tten
die
en.
0
hen1015/
1t10118/, 6
—
131°
180?/16
—
124.
u18 8
95%/z
95.50
219.40
—
uo 4%
und
talt
olæ,
ruch bi$
kelheit.
3 Grad-
Samftag,
Berantwortl. Nebakteur Ph. Klauzner in Heidelberg.
Srideint täglig aufer Montag. Wbonnementaäpreis mit dem
wödent!. Unterhaltungsblatt ßf‘flt Heidelberg: monatlich 45 4
vu Trägerlohn, durgG die Roft hezogen viertelj. 1 —
ohne Zuſielungagẽbuhr.
20, auni.
Druc und Berlag von Wurm & Pfeffer in — :
Erpebition Brunnengaſſe .
Ameigen: die I-fpaltige Petitzeile oder deren Raum 5 3
für Auswaͤrts 10 . Neclame S Bei mehrmaligem
Abonnements⸗Einladung
auf das
„Henelherger Tageblatt.“
S Mit dem 1. Jult beginnt wieder ein neues
nartal auf unſere jetzt in ſehr großer Auf—
e erſcheinenden Zeitung, zu welchem wir hiermit
ergebenſt einladen. Der Preis ift der gleich
2 wie ſeither und betreizt einſchließlich des
teitrcuau mit „Berkeo“ vierteljähr—
.5 frei in’8 Haus gebracht Mk. 1.65 und bei der
Boft abgeholt nur ME 1,25.
A SBejtelungen nehmen unjere Agenten, alle Poſt⸗
— und Landbrieftraͤger, fowie bhier unjfere
rager und Trägerinnen entgegen.
Inſeratẽe finden billigſt berechnet die
Weitefte Verbreitung. Die Expedition.
Deutſches Keich
Berlin, 17. Juni. Als der Kronprinz heute
end mit dem goͤniß von Sachſen vom Bahnhofe
2 dem Sgoſſe fuhr, wurden am Brandenburger
hor die Pferde der Kronprinzlichen Equipage un
—— fonnten erft an der Ede der Wilbelms-
&Bmfie zum Stehen gebracht werden, wo daß eine
ferd Hürzte. Die bhohen Herrfchaften feßten die
abıt in dem, dem ihren folgenden Wagen des
2 Wilhem fort, ohne irgendwie Schaden ge-
men zu haben. — Der Chef der Admiralttaͤt,
eneral v. Caprivi, bringt zur Kenntniß der
eine Alerhöchſte Kabinétsordre, worin an-
** des Hinſcheidens des Prinzen Friedrih Karl
2 8 wirb, daß das Panzerſchiff „Prinz Friedrich
* während der Dauer der Beiſetzungsfeierlich⸗
A die Raaen über Kreuz zu toppen, die Flagge
Und das Kommandozeichen fowte Göſch haldſtoͤcks
Hiffen und ein Trauerfalut von 21 Schuß zu
— hat. — Seine Majeſtaͤt der Raiſer iſt von
* Trauerkunde vom Ableben des Feldmarſchalls
* Manteuffel welche Seiner Majeftät heute Vor⸗
ſttag uͤberbracht wurde, auf's tieffte erfchüttert.
2* die Verhaliniſſe kennt, der weiß, daß der Mo-
2 einen ihm heſonders ergebenen treuen Freund
tloren hat Die Tochter de8 Feldmarſchalls,
bei ihm; ſeine Söhne, Edwin und Job, ſind aus
Poſen und Potsdam ſofort nach Karisbad berufen
worden.
