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bietet. — Der Pariser Zahnarzt Evans ist gestern nach
Paris zurückgekehrt.
Berlin, 21. März. Die Operation des Kaisers
wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Kaiser unter-
zeichnete die Verlängerung der Legislaturperiode.
Berlin, 21. März. Die Bestimmungen über die
Hebungen des Beurlaubtenstandes für das
laufende Jahr werden in Broschürenform als Anlage zum
„Armeeverordnuugsblatt" veröffentlicht. Es wird unge-
ordnet, daß bei vier Armeecorps, nämlich dem 1. (preußi-
schen), 2. (pommerschen), 5. (posenschen) und 6. (schlesischen)
sämmtliche überhaupt übungspslichtige Reservisten in Höhe
von zusammen 61500 Mann eingezogen werden sollen;
bei den übrigen Armeecorps mit Ausnahme des Garde-
und 3. (brandend.) Corps sollen 40700 Mann der Reserve-
und Landwehr-Infanterie eingczogen werden. Es üben
also insgesammt 102 200 Infanteristen gegen 104500 im
Vorjahre. Mit Hinzurechnung der Spccialwaffen beträgt
die Zahl aller einzuberufenden Mannschaften 123 723
Mann gegen 121814 im Vorjahr. Bei dem Garde- und
dem 3. (brandenb.) Armeecorps, welche Kaisermanöver
haben, finden Hebungen der Reserve und Landwehr der
Infanterie, Jäger, Feldartillerie und Pioniere in diesem
Jahre nicht statt. Die Dauer der Hebungen beträgt 12
Tage, kann aber für Reservisten durch die Generalcom-
mandos rc. bis zu 20 Tagen verlängert werden. Nur die
Mannschaften der Luftschisferabtheilung üben 28 Tage,
während die Uebungsdauer des Train besonders festgesetzt
wird. Hauptzweck der Uebungen bei der Infanterie und
den Jägern ist die Ausbildung mit dem neuen Gewehr,
weßhalb auch bei den Armeecorps, bei denen nicht sämmt-
liche Reservisten üben, in erster Linie diejenigen Reservisten
einzuziehen sind, die noch nicht mit dem Gewehr N 71/84
ausgebildet sind.
München, 21. März. Die Kammer berieth und
genehmigte heute die Vorlage wegen des Zinszuschusses
für die pfälzischen Eisenbahnen.
Schweiz.
Bern, 21. März. Der Nationalrath genehmigte die
Uebertragung der Strafgesetzgebung an den Bund mit 79
gegen 54 Stimmen.
GeßerZeich-KUg«W.
Wien, 21. März. Heute früh traf der König von
Rumänien, von Sigmaringen kommend, hier ein. Der
Kaiser begrüßte ihn persönlicb auf dem Bahnhof und fuhr
mit ihm zur Hofburg, wo der König einige Tage sein
Gast sein wird. Die Königin vomRumänien wird morgen
hier erwartet. — Wie man hört, wurde der serbische
Ministerpräsident, General Gruitsch, gestern Nachmittag
vom Kaiser in längerer Audienz sehr huldvoll empfangen.
Er setzte die Lage in Serbien auseinander und er wurde
eingeladen, heute mit dem König von Rumänien an der
Hoftasel theilzunehmen.
IrkKkMW.
Paris, 21. März. Das genaue Ergebniß der Ab-
stimmung für die von Tirard gewünschte einfache Tages-
ordnung zum Schlüsse der gestrigen Verhandlung über
Boulanger war: 339 Deputirte stimmten für die Re-
gierung und gegen Clemenceaus Antrag — davon waren
262 Republicaner nebst einigen Radicalen, wie Lockroy,
Goblet, Madier de Montjeau und 62 Mitglieder der
Rechten. Die 82 Deputirten, die gegen die einfache
Tagesordnung stimmten, bestanden aus 80 Radicalen, mit
Clemenceau an der Spitze, Boulangisten und 2 Jeromisten.
