiten und Rohheiten des Vorwärts vor und im
September des laufenden Jahres erinnert, wer noch im
Gedächtniß hat, welche Schmähungen und Nichtswürdig-
keiten dieses Organ einer sozialdemokratischen Führerclique
über den in der ganzen Welt bepuderten Kaiser Wilhelm I.,
über den jetzigen Kaiser und über das ganze deutsche
Volk ausgoß, das sich in Erinnerung an die Ruhmestage
von 1870 seiner politischen Wiedervereinigung erfreute,
der wird sich höchstens über das geringe Strafmaß
wundern, welches gegen die verantwortlichen Redakteure
des Vorwärts in Anwendung gekommen ist. Daß sie
bestraft werden mußten, war sich die deutsche Nation
schuldig, schon damit das Ausland erkennt, daß wir uns
nicht ungestraft von der internationalen Gesellschaft, die
leider unter uns lebt, beschimpfen lassen. Jedoch die Be-
strafung war zu erwarten und deßhalb brauchte der Aus-
gang des Prozesses neue Betrachtungen kaum hervor-
zurufen. Was jedoch während des Prozesses wieder ein-
mal zur schönsten Erscheinung kam, war das Institut der
sozialdemokratischen Sitzredakteure. Es ist bedauerlich,
daß nicht die Schreiber der betreffenden Artikel des Vor-
wärts gefaßt werden konnten, sondern daß vorgeschobene
Leute, Strohmänner, das Bad aussttzen müssen, das ihnen
Andere bereitet haben. Es wäre doch Angesichts solcher
Vorgänge zu erwägen, ob denn nicht hierin eine Aenderung
auf gesetzlichem Wege heibeigeführt werden könnte. Die
Justiz wird durch die heutigen Zustände auf dem Presse-
gebiet einfach gefoppt. Der Präsident des Berliner Ge-
richtshofs hatte ganz Recht, als er betonte, daß solche
Artikel, wie die beim Prozeß in Frage stehenden Vorwärts-
Artikel, immer von Leuten herrührten, die nicht den
Muth haben, ihre Schreibereien zu vertreten, sondern sich
hinter andere verkriechen, um selbst von Strafe frei zu
bleiben. Das können sich die Herren Liebknecht und Ge-
nossen, die ja die eigentlichen Redakteure des Vorwärts
sind, hinter die Ohren schreiben. Und diese Haltung der
socialdemokratischen Führer vergleiche man nun mit ihrem
großsprecherischen Auftreten in der Oeffentlichkeit, mit ihren
Tiraden über den Mannesmuth, über Aufrichtigkeit und
Wahrhaftigkeit! Die Erbärmlichkeit dieser Herren wird
dann in ihrer ganzen Größe klar. Sie schreiben die
Artikel, welche Alles, was dem deutschen Volke in
seiner großen Mehrheit heilig ist, und Andere, Leute, die
ihren Fähigkeiten nach garnicht zur Abfassung solcher
Artikel im Stande wären, müssen die Strafe des Gesetzes
auf sich nehmen. Die Artikelschreiber selbst fühlen sich ganz
wohl in ihrer Rolle; die Strohmänner werden ja dafür
bezahlt. Und solche Sorte will Staat und Gesellschaft
auf ganz neue Grundlagen stellen, will der Menschheit ein
neues Kleid anziehen, will die Glückseligkeit auf Erden
herbeiführen! Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so
gar traurig wäre, daß sich Hunderttausende von denselben
socialdemokratischen Führern an der Nase herumziehen
lassen. Hier könnten die Hunderttausende sehen, wozu sie
gebraucht werden. Die Herren Führer schreiben die Ar-
tikel, die Schmähungen und Beleidigungen enthalten, die
Menge aber ist dazu da, die Folgen der Artikel vor den
Gerichten auf sich zu nehmen. Es ist unbegreiflich, daß
die Menge trotz der offenkundigsten Thatsachen doch nicht
hinter die Schliche der socialdemokratischen Führer kommt,
sondern sich nach wie vor, und wenn sie auch selbst die
bösen Folgen des Vergehens der letzteren auf sich nehmen
muß, von ihnen an der Nase herumziehen läßt.
Deutsches Reich.
Berlin, 31. Oct. Die Nordd. Allg. Zeitung meldet:
Der Kaiser fuhr gestern Abend 10 Uhr nach der Rück-
kehr aus Großlichterfelde beim Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe vor und nahm einen längeren Vortrag des-
selben entgegen.