Berlin, 17. Juni. Saͤmmtliche Abendblätter
Inüpfen an den Tod des Generalfeldmarſchalls von
Nanteuffel laͤngere Betrachtungen, in denen zunaͤchſt
hauptſächlich der Trauer um den Verluft eines
verdienten Heerfuhrers Ausdruck gegeben wird; die
Würdigung der politiſchen Wirkſamkeit des Verſtor⸗
benen behalten ſich die Blätter vor. Der Kaiſer,
der noch unter den Folgen ſeiner letzten Krankheit
und des Todes des Fürften von Hohenzollern und
des Prinzen Friedrich Karl leidet, foll durch die
neueſte Trauerbotſchaft ſchwer angegriffen worden
ſein. — Worgen findet die regelmaßige Plenar⸗
ſitzung des Bundesraths ſtatt. Auf der Tagesord⸗
nung ſtehen neben kleineren Vorlagen der Antrag
des Reichgkanzlers auf weitere Ausprägung von
Heineren Münzen und der Antrag Sachſens auf
Verlaͤngerung des kleinen Belagerungszuſtandes über
Leipzig und Umgegend. Dann folgi ein Bericht
des Ausſchuſſes uͤber die Impffrage. Von den
übrigen 16 Nummern der Tagesordnung betreffen
die meiſten Zollſachen und private Eingaben. —
Geſtern wurden im landwirthſchaftlichen Miniſterium
die Grundzuͤge einer Uebereinkunft zwiſchen den
deutſchen Rheinuferſtaaten und der Schweiz und
Holland unterzeichnet, welche der Lachsfiſcherei im
hein und ſeinen Nebenflüffen einen regelmaͤßigen
Schutz und gleichmaßige Pflege ſichern ſoll.
Heute Vormittag hat wieder eine Sitzung der Lan⸗
desvertheidigungskommiſfion ſtattgefunden, an der
auch der Kronprinz Theil nahm. Im „Reichs⸗
anzeiger“ wird der Staatsvertrag publizirt zwiſchen
dem Deutſchen Reich und Oeſterkeich⸗Ungarn wegen
Herſtellung der Eiſenbahnverbindungen don Mittel⸗
ftein nach Ottendorf (Braunau), von Hannsdorf
über Lindewieſe nach Ziegenhals, von Lindewieſe
über Barzdorf (Geinersdorf nach Ottmachau und
von Ratibor nach Troppau.
Potsdam, 18 Juni. Die feterliche Einſegnung
der Leiche des Prinzen Friedrich Karl hat heute
Vormittag nach 11 Uhr ſtattgefunden. Um 11 Uhr
15 Minuten erſchienen der Kronprinz in Vertretung
des Kaiſers, der König von Sachſen, die Kronprin?
zeſſin die Landgräfin von Heſſen, der Prinz von
1885.
zog und die Erbgroßherzogin von Oldenburg, der
Herzog und die Herzogin von Connaught, Prinz
und Prinzeſſin Wilhelm, Prinz und Prinzeſfin Albrecht
von Preußen, ſowie die zur Beiſetzfeier eingetroffenen
fürſtlichen Gaͤſte. Ferner das diplomatlſche Corps,
die Staatsminiſter, der Generalität, mehrere mili⸗
litäriſche Abordnungen u. ſ. w. Der Sarg war
mit zahlloſen koſtbaren Spenden überdedt; die
Kirche war bis zum letzten Platz gefuͤllt. Ober⸗
cvnſiſtorialrath Hofprediger Dr. Koͤgel hielt die
Gedächtnißrede. Hierauf ließen ſich die Hetrſchaften
an dem Sarge zu einem ſtillen Gebete auf die
Kniee nieder. Der Sarg wurde dann auf einen von 8
Pferden gezogenen Leichenwagen gehoben, worauf
ſich der Zug um 12 Uhr 10 Minutẽn nach Nikolske
in Bewegung ſetzte. Die Beiſetzung daſelbſt hat in
aller Stille in dem engſten Kreiſe der löniglichen
Familie ſtattgefunden.
Baden-⸗Baden, 18 Juni. Die Kalferin hat
heute Nachmittag 2 Uhr Baden⸗Baden verlaſſen,
um ſich nach Coblenz zu begeben. Der Großher—
zog und die Großherzogin und der Erbgroßherzog
begleiten ihre Majeſtät bis Karlsruhe.
Düſſeldorf, 18. Juni. Der Geſchichtsmaler
Profeſſor Wilhelm Chamhauſen iſt heute Vormittag
an einer Lungenlähmung gefto. ben.
Oeſterreicheungarn.