120 Abgeordnete betheiligten sich nicht an der Abstimmung,
davon 93 von der Rechten, worunter Cassagnac, 27 Ra-
dicale, darunter Laisant, Herisse, Granet, 35 Abgeordnete
waren mit Urlaub abwesend. Der Untersuchungsrath in
Sachen Boulangers wird nicht vor Samstag oder Montag

keinen Grund, sein Anwalt zu sein, aber Dein Wohl will
ich fördern. Du willst, jung wie Du bist, allein in die
Welt, einer ungewissen Zukunft cntgegengehen, während
der Baron Dir zwei Vorschläge macht. Du gehst mit ihm
ins Ausland, inzwischen macht er in X. seine Vermählung be-
kannt, und nach einem Jahr kehrt Ihr nach der Residenz zurück."
„Ah — gut! vortrefflich! Die Angst giebt ihm den
verlockenden Plan ein. Schreib ihm, er solle sich meiner
letzten Worte erinnern! Ich halte ihn nicht für würdig,
mein Gatte zu sein! Das Loos der Armen aus Nizza
will ich nicht theilen. So laß mich denn den zweiten
Vorschlag hören!"
„Der lautet: gänzliche Trennung!"
„Ah!" ließ es sich von Paula's Lippen vernehmen,
„siehst Du, nach dem Vorspiel kommt die Tragödie.
Gänzliche Trennung, das heißt Scheidung durchs Gericht.
Das ist es — und das geschieht nie!"
„Wenn Du in die Scheidung willigst," fuhr Rudolf
fort, der den unheilvollen Riß zwischen den Gatten bereits
erkannte, erhälst Du zwei Güter in Oberbaiern, und —"
„Nicht weiter, Rudolf!" rief Paula. „Sag ihm, die
Antwort hierauf werde ich ihm selbst geben, wenn uns der
Kreislauf der Zeit wieder zusammenführt! Und nun ver-
derben wir uns mit dem Thema nicht die letzten Stunden
unseres Beisammenseins," fuhr sie gleichgültiger fort, „laß die
verlorene Sache fallen und sprechen wir von Dir und Sophie!"
In diesem Tone blieb sie, und Rudolf sah sich ge-
zwungen, die Angelegenheit ruhen zu lassen.
Die Stunde des Abschieds kam. Weinend hing Sophie
am Hals der ernsten Schwester.
„Wann werden wir Dich Wiedersehen?" fragte
Rudolf bewegt, als Paula auch von ihm Abschied nahm.
Sie sah gen Himmel, von dem dichte Schneeflocken
herunterfielen. „Wenn meine Kräfte sinken sollten, so
werde ich in Eurer Mitte Stärkung suchen."
So ging sie fort, und der dicht herunterfallende
Schnee verhinderte zwischen den Getrennten noch den
letzten Scheideblick. (Fortsetzung folgt.)

zusammentreten, da ein von demselben geladener Officier
erst nach drei Tagen erscheinen kann. Boulanger hat er-
klärt, er werde nur dann vor dem Untersuchungsrath er-
scheinen, wenn derselbe nicht aus den Generälen zusammen-
gesetzt würde, die ihm feindlich gesinnt seien. Falls Bou-
langer sich nicht stellt, wird der Unkersuchungsrath in
seiner Abwesenheit über ihn sein Urtheil fällen.
Paris, 21. März. Die gestrige Sitzung war eine
der aufgeregtesten, welche die französische Deputictenkammer
seit langem erlebt. Sie hinterläßt als allgemein fest-
stehenden Eindruck, daß Boulanger nunmehr ein ver-
lorener Mann ist. Mit Ausnahme Laguerres wagte Nie-
mand, ihn zu vertheidigen. Die Verhandlung bewies, daß
Regierung und Parlament entschlossen sind, mit Boulanger
ein Ende zu machen. Daß der militärische Untersuchungs-
rath sich gegen Boulanger aussprechen wird, ist kaum
zweifelhaft, zumal Boulanger in den neuerdings veröffent-
lichten Briefen offen die Regierung und den Kriegsminister
angrcift und damit einen neuen Verstoß gegen die Dis-
ciplin begeht.
KugltMö
London, 21. März. Die Königin empfing gestern
den in außerordentlicher Sendung von Berlin hier einge-
troffenen preußischen General Frhrn. v. Los, welcher die
Thronbesteigung des Kaisers Friedrich anzeigte.
Kgypten.