— Der Bundesrath nahm den Antrag betreffend
die Feststellung des Ruhegehaltes der Reichs-
beamten an. — Wie die Nordd. Allgem. Ztg. schreibt,
wird der Entwurf eines Börsengesetzes dem Reichs-
tag sofort nach Eröffnung der Session zugehen. — Die
Post meldet: Im kommenden Etat soll die erste Rate von
2 000 000 Mk. zur Herstellung von Torpedo-8-Booten
eingestellt werden, welche der Etat für 1895/96 bereits
enthielt, die aber damals abgelehnt wurde. Die Rate ist
bestimmt zum Bau von 8 Ersatz-Torpedobooten von nahezu
4 000 000 Mk. Gesammtkosten. Von bedeutenden neuen
Forderungen der Marineverwaltung für 1896/97 ist keine
Rede. Die Hauptforderungen für einmalige Ausgaben be-
stehen nur in zweiten bezw. folgenden Raten, bedingt
durch die letztjährigen Etats.
— Die Nordd. Allg. Ztg. meldet bezüglich der Nach-
richt aus Tanger, wonach der zeitweilige französische
Consul Ferrier am 19. und 20. October in Casablanca
bei einem Deutschen Hausfriedensbruch verübt und der
englische Consul intervenirt habe, an zuständiger Stelle sei
von diesem angeblichen Vorfall nichts bekannt.
— Der Colonialrath nahm den Antrag des
früheren Staatssekretärs Herzog, die Regierung möge auch
fernerhin die Bestrebungen des „Institut International"
in Brüssel unterstützen, an. In Berichtigung irrtümlicher
Berichterstattung der Zeitungen wies Direktor Dr. Kayser
nach, daß er bei der jüngsten öffentlichen Erörterung nur
über die Bedeutung der Pfundaktien in England gesprochen habe,
nicht aber dieses Institut für Deutschland habe empfehlen wollen.
(Die Nat.-lib. Corresp. hatte sich bereits in einer längeren
Ausführung gegen die Ausgabe solcher Aktien aus-
gesprochen und beigefügt, daß die überwiegende Mehrzahl
der werktätigen deutschen Colonialfreunde die Heran-
ziehung der kleinen Kapitalisten zu colonialen Zwecken
weder für notwendig noch für wünschenswert erachtet.
Der Masse der kleinen Rentner und Sparer die Be-
teiligung an weitausschauenden überseeischen Unter-
nehmungen mit spät eintretender Rentabilität zu empfehlen,
erscheine nicht gerechtfertigt. Das größere und große
Kapital sei durchaus willig, sich soliden Unternehmungen
und insbesondere einer landerforschenden und aufschließenden
Thätigkeit dienstbar zu machen, grundsätzlich halte es nur
dort zurück, wo die wirtschaftliche Aussichtslosigkeit
zu Tage liege und in diese Lücke möchten wir die
kleinen Kapitalisten gerade nicht treten sehen.)
Betreffend die Regelung der Lands rage faßte der Colonial-
rath Beschlüsse, welche einerseits den Schutz der Einge-
borenen gegen Uebervortheilung bezwecken, anderseits eine
weitere Erschließung des Landes durch die vom Colonial-
rath zu gewährenden Erleichterungen ins Auge fassen.
— Gegenüber der Blättermeldung, die Colonialver-
waltung beabsichtige eine Reorg anisation der in-
neren Verwaltung des südwestafrikanischen Schutz-
gebietes, theilt ein Berichterstatter mit, es handle sich nur
um die Regelung des Rechnungswesens, wofür der Geheim-
secretär Waßmannsdorf vom Auswärtigen Amt aus-
ersehen sei.
— Der Reichstagsabgeordnete Schultze- Königsberg wurde
heute in Berlin von der Anklage freigesprochen, in einer
Volksversammlung zu Köpenick bei Berlin zu Gewaltthätigkeiten
aufgereizt zu haben. Der Staatsanw alt hatte ein Jahr Gefängniß
beantragt.
