Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0090
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80

Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften

Licht nur y.ar ev-'&eTav sich bewegt, setzt der Schall die Luft in einem größeren
Umfang in Bewegung, so daß wir äxovofier navTayödev (XI 49, 58); das Echo
ist eine ävdxXaoi; (XI7, 23). Yitruvius (Y3,6) vergleicht die von der Stimme
(vox est splritus fluens aeris) hervorgerufene Bewegung der Luft mit den
unzähligen Kreisen, die ein hineingeworfener Stein im Wasser hervorbringt,
und die gestört werden, wenn sie auf ein festes Hindernis stoßen; daher
muß man beim Bau eines Theaters dafür sorgen, daß die Stimmen von
der Bühne ungehindert an alle Zuschauer kommen; das hätten die Alten
durch mathematische und musikalische Rücksichten erreicht (Y3, 7—8; 5, 1).
Die Lage muß sorgfältig gewählt werden, so daß sie keinen störenden
Nebengeräuschen ausgesetzt ist (Y8). Man hatte auch ein Mittel erfunden,
um den Schall zu verstärken: musikalisch abgestimmte Bronzegefäße (f)%eia)
wurden verdeckt in Hohlräumen des.Zuschauerraums angebracht (ausführlich
beschrieben1 von Yitruvius Y5, vgl. II, 9; Mummius hatte nach der Zer-
störung des Theaters in Korinth solche echea aenea als Beute mitgebracht
und im Dianatempel geweiht, s.Y 5, 8). Schon die aristotelischen Probleme
(XI 8—9) bemerken, daß es in einem Zimmer mehr Resonanz gibt, wenn
leere Tonkrüge zugedeckt darin vergraben werden. Daß bei großen über-
deckten Räumen die drei Dimensionen in einem einfachen mathematischen
Verhältnis zueinander stehen, hebt Yitruvius (Y 2) als auch für die Akustik
wichtig hervor.

2. Yitruvius beruft sich öfters auf Aristoxenos und seine musikalischen.
Theorien:2 er gibt eine kurze Übersicht der Hauptpunkte der harmonice,
die er als eine dunkle und schwierige Wissenschaft bezeichnet, besonders
wenn man die griechische Literatur nicht kennt (Y4). Yon der reichen
griechischen Literatur über mathematische Musiktheorie, die hier allein
in Betracht kommt, ist ziemlich viel erhalten.3

Daß die Py thagoreer früh auf die Abhängigkeit der Töne von einfachen
Zahlenverhältnissen aufmerksam geworden, kann nicht bezweifelt werden;
vermutlich sind sie eben durch diese Entdeckung auf ihre Lehre von der
Herrschaft der Zahl geführt worden.4 Seitdem gehört die Musiktheorie
zum Quaclrivium der Mathematik; Archytas hatte in seinem lAgjuovixög
von diesem ausgesprochen: rama rä jua'&rjjuara öoxovvrc rjfASv ädslqped.5 Yon
ihm und Eudoxos scheint die richtige Auffassung der Natur der Töne
als abhängig von der Bewegung der Luft herzurühren.6 Ein Experiment

1 Vgl. Terqüeai, La science Romaine
ä hepoque d'Auguste S. 118 ff.

2 Der Architekt soll sein non musiews
ut Aristoxenus sed non amusos (I 1.13):
als Quelle genannt V 4, 1; 5, 6.

'■• Gesammelt in Musici scriptores Graeci
rec. 0. Jan, Leipzig 1895 (mit einem Supple-
ment ebd. 1899, worin die erhaltenen Melo-
dien) ; S. 2—35 Aristotelis loci de musica.
S. 37—111 Pseudo-Aristotelis de rebus
musicis problemata. — Bojesen, De
harmonica scientia Graecorum. Hauniae
1833. Die griechische Musik hatte einen
wesentlichen Einfluß auf die altchristliche;
die ursprüngliche Kirchenmusik baut un-

mittelbar auf ihr und behielt die Namen
der griechischen Tonarten bei. Vgl. Ge-
vaert, Les origines du chant liturgique
de l'eglise latine, Gand 1890.

i 0. v. Jan, Musici Script. S. 120 ff. Vgl.
Tannery, MSc III S. 68 ff.: Du röle de la
musique grecque dans le developpement
de la mathematique pure. Bekannt ist ihre
Lehre von der Harmonie der Sphären, s.
Theon Smyrn. S. 138 ff. Vgl. 0. v. Jan, Phil.
LH S.32ff.

5 Diels, Fragmente der Vorsokratiker3
I S. 330 ff.

6 Theon Smyrn. S. 61.
 
Annotationen