Kairo, 18. März. Dem gestern in der deutschen
Kirche abgehaltenen Trauergottesdienste für den verstorbenen
Kaiser Wilhelm wohnten Prinz Hussein als Vertreter
der Khedive, Sir E. Baring, sämmtliche Vertreter der s
fremden Mächte, General Dornier und der Stab der Be- l
satzungstruppen, Ghazi Mukhtar Pascha, die Minister und
ersten Beamten, sowie zahlreiche Europäer bei. Die Ca-
pelle des wallisischen Regiments spielte Trauermärsche und
Choräle. Die Feier war eine erhebende.
Amerika.
New-Jork, 21. März. Von den Geistlichen an den
hiesigen deutschen Kirchen wurden gestern Abend Trauer-
gottesdienste für den verstorbenen Kaiser Wilhelm ab- c
gehalten, die sehr zahlreich besucht waren.
AuS Nah und Fern.
* Karlsruhe, 21. März. Der reiche Blumenschmuck
am Sarge Kaiser Wilhelms ist bekanntlich auch durch
liebevolle Spenden aus unserer badischen Heimath vermehrt
und verschönt worden. Wie man nun vernimmt, hat be-
sonders ein kostbares Blumengewinde die Aufmerksamkeit
erregt, welches von den Damen der Karlsruher Hofgesell-
schaft niedergelegt war. Weithin fielen die prächtigen
Kranzspenden in's Auge, welche Prinz und Prinzessin
Wilhelm, sowie Prinz Karl von Baden gewidmet haben.
Der herrliche Blumenschmuck, welchen der Großherzog und
die Großherzogin spendeten, fand bereits Erwähnung.
* Karlsruhe, 21. März. Nach einer von Berlin
hierher gelangten Weisung findet morgen Abend 6 Uhr,
am Geburtstag unseres Heimgegangenen Kaisers, in der
Schloßkirche ein Trauergottesdienst statt. Leider kreuzt
sich diese Anordnung mit der von der Stadt ausgehenden
allgemeinen Trauerfeier in der Festhalle.
* Eberbach, 21. März. Der Neckargau-Militärver-
band hat folgendes Beileidsschreiben an den Vorstand des j
Badischen Militärverbandes Excellenz Generallieutenant v. -
Degenfeld abgesandt, welcher dasselbe unserm geliebten
Landesfürsten persönlich überreichen wird: „Durchlauchtigster
Großherzog! Allergnädigster Fürst und Herr! Auf die
Trauerbotschaft des unerwarteten und plötzlichen Hinscheidens
des hoffnungsvollen und in voller Jugendkraft stehenden
Sohnes, des Prinzen Ludwig, das unser fürstliches Haus
mit so namenlosem Schmerz erfüllen mußte, erfolgte leider
allzubald, die weltcrschütternde Nachricht von dem Tode
Sr. Majestät des deutschen Kaisers, den mit Eurer König-
lichen Hoheit ganz Deutschland beweint und betrauert.
— Die Vereine des Neckargau-Militärverbundes fühlen
sich gedrängt ein Zeichen ihrer schmerzlichen und auf-
richtigen Theilnahme zu geben, da diese Trauer eine so
große und gerechte ist, daß sie in den Herzen aller Badener,
sowie aller Deutschen die innigste Theilnahme finden muß.
Möchten Eure Königliche Hoheit Trost darin finden, daß
es eine höhere Macht war, die diese Wunden geschlagen
hat und möchte daher der Glaube Stärke geben, daß auch
eine höhere Macht diese Schmerzen wieder mildern kann.
Mit diesem Wunsche verharren in tiefster Ehrfurcht Eure
Königliche Hoheit gehorsamst ergebene Vereine des Neckar-
gau-Militärverbandes gez. Knecht. Sorgenfrei). Gütschow."
* Eberbach, 21. März. Am nächsten Samstag, den
24. d. Mts., Nachmittags 2 Uhr, findet in dem Lehr-
zimmer des Herrn Meichelbeck hier eine freie Lehrercon-
ferenz mit folgender Tagesordnung statt: 1) Vortrag des
Herrn Hauptlehrer Gamer über „Deutschnationale
Erziehung." 2) die Lehrerbibliothek. 3) Einzug der rück-
ständ. Pestalozzibeiträge.