Baden. Karlsruhe, 31. Oct. Nach der heute er-
schienenen Nummer 35 des Staatsanzeigers wird der
Landtag auf Dienstag, den 12. November d. Js.,
einberufen. Zu Mitgliedern der Ersten Kammer hat
der Großherzog ernannt: den Geheimen Rath und
Oberlandesgerichts - Präsidenten Richard Schneider,
den Geheimen Rath und Präsidenten des Verwaltungs-
gerichtshofs August Joos, den Kammerherrn und
außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister
am Königlich Bayerischen und am Königlich Württem-
bergischen Hof, Ferdinand Freiherrn von
Bodman, Gutsbesitzer auf Lorettohof bei Frei-
burg, den Geheimen Hofrath und Professor an
der Technischen Hochschule Dr. Karl Engler, den
Geheimen Kommerzienrath Philipp Diffeno in Mann-
heim, den Geheimen Kommerzienrath Ferdinand
Sander in Lahr, den Kommerzienrath, Gutsbesitzer
FerdinandScipio in Mannheim und den Präsidenten
der Handelskammer Schopfheim, Fabrikanten Karl Krafft
in Schopfheim. Zum Präsidenten der Ersten Kammer
ist ernannt: Prinz und Markgraf Wilhelm von
Baden, zum Ersten Vicepräsidenten: Freiherr Franz
von Bodman und zum Zweiten Vicepräsidenten: Ge-
heimer Kommerzienrath Philipp Diffeno.
* Zur Ergänzung des gestrigen Telegramms über das
Ergebniß der Landtagswahl für den Bezirk Eberbach-
Buchen sei noch mitgetheilt, daß auf den unterlegenen
Kandidaten des Centrums, Landgerichtsdirektor Zehnter in
Mosbach, 59 Stimmen fielen, genau, wie es nach dem
Ergebniß der Wahlmännerwahlen vorausgesagt wurde.
— In Mosbach wurde der Sieg der nationalliberalen Partei
bei der Landtagswahl mit einem Festessen gefeiert, an dem nicht
nur sämmtliche Wähler des gewählten Abgeordneten, Konsul
Weber-Heidelberg, sondern auch eine große Anzahl Parteigenossen
von Stadt und Land theil nahmen. Den Reigen der Toaste
eröffnete der Wablkommiffär, Herr Oberamtmann Lang von
Tanberbischofsheim, der auf ergangene Einladung hin gleichfalls
erschienen war. Auf telegraphische Mittheilung des Wahl-
ergebnisses war auch der neue Abgeordnete mit dem 2 Uhr-Zug
selbst erschienen und wurde von den Festgästen auf's freudigste
begrüßt und beglückwünscht. Derselbe dankte für das in ihn
gesetzte Vertrauen und versprach nochmals, im Landtag seine volle
Kraft, all' sein Wissen und Können zum Besten des ihm so lieb
gewordenen Bezirkes einzusetzen.
* Heidelberg, 1. Nov. Die durch den Landes-
herrn erfolgten Ernennungen von Mitgliedern
für die Erste Kammer (s. o.) tragen durchaus ein
liberales Gepräge; es sind dieselben sogar noch um einen Grad
liberaler ausgefallen als vor zwei Jahren, indem an Stelle
io) Um des Kindes willen.
Roman von M. Doberenz.
(Fortsetzung.)
„O, Albrecht," klang die bekümmerte Entgegnung, „glaube
mir, Dein seelenvolles, junges Weib würde Dir für ein
klein wenig Liebe dankbarer sein, als für Alles andere, was
Du ihr mit Hilfe Deines Reichthums bieten kannst, sie ist
Dir gut, ich weiß es und sie verdient, daß Du wenigstens
versuchst, sie lieb zu gewinnen. Lerne sie näher kennen und
Du wirst, Du mußt ihr gut sein."
Albrecht entgegnete nichts.
„Sei lieb zu ihr," fuhr die alte Baronin bittend fort,
„und versprich mir wenigstens, sie nicht fühlen zu lassen,
daß Du sie, ohne einen Funken Liebe für sie zu empfinden,
zum Altar geführt hast!" Es blieb nach den Worten der
alten Dame still im Salon.
„Albrecht," begann sie nochmals fast zürnend, „habe ich
denn so etwas Ungeheures von Dir verlangt, Du starrst ja
ganz finster vor Dich hin? Jeder andere Mann an Deiner
Stelle würde sich glücklich schätzen, ein so liebreizendes, holdes
Weib, wie Rosalh ist, sein eigen zu nennen, er würde sie
auf Händen tragen! Und Du, Albrecht, weißt ihren Besitz
nicht zu schätzen, Dich läßt ihr Liebreiz unbegreiflich kalt,
ich glaube, Du hast noch nicht einmal den rosigen Mund
Deiner schönen jungen Frau geküßt, hast Dich bisher —"
wer brach die alte Dame plötzlich ab.