Wien, 17. Juni. Brünn iſt ſeit geſtern
der Schauplatz wilder Auftritte. Geſtern früh ſtell⸗
ten die melſten Arbeiter die Arbeit in und am
Abend ſollten die Säumigen gezwungen werden,
ein gleiches zu thun. Vor den betreffenden Fabriken
ſammelten ſich die Arbeitermaſſen und fingen ihr
Zerſtörungswerk mit Steinwürfen an. Die Poltzei
erwies ſich zu ſchwach und holte die Hilfe des
Militärs herbei. Ueber die nun folgenden Vorgänge
berichtet die „Neue Freie Prefje“: Um halb 8 Uhr
ruͤckte endlich eine Compagnie Iäger an. Der
eommandirende Oberſtlieutenant ließ die Mannſchaft
im Sturm vorgehen, wobei dieſelbe anfaͤnglich mit
Steinen beworfen wurde. Während mehrere Ver⸗
haftungen mit Anwendung der größten Gewalt vor⸗
genommen wurden, ließ der Commandant angeſichts
der drohenden Haltung der Menſchenmaſſen die Ge—
wehre „zum Schießen fertig“ nehmen. Dies ſchüch—
terte die Ruheſtörer ein und die Verhafteten, welche
Gewagtes Spiel, oder der Lampf
um eine Million.
(9, Fortſetzung.)
Das volt fand ein bei weitem groͤßeres Ver⸗
Bhügen an Schauftelungen aller Art, al8 in unjern
wo Jeder mehr oder weniger ſich berufen
— handelnd mit auf der Bühne des politiſchen
er ſozialen Lebens zu erſcheinen. Es war dieſen
zuten daher möglich, als Athleten, Taſchenſpieler,
Werefahrer Bauchredner u. ſ. w. bald an
G‘fem‚ bald an jenem Orte unter den verſchiedenſten
2 alten aufzutauchen, unter dem Dedmantel ihres
geblichen Gewerbes Verbrechen zu begehen und
4 deni Arme der ſtrafenden Gerechtigkeit zu ent⸗
hes der damals ihre mächtigſten Verbuͤndeten,
* Eiſenbahnen und der elektrijche Funken des
— noch nicht zur Seite ftanden. Trotz⸗
* die Einwohnerzahl von Berlin fich heute gegen
— fünfzig Jahren beinahe um das Zehnfache ver-
8 hai, wäre die Eriftenz einer ſolchen Bande
4 langere Zeit daſelbſt weit weniger möglich als
@, Konnte doch zu jener Zeit ein Schinder⸗
ee⸗ und Genoſſen und anderes ähnliches Ge⸗
8 lange geit ungeſtraft ihr heilloſes Weſen
l Die Bande vom gartenſpiel war um ſo gefähr—
38 als in ihr ſich die verſchiedenſten Kräfte und
Witeiten vereinien und von einem oder eigent⸗
* bon zwei Koͤpfen geleitet wurde, welche mit
| . "Micer Lift, rücfichtsloje Kühnheit verbanden
und jede menſchliche Regung als einen überwundenen
Standpunlt betrachteten. Wie haben den Leſern
dieſe beiden Perſönlichkeiten bereits vorgeſtellt und
brauchen ihr Bild nur noch durch einige Striche zu
vervollſtändigen.
Das eigentliche Haupt der Bande, der elegante
junge Mann, Heinrich Fahlteig, deſſen linke Band
ſtets mit dem Handſchuh bedeckt war, hatte, wie
wir bereits geſehen haben, ſeinen Brief an Fräulein
von Benkendorf „Pique⸗Aß“ unterzeichnet und war
auch den Meiſten ſeiner Bande und ſeines Gelichters
faſt nur unter dieſem Namen bekannt. Er hatte
Medizin und Chirurgie ſtudirt, wandte aber die er—
langte Kenntniſſe und Fertigkeiten nicht an, um
Leben zu erhalten und Leiden zu lindern, ſondern
im Gegentheil, wenn ſein Vortheil es nicht gerade
wie in dieſem Augenblick der ohnmaͤchtigen Dame
gegenüber anders erheiſchte, zu gemeingẽfährlichen
Zwecken.
Unterſtuͤtzt ward er in der Ausübung ſeines ehe⸗
maligen Berufes auf ſeine Weiſe durch Grunert,
genannt „Pique⸗Zehn“, einem ehemaligen Apotheker
und Droguiſten, von ſeinen Gefaͤhrten auch zuweilen
in zarter Anſpielung auf das, was ihn zuerſt mit
dem Strafgeſetz in Collifion gebracht und einige
Jahre Zuchthaus eingetragen hatte, Herodes oder
Kindesmörder genannt Er war uͤbrigens auch ſtark,
kräftig und gewandt und noch in vielen andern
Fächern zu Hauſe.