* Bretten, 17. März. Der Geschäftsbericht des
Vorschußvereins Bretten e. G. für das Jahr 1887 stellt
fest, daß auf Jahresschluß betragen haben: die Mitglieder-
zahl 2011, der Reservefond 92075 Mk., die Stamman-
theile 533 887 Mk., die Kapitaleinlagen 692 359 Mk.,
die eigenen Kapitalien gegenüber den fremden 42,6 Proc.
* Freiburg, 20. März. Nach einer kürzlich erfolgten
Bekanntmachung der Direction unserer neuen psychia-
trischen Klinik zählt dieselbe nun 80 Patienten und hat
also schon den für sie in Aussicht genommenen Kranken-
bestand erreicht. Es können deshalb von jetzt ab nur noch
Geisteskranke Aufnahme finden, wenn ihretwegen vorher
die nöthigen Schritte beim Bezirksamte geschehen sind.
* Frankfurt, 20. März. Den „N. N." wird von
hier geschrieben: „Der Silberdieb, welcher seit 1885 hier
sein Wesen treibt, hat nach polizeilicher Feststellung im
Ganzen 32 Einbruchsdiebstähle verübt. Auch auswärts

hat er, wie die Polizei mit Bestimmtheit vermuthet, „ge-
arbeitet" und ist mit der Person identisch, welche zuletzt
am 9. Januar in Seligenstadt, am 13. Januar in Hom-
burg v. d. H. und am 15. Januar in Worms Silber-
diebstähle beging, welche durch die Aehnlichkeit in der
Ausführung mit den hier verübten ausficlen. Es ist immer
dieselbe Findigkeit im Ausspähen der Gelegenheit, dieselbe
technisch feine Fertigkeit in der Handhabung der Diebes-
werkzeuge, dieselbe große Sicherheit bei der Ausscheidung
der ächten von den nnächten Gold- und Silbei fachen.
* Würzburg, 20. März. Das Chorpersonat unserer
Bühne beabsichtigt, wie man hört, gemeinsam mit den
Orchestermitgliedern und dem technischen Personal ein Bitt-
gesuch um Vergütung des durch die Landestrauer ent-
standenen Lohnausfallcs an den Magistrat zu richten. Die
bedauernswerthen Leute haben einen vollen Wochenlohn
einbüßen müssen, und da sie bekanntlich sammt und sonders
keine Fähigkeit zum Cvuponschneiden besitzen, so werden
die Väter der Stadt hoffentlich ein menschlisch Rühren
fühlen und die für den guten Zweck erforderlichen wenigen
hundert Mark bewilligen.
* Aus Baden, 21. März. In der Kinzig bei der
Fußbacher Brücke wurde von Landwirth Zapf aus
Schönberg ein Fischotter männlichen Geschlechts im Ge-
wicht von 24 Pfund und 1 M. 25 Cm. Länge erlegt.
Es ist dies schon das zweite Raubkhier dieser Art, das
Zapf in diesem Winter tödtete. — In Kön dringen
Hal sich der 6ljährige Landwirth A. Z. wegen mißlicher
Vermögensverhältnisse erhängt. — In Grunern siel der
Landwirth H. vom Heustock in die Scheuer und starb an
den Folgen dieses Falles bald darauf.
Vermischtes.
— sRäths elhafter Mord. s Aus Triest, 18. März
wird gemeldet: Eine grauenhafte Mordthat wurde heute
entdeckt. Am 5. Januar d. I. verschwand auf geheimniß-
volle Weise ein Angestellter des hiesigen Großhandlungs-
hauses Jakob Eisner, ein siebzehnjähriger Jüngling,
Namens Grimme. Derselbe wurde von dem gegenüber
der Eisenbahnstation gelegenen Comptoir mit einem Check,
auf 600 fl. lautend, in die Kreditanstalt zum Einkassiren
geschickt. Als er zu lange ausblieb, wurden Nachforschungen
eingeleitet und man erfuhr, daß Grimme den Check ein-
kasstrt hatte und dann spurlos verschwunden war. Man
befürchtete gleich ein Unglück, da Grimme das vollste Ver-
trauen seines Hauses genoß, allein alle Nachforschungen
der Polizei blieben vergebens. Gestern langte aus Pest
ein telegraphisches Aviso an die hiesige Polizei, daß ein
daselbst wegen Crida Verhafteter die Anzeige gemacht habe:
Man werde in Triest vin Baldirio 15 in einem Zimmer
des ersten Stockes den Leichnam eines jungen Mannes
finden. Eine polizeiliche Commission begab sich sofort dahin
und fand in der Thal in einem Koffer den Leichnam eines
jungen Mannes. Derselbe wurde als der des jungen
Grimme agnoscirt. Der Tod erfolgte durch Erdrosselung.