Heinrich hatte mit einer Meldung den Salon betreten, sie
entfernte sich infolgedessen mit ihm und ließ ihren Sohn
allein zurück, der seine Wanderung durch den Salon
sortsetzte-
Die vom Verhängniß ausersehene Lauscherin befand sich,
todtenbleich am Thürpfosten lehnend noch immer auf ihrem
Platze und preßte die krampfhaft verschlungenen Hände in
wildem Weh auf das zuckende Herz. Kein Wort der Unter-
redung war ihr entgangen. Ihre soeben aufkeimende Hoff-
nung hatte den Todesstoß erhalten. Sie wußte nun, warum
ihr Albrecht die bereits vertrauten Räume angewiesen hatte,
es war geschehen, weil er sie nicht in denen seiner ersten
angebeteten Frau sehen mochte. O, Thörin, die sie war!
Sie hatte glauben können, es geschehe aus Fürsorge um sie!
Sie fühlte nun, daß sie seine Liebe nie besitzen werde, sie
wußte aber auch, daß sie nun und nimmermehr den Ver-
such machen würde, sie zu erringen; davor bewahrte sie ihr
Stolz!
Plötzlich hörte sie, daß sich ihr Gatte nach der Thür
wandte, sie nahm alle Kraft zusammen, um ihm ruhig
begegnen zu können.
Albrecht schlug die Portieren zurück und trat ihr schnell
entgegen, er glaubte, sie habe soeben erst das Zimmer be-
treten, um in den Salon zurückzukehren.
„Ah, Rosaly, da bist Du ja, ich wollte Dich soeben holen,
nun, was macht der Junge, schläft er?"
„Er schläft !" entgegnete sie tonlos.
Albrecht war dicht vor ihr stehen geblieben, das Zimmer
ward nur durch die voll hereinfluthenden Mondstrahlen matt
erleuchtet. In dem Halbdunkel sah er nicht, wie geisterhaft
bleich das liebliche Gesicht seiner jungen Frau war und
welch bitterer, schmerzlicher Zug sich um ihre Lippen legte.
Er blickte auf ihr im Mondschein wie Silber flimmerndes
Haar hernieder. Wie einer plötzlichen Eingebung folgend,
beugte er sich zu ihr, schlang seine Arme um sie und drückte
einen Kuß auf ihre bebenden Lippen.
. (Armn Augenblick war die junge Frau wie erstarrt. Als
ledoch Albrecht nun die Liebkosung wiederholen wollte, kam
Vwblich Leben in sie. Sie bog schnell den Kopf zurück
und stieß ihren Gatten mit einer fast heftigen Bewegung
von sich.
„Laß das, Albrecht" — sagte sie mit fast rauh klingender
Stimme — „ich liebe Zärtlichkeiten nicht, hörst Du? — und
ich bitte Dich, mir gegenüber nie den „zärtlichen Gatten"
spielen zu wollen!"
Betroffen blickte Albrecht auf seine junge Frau, die er
bisher nur sanft und freundlich entgegenkommend kannte und
die ihm jeßt so heftig erregt gegenüberstand.
„Ich will mich nach meinen Zimmern zurückziehen, die
Reife hat mich angegriffen. Wo ist Mama, ich möchte ihr
Gute Nacht sagen?" setzte sie mit völlig beherrschter
Stimme hinzu.
„Hier bin ich, mein Töchterchen!"
(Fortsetzung folgt.)
Stadttheater.
Heidelberg, 1. November.
„Ein Rabenvater", Schwank von Fischer und Jarno.
„Der arme Poet", das alte thränenüberschwemmte Trauerspiel,
wäre heute recht gut als Tagesparodie aufführbar. Der „arme
Poet" von einst: Dachkammer, zerrissene Strohstühle, und in
diesem Milieu ein verhungerter, hohlwangiger Greis. Talglicht
in einem Flaschenhals, die Tinte eingefroren. Der arme Poet
von heute: türkischer Rauchsalon, der Dichter auf dem Divan,
dem blauen Rauch seiner Henry Eley nachsinnend: „wo legt man
all' das viele Tantismengeld an bei dem niedrigen Zinsfuß?"
Eine gute Idee ist heute die lucrativste, patentfähige Erfin-
dung.
Die Herren Jarno, ein Schauspieler vom „Deutschen Theater",
und ein anderer junger Schauspieler, Herr Fischer, den die
Heidelberger von seiner Wirksamkeit an unserer Bühne her wohl
noch in freundlicher Erinnerung haben, hatten eines Tages
— es war wohl eines Abends, — solch' eine Idee, sogar eine
brillante Idee, vielleicht beim Glase Wein, oder beim „echten"
oder gar einer „kühlen Blonde", und Heu5e haben sie sicherlich
die schweren Dichterstunden auf dem türkischen Divan durchzu-
machen: „wie legt man all' das schwere Tantismengeld an bei
dem niedrigen Zinsfuß?"