Louis Ludemann, „Pique-König“ genannt, der
ehemalige Advokatenſchreiber, hatte eine ſo lange
Schule von Abenteuern und Verbrechen hinter fich,
daß deren Aufzaͤhlung und Schilderung für fich
allein einen Roman bilden würden. Wir begnügen
uns daher, ihn als den Rathgeber und Weiſen der
Bande vorzuſtellen, die ihn auͤch wohl ihren Salo—
mon nannte. Vermöge ſeines Alters und ſeiner
Erfahrung hätte er wohl Anſpruch gehabt, das
Haupt der Bande zu ſein, er hatte ſich jedoch frei:
willig mit dem zweiten Range begnügt und den
erſten ſeinem Vetter uͤberlaſſen, den er als ſeinen
Zögling betrachtete und auf den er als ſolcher
ſtolz war.
Die drei andern hießen: Wilke, genannt Pique⸗
Acht; Lemke, genannt Pique Drei und Martin Koͤpke,
genannt Pique⸗Bube. Wilke war Schmied geweſen
und beſaß die Staͤrke eines Stieres, Lemke hat fich
in mehreren Fächern als Mufikant, als Kunſtſchloſſer
und Drechsler verſucht, Köpke endlich hatte nie ein
eigentliches Brodſtudium ergriffen, ſondern war ſo
zu ſagen ſchon als Eulenſpiegel, Gauner und
Taſchendieb zur Welt gekommen Er beſaß trotz
ſeines Buckels eine Gewandtheit und Geſchmeidigkeit
der Glieder, um die ein engliſcher Clown ihn hätte
beneiden können, konnte ſpringen und klettern wie
ein Affe und war boshaft wie ein ſolcher. Mit
Ausnahme von Pique⸗Aß waren ſie ſämmtlich ſchon
mehr als ein Mal beſtraft und hatten in den Akten
der Poltzei ihre beſonderen Hefte. Daß der Chef
bisher frei ausgegangen war, lag wahrlich nicht
an ſeiner Tugend, ſondern an ſeiner Verſchlagenheit
und an der Verſchwiegenheit und Klugheit ſeiner
Leute.
Der Salomo der Gauner unterhielt ſich mit
leiſer Stimme mit ſeinen in der Ecke befindlichen
würdigen Gefährten, um ſich von ihnen Bericht er—
ſtatten zu laſſen über die Umſtände, unter denen
die Ausführung ihres Handſtreichs gelungen war.
die
en.
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vu Trägerlohn, durgG die Roft hezogen viertelj. 1 —
ohne Zuſielungagẽbuhr.
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Druc und Berlag von Wurm & Pfeffer in — :
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Abonnements⸗Einladung
auf das
„Henelherger Tageblatt.“
S Mit dem 1. Jult beginnt wieder ein neues
nartal auf unſere jetzt in ſehr großer Auf—
e erſcheinenden Zeitung, zu welchem wir hiermit
ergebenſt einladen. Der Preis ift der gleich
2 wie ſeither und betreizt einſchließlich des
teitrcuau mit „Berkeo“ vierteljähr—
.5 frei in’8 Haus gebracht Mk. 1.65 und bei der
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A SBejtelungen nehmen unjere Agenten, alle Poſt⸗
— und Landbrieftraͤger, fowie bhier unjfere
rager und Trägerinnen entgegen.
Inſeratẽe finden billigſt berechnet die
Weitefte Verbreitung. Die Expedition.
Deutſches Keich
Berlin, 17. Juni. Als der Kronprinz heute
end mit dem goͤniß von Sachſen vom Bahnhofe
2 dem Sgoſſe fuhr, wurden am Brandenburger
hor die Pferde der Kronprinzlichen Equipage un
—— fonnten erft an der Ede der Wilbelms-
&Bmfie zum Stehen gebracht werden, wo daß eine
ferd Hürzte. Die bhohen Herrfchaften feßten die
abıt in dem, dem ihren folgenden Wagen des
2 Wilhem fort, ohne irgendwie Schaden ge-
men zu haben. — Der Chef der Admiralttaͤt,
eneral v. Caprivi, bringt zur Kenntniß der
eine Alerhöchſte Kabinétsordre, worin an-
** des Hinſcheidens des Prinzen Friedrih Karl
2 8 wirb, daß das Panzerſchiff „Prinz Friedrich
* während der Dauer der Beiſetzungsfeierlich⸗
A die Raaen über Kreuz zu toppen, die Flagge
Und das Kommandozeichen fowte Göſch haldſtoͤcks
Hiffen und ein Trauerfalut von 21 Schuß zu
— hat. — Seine Majeſtaͤt der Raiſer iſt von
* Trauerkunde vom Ableben des Feldmarſchalls
* Manteuffel welche Seiner Majeftät heute Vor⸗
ſttag uͤberbracht wurde, auf's tieffte erfchüttert.