Ucber die Details der That schwebt absolutes Dunkel.
— (Eine grauenhafte Entdeckung ist soeben
von der Par iser Polizei gemacht worden. Vor mehreren
Jahren ließen sich zwei Frauen in der Pariser Vorstadt
Vaugirard nieder und eröffneten hier ein Heim für Waisen
und andere Kinder. Bald hatten sie eine größere Anzahl
von Zöglingen in ihrem Hause, die theilwcise eine recht
anständige Pension bezahlten. Doch nicht zufrieden damit,
gingen die Damen von Haus zu Hans, um Gaben für
eine „milde Stiftung" cinzusammeln. Und diese flössen ihnen
auch überreichlich zu. Indessen kam letzthin die Sache
einem der Spender verdächtig vor, und er veranlaßte die
Polizei, eine Haussuchung bei den Damen vorznnehmen-
Dieselbe fand in Gegenwart eines Untersuchungsrichters
statt und förderte grauenerregende Dinge zu Tage. Die
armen Kinder, deren ungefähr 46 sich in dem Pensionate
befanden, wurden in einem schrecklichen Zustande aufge-
funden. Unaufhörliche Arbeit hatte ihre Körper so ver-
unstaltet, daß die meisten einen gebeugten Rücken hatten
und sich kaum aufrecht zu erhalten vermochten. Die Nah-
rung, die ihnen geboten wurde, war eine ekelerregende und
bei Weitem auch quantitativ unzureichende. Ihre „Schlaf-
ställe" waren in vor Schmutz starrenden nassen Schuppen
eingerichtet und ihre Lager bestanden einzig in einem Bunde
halboerfaulten Strohes. Aber damit waren die Entdeckungen
der Behörden noch nicht abgeschlossen. Als die Beamten
nämlich sich entfernen wollten, hörten sie plötzlich aus einem
Verschlage dumpfe Klagelaute dringen. Sie befahlen, zu öffnen,
i aber die Vorsteherinnen, am ganzen Körper zitternd, behaup-
z teten, sie hätten den Schlüssel zu diesem Verschlage verloren.
Darauf lies man die Thür desselben sprengen, ein schreck-
s kicher Anblick bot sich den Eintretenden. Ein armes altes
Geschöpf lag in demselben, hilflos die Eindringlinge an-
blickend. Sein Leib war mit verfaulenden Lumpen bedeckt.
Alles starrte von Unrath und Schmutz in diesein Raume,
in den kein Lichtstrahl zu dringen vermochte. Es wurde
constatirt, daß die Unglückliche ein Fräulein von St.
Andre sei, welche von den beiden Betrügerinnen in ihr
Haus gelockt, ihres Geldes beraubt und in dem lichtlosen
Verschlage seit Monaten cingesperrt war. Da sie in Folge
eines Unfalls ihre beiden Beine verloren hatte, hatten die
Nichtswürdigen ihr beide Holzbeine, die sie trug, abge-
schraubt, um sie an jeder Bewegung zu hindern. Auch
ihre Gesellschaftsdame wurde in einem ähnlichen Zustande
in einem andern Verschlage des Hauses gefunden. Ueber-
dies entdeckte man den Leichnam einer alten achtzigjährigen
Dame, der bereits in Verwesung übergegangen war. Die
Vorsteherinnen behaupten, daß diese ihre „Pensionärin"
eines natürlichen Todes gestorben sei, und daß sie nur
aus Schonung für die Familie dieselbe noch nicht von
diesem Abscheiden in Kenntniß gesetzt hätten. Die beiden
- Elenden sind natürlich sofort hinter Schloß und Riegel
! gebracht worden, um der Jury vorgeführt zu werden.
 
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