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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0076
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Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften

Erscheinungen richtige oder annäher ad richtige Erklärungen vorbringen,
z. B. des Regenbögens (s. unten). Seihe Forschung auf diesem Gebiete
setzte Theophrastos fort, von dem wir ein Bruchstück über Natur und
Ursprung der "Winde besitzen1 und eine interessante Abhandlung liege
orjueicov vdäteüv xal nvEVfiärcov- xal yhuiovow xal svdtcov, z. T. auf eigenen
Beobachtungen beruhend.2

Die Eigenschaft des Magneteisensteins (M&og rHgdxheiog oder Avdtog),
Eisen anzuziehen, war den Griechen seit dem V. Jahrh. bekannt; sie wußten
auch, daß Bernstein (fjXexrgov), wenn gerieben, leichtere Gegenstände an-
zieht, aber die Erklärungen mußten phantastisch sein.3

Innerhalb der Physik4 im modernen Sinne des Worts gediehen über-
haupt nur Mechanik und Optik, wo die Griechen in ihrer so hoch-
entwickelten Mathematik festen Boden unter den Füßen hatten. Der Nach-
folger des Theophrastos, Straten aus Lampsakos, machte zwar einen
energischen Versuch, eine Physik auf experimenteller Grundlage auf-
zubauen,5 fand aber keine Nachfolge, obgleich wir sonst auf mehreren
Gebieten seinen Einfluß verspüren: er wurde von Ptolemaios I. als Lehrer
des Thronfolgers nach Alexandria berufen.6

Wenn' man mit Recht vermutet hat, daß das IV. Buch der aristoteli-
schen Merecogoloytxd eine Jugendarbeit Stratons ist, hat er auch den ersten
Ansatz zu einer wissenschaftlichen Chemie geschaffen.7 Das Buch will
eine rationelle Erklärung der Wirkungen von Wärme und Kälte auf die
Materie geben ohne alle Teleologie; es zeugt auch von nicht unbedeu-
tender Kenntnis praktischer Chemie (besonders in der Behandlung der
Metalle), die auch sonst für die Griechen feststeht;8 auch die Herstellung
des Alkohols scheint ihnen bekannt gewesen zu sein.9 Auch die Alchy-
misten sind im Besitz unverächtlicher Kenntnisse der Chemie. Sie haben
allem Anschein nach einen Destillationsapparat erfunden und waren da-
durch imstande, die chemischen Eigenschaften des Schwefels zu ent-
decken, u. a., daß Schwefeldämpfe das flüssige Quecksilber in festes
Zinnober verwandeln. Entdeckungen dieser Art werden den Glauben an
die Möglichkeit, andere Metalle in Gold zu verwandeln, hervorgerufen
oder wenigstens gestärkt haben und bildeten die empirische Grundlage
für die schwarze Kunst der Alchvmisten, die von Anfang an einen aber-

antiken Kommentaren in Au szug und guten
Anmerkungen), I—II, Leipzig 1834—36.
Meteorologisches auch in der aristoteli-
schen Sammlung der IIgoßXijluaTa (XXVI).

1 Fragm. V (Schneider, Theophrasti
Opp., Lips. 1818, I S. 757).

2 Fragm. A I. Kap.l: ä ,usv avzol tiqooxo-
Tirjoavtsg, a 8s Jtag' eregeov ovx äSoxi'/ncov ka-
ßövzsg. Neue Fragmente aus arabischer
Quelle Bergsträsser u. Boll, Hfeidelb.
Ak. Sbb. 1918 Nr. 9.

3 Henri Martin, Observations et theo-
ries des Anciens sur les attractions et les
repulsions magnetiques et sur les attrac-
tions electriques, Rom 1865; v.Urbanitzky,
Elektricität u. Magnetismus im Alterthume,
Wien 1887 (Kompilation).'

4 Rosenberger, Die Geschichte der
Physik, Braunschweig 1882. A. Heller,
Geschichte der Physik I, Stuttgart 1882.
Gerland, Geschichte der Physik, München
1913. J. G. Schneider, Eclogae physicae
I—II, Jena u. Leipzig 1801 (mit guten An-
merkungen).

5 Liels, Berl. Ak. Sbb. 1893 Nr. 9.

6 Diog. Laert. V 58.

7 J. Hammer-Jensen, Hermes L (1915)
S. 113 ff. Von Aristoteles ist das Buch
jedenfalls nicht. Vgl. Lorscheid, Aristo-
teles' Einfluß auf die Entwicklung der
Chemie, Münster 1872.

8 E. von Meyer, Geschichte der Chemie.
Leipzig 1889, S. 9 ff.

9 Diels, Berl. Ak. Abh. 1913 Nr. 3.
 
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