2* die Verhaliniſſe kennt, der weiß, daß der Mo-
2 einen ihm heſonders ergebenen treuen Freund
tloren hat Die Tochter de8 Feldmarſchalls,
bei ihm; ſeine Söhne, Edwin und Job, ſind aus
Poſen und Potsdam ſofort nach Karisbad berufen
worden.
Berlin, 17. Juni. Saͤmmtliche Abendblätter
Inüpfen an den Tod des Generalfeldmarſchalls von
Nanteuffel laͤngere Betrachtungen, in denen zunaͤchſt
hauptſächlich der Trauer um den Verluft eines
verdienten Heerfuhrers Ausdruck gegeben wird; die
Würdigung der politiſchen Wirkſamkeit des Verſtor⸗
benen behalten ſich die Blätter vor. Der Kaiſer,
der noch unter den Folgen ſeiner letzten Krankheit
und des Todes des Fürften von Hohenzollern und
des Prinzen Friedrich Karl leidet, foll durch die
neueſte Trauerbotſchaft ſchwer angegriffen worden
ſein. — Worgen findet die regelmaßige Plenar⸗
ſitzung des Bundesraths ſtatt. Auf der Tagesord⸗
nung ſtehen neben kleineren Vorlagen der Antrag
des Reichgkanzlers auf weitere Ausprägung von
Heineren Münzen und der Antrag Sachſens auf
Verlaͤngerung des kleinen Belagerungszuſtandes über
Leipzig und Umgegend. Dann folgi ein Bericht
des Ausſchuſſes uͤber die Impffrage. Von den
übrigen 16 Nummern der Tagesordnung betreffen
die meiſten Zollſachen und private Eingaben. —
Geſtern wurden im landwirthſchaftlichen Miniſterium
die Grundzuͤge einer Uebereinkunft zwiſchen den
deutſchen Rheinuferſtaaten und der Schweiz und
Holland unterzeichnet, welche der Lachsfiſcherei im
hein und ſeinen Nebenflüffen einen regelmaͤßigen
Schutz und gleichmaßige Pflege ſichern ſoll.
Heute Vormittag hat wieder eine Sitzung der Lan⸗
desvertheidigungskommiſfion ſtattgefunden, an der
auch der Kronprinz Theil nahm. Im „Reichs⸗
anzeiger“ wird der Staatsvertrag publizirt zwiſchen
dem Deutſchen Reich und Oeſterkeich⸗Ungarn wegen
Herſtellung der Eiſenbahnverbindungen don Mittel⸗
ftein nach Ottendorf (Braunau), von Hannsdorf
über Lindewieſe nach Ziegenhals, von Lindewieſe
über Barzdorf (Geinersdorf nach Ottmachau und
von Ratibor nach Troppau.
Potsdam, 18 Juni. Die feterliche Einſegnung
der Leiche des Prinzen Friedrich Karl hat heute
Vormittag nach 11 Uhr ſtattgefunden. Um 11 Uhr
15 Minuten erſchienen der Kronprinz in Vertretung
des Kaiſers, der König von Sachſen, die Kronprin?
zeſſin die Landgräfin von Heſſen, der Prinz von
1885.
zog und die Erbgroßherzogin von Oldenburg, der
Herzog und die Herzogin von Connaught, Prinz
und Prinzeſſin Wilhelm, Prinz und Prinzeſfin Albrecht
von Preußen, ſowie die zur Beiſetzfeier eingetroffenen
fürſtlichen Gaͤſte. Ferner das diplomatlſche Corps,
die Staatsminiſter, der Generalität, mehrere mili⸗
litäriſche Abordnungen u. ſ. w. Der Sarg war
mit zahlloſen koſtbaren Spenden überdedt; die
Kirche war bis zum letzten Platz gefuͤllt. Ober⸗
cvnſiſtorialrath Hofprediger Dr. Koͤgel hielt die
Gedächtnißrede. Hierauf ließen ſich die Hetrſchaften
an dem Sarge zu einem ſtillen Gebete auf die
Kniee nieder. Der Sarg wurde dann auf einen von 8
Pferden gezogenen Leichenwagen gehoben, worauf
ſich der Zug um 12 Uhr 10 Minutẽn nach Nikolske
in Bewegung ſetzte. Die Beiſetzung daſelbſt hat in
aller Stille in dem engſten Kreiſe der löniglichen
Familie ſtattgefunden.
Baden-⸗Baden, 18 Juni. Die Kalferin hat
heute Nachmittag 2 Uhr Baden⸗Baden verlaſſen,
um ſich nach Coblenz zu begeben. Der Großher—
zog und die Großherzogin und der Erbgroßherzog
begleiten ihre Majeſtät bis Karlsruhe.
Düſſeldorf, 18. Juni. Der Geſchichtsmaler
Profeſſor Wilhelm Chamhauſen iſt heute Vormittag
an einer Lungenlähmung gefto. ben.
Oeſterreicheungarn.
Wien, 17. Juni. Brünn iſt ſeit geſtern
der Schauplatz wilder Auftritte. Geſtern früh ſtell⸗
ten die melſten Arbeiter die Arbeit in und am
Abend ſollten die Säumigen gezwungen werden,
ein gleiches zu thun. Vor den betreffenden Fabriken
ſammelten ſich die Arbeitermaſſen und fingen ihr
Zerſtörungswerk mit Steinwürfen an. Die Poltzei
erwies ſich zu ſchwach und holte die Hilfe des
Militärs herbei. Ueber die nun folgenden Vorgänge
berichtet die „Neue Freie Prefje“: Um halb 8 Uhr
ruͤckte endlich eine Compagnie Iäger an. Der
eommandirende Oberſtlieutenant ließ die Mannſchaft
im Sturm vorgehen, wobei dieſelbe anfaͤnglich mit
Steinen beworfen wurde. Während mehrere Ver⸗
haftungen mit Anwendung der größten Gewalt vor⸗
genommen wurden, ließ der Commandant angeſichts
der drohenden Haltung der Menſchenmaſſen die Ge—
wehre „zum Schießen fertig“ nehmen. Dies ſchüch—
terte die Ruheſtörer ein und die Verhafteten, welche
Gewagtes Spiel, oder der Lampf
um eine Million.
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Das volt fand ein bei weitem groͤßeres Ver⸗
Bhügen an Schauftelungen aller Art, al8 in unjern
wo Jeder mehr oder weniger ſich berufen
— handelnd mit auf der Bühne des politiſchen
er ſozialen Lebens zu erſcheinen. Es war dieſen
zuten daher möglich, als Athleten, Taſchenſpieler,
Werefahrer Bauchredner u. ſ. w. bald an
G‘fem‚ bald an jenem Orte unter den verſchiedenſten
2 alten aufzutauchen, unter dem Dedmantel ihres
geblichen Gewerbes Verbrechen zu begehen und
4 deni Arme der ſtrafenden Gerechtigkeit zu ent⸗
hes der damals ihre mächtigſten Verbuͤndeten,
* Eiſenbahnen und der elektrijche Funken des
— noch nicht zur Seite ftanden. Trotz⸗
* die Einwohnerzahl von Berlin fich heute gegen
— fünfzig Jahren beinahe um das Zehnfache ver-
8 hai, wäre die Eriftenz einer ſolchen Bande
4 langere Zeit daſelbſt weit weniger möglich als
@, Konnte doch zu jener Zeit ein Schinder⸗
ee⸗ und Genoſſen und anderes ähnliches Ge⸗
8 lange geit ungeſtraft ihr heilloſes Weſen
l Die Bande vom gartenſpiel war um ſo gefähr—
38 als in ihr ſich die verſchiedenſten Kräfte und
Witeiten vereinien und von einem oder eigent⸗
* bon zwei Koͤpfen geleitet wurde, welche mit
| . "Micer Lift, rücfichtsloje Kühnheit verbanden
und jede menſchliche Regung als einen überwundenen
Standpunlt betrachteten. Wie haben den Leſern
dieſe beiden Perſönlichkeiten bereits vorgeſtellt und
brauchen ihr Bild nur noch durch einige Striche zu
vervollſtändigen.
Das eigentliche Haupt der Bande, der elegante
junge Mann, Heinrich Fahlteig, deſſen linke Band
ſtets mit dem Handſchuh bedeckt war, hatte, wie
wir bereits geſehen haben, ſeinen Brief an Fräulein
von Benkendorf „Pique⸗Aß“ unterzeichnet und war
auch den Meiſten ſeiner Bande und ſeines Gelichters
faſt nur unter dieſem Namen bekannt. Er hatte
Medizin und Chirurgie ſtudirt, wandte aber die er—
langte Kenntniſſe und Fertigkeiten nicht an, um
Leben zu erhalten und Leiden zu lindern, ſondern
im Gegentheil, wenn ſein Vortheil es nicht gerade
wie in dieſem Augenblick der ohnmaͤchtigen Dame
gegenüber anders erheiſchte, zu gemeingẽfährlichen
Zwecken.
Unterſtuͤtzt ward er in der Ausübung ſeines ehe⸗
maligen Berufes auf ſeine Weiſe durch Grunert,
genannt „Pique⸗Zehn“, einem ehemaligen Apotheker
und Droguiſten, von ſeinen Gefaͤhrten auch zuweilen
in zarter Anſpielung auf das, was ihn zuerſt mit
dem Strafgeſetz in Collifion gebracht und einige
Jahre Zuchthaus eingetragen hatte, Herodes oder
Kindesmörder genannt Er war uͤbrigens auch ſtark,
kräftig und gewandt und noch in vielen andern
Fächern zu Hauſe.
Louis Ludemann, „Pique-König“ genannt, der
ehemalige Advokatenſchreiber, hatte eine ſo lange
Schule von Abenteuern und Verbrechen hinter fich,
daß deren Aufzaͤhlung und Schilderung für fich
allein einen Roman bilden würden. Wir begnügen
uns daher, ihn als den Rathgeber und Weiſen der
Bande vorzuſtellen, die ihn auͤch wohl ihren Salo—
mon nannte. Vermöge ſeines Alters und ſeiner
Erfahrung hätte er wohl Anſpruch gehabt, das
Haupt der Bande zu ſein, er hatte ſich jedoch frei:
willig mit dem zweiten Range begnügt und den
erſten ſeinem Vetter uͤberlaſſen, den er als ſeinen
Zögling betrachtete und auf den er als ſolcher
ſtolz war.
Die drei andern hießen: Wilke, genannt Pique⸗
Acht; Lemke, genannt Pique Drei und Martin Koͤpke,
genannt Pique⸗Bube. Wilke war Schmied geweſen
und beſaß die Staͤrke eines Stieres, Lemke hat fich
in mehreren Fächern als Mufikant, als Kunſtſchloſſer
und Drechsler verſucht, Köpke endlich hatte nie ein
eigentliches Brodſtudium ergriffen, ſondern war ſo
zu ſagen ſchon als Eulenſpiegel, Gauner und
Taſchendieb zur Welt gekommen Er beſaß trotz
ſeines Buckels eine Gewandtheit und Geſchmeidigkeit
der Glieder, um die ein engliſcher Clown ihn hätte
beneiden können, konnte ſpringen und klettern wie
ein Affe und war boshaft wie ein ſolcher. Mit
Ausnahme von Pique⸗Aß waren ſie ſämmtlich ſchon
mehr als ein Mal beſtraft und hatten in den Akten
der Poltzei ihre beſonderen Hefte. Daß der Chef
bisher frei ausgegangen war, lag wahrlich nicht
an ſeiner Tugend, ſondern an ſeiner Verſchlagenheit
und an der Verſchwiegenheit und Klugheit ſeiner
Leute.
Der Salomo der Gauner unterhielt ſich mit
leiſer Stimme mit ſeinen in der Ecke befindlichen
würdigen Gefährten, um ſich von ihnen Bericht er—
ſtatten zu laſſen über die Umſtände, unter denen
die Ausführung ihres Handſtreichs gelungen war.