k. 1.25 ohne Zustellungsgebühr.
Anzeigen: die-l-spalttge Petitjeik ,»« »e»m Raum für «iS«
Worts 1V Pfg., Lokalanzeige« 8 W»., Stellengesuche und
WohnungS-Anz. 3 Pfg., Reclam« SO Pfg. Bei mehren. Erschein,
bedeutenden Rabatt. GrattS-Berbreitt», durch Mauer-Anschlag.
scheint täglich außer Montag. AdonnementspreiS mit
em wöchentl. Unterhaltungsblatt „Bll Heidelberg", für Heidel-
"g: monatlich 50 Pfg. mit Tragerlohn, durch die Post be-
zogen viertelj. Mk. 1.25 ohne Zustellungsgebühr.
derkündigungs-Blatt för die KeMe Heidelberg, Meinheim, Schwetzingen, Wiesloch, Sinsheim, Sppi
Buchdruck«-, und Expeditton. Brunnmgaffe 24. Walldörv, Adelsheim, Rurberg, Tanberbischofsheim und Werth
vßki, Mosbach, Neckarbischofshri«, Sberbach, Koches
kM. Buchdruckerei und LKebitime: Brumiengaffe L4°
M 205,
Verantwort!. Redakteur Friedrich Kley
in Heidelberg.
Samstag, 1. September
Druck und Verlag von Tarl Pfeffer
vorm. Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
1888.
Bestellungen für den Monat
nWv September
?A,das Heidelberger Tageblatt (General-Anzeiger)
i.Eigste Zeitung in ganz Baden), werden fortwährend von
Amtlichen Postanstalten, Briefträgern und unseren bekannten
Agenturen zum Preise von 55 Pfg. frei in's Haus,
I°wie von unseren hiesigen und den Trägern und Träge-
^Unen der nächsten Umgebung zum Preise von 50 Pfg.
2°?atlich entgegengenommen._Die Expedition.
Ernstes und Lustiges über Soulanger.
General Boulanger hat hinreichende Versprechungen
^Scben, daß auch ihm, im Interesse Frankreichs, die Auf-
^chterhaltung des Friedens am Herzen liege, und es ist
"eßhalb gar kein Grund vorhanden, uns wegen derEven-
Ualitiiten zu beunruhigen, die an die Wahl des Generals
Knüpft werden. Wir können mit einem boulangistischen
Frankreich ebenso gut in Eintracht leben, wie mit einem
vliapartistischen; es ist zum mindesten fraglich, daß Ge-
?eral Boulanger, falls derselbe zu gesteigertem Einfluß
"Minen sollte, denselben in antideutschem Sinne verwerthen
Arde, und cs ist im Gegentheil in hohem Grade wahr-
iMinlich, daß der General vorsichtig vermeiden werde,
errungene hohe Stellung den unberechenbaren Zufällen
'Ues Krieges preiszugeben.
... Wir sind nach allem, was General Boulanger in
mhgster Zeit gesagt und geschrieben hat, berechtigt, ihn für
^'eilfertig zu halten, und wenn wir darin auch keine sichere
^ucgschaft für die Aufrechterhaltung des Friedens erblicken,
find wir doch in der Lage, behaupten zu können, daß
unmittelbare Unterbrechung desselben nicht in Er-
wartung steht.
Was heute das Ansehen und die Kraft Boulangers
usinacht, das ist, daß er nicht eine Coterie vertritt, daß
r nicht eine Partei vertritt, daß er lediglich alle die hinter
öch herschleppt, welche das schamlose, unerträgliche Regime
mtt haben, an dem wir leiden, und das uns zur größten
Schande wie zum größten Elend führt. Und die Be-
scherung für den unbekannten Retter, für irgend eine
^°lung ist so groß, daß man die Umgebung von barfüßigen
^ampen (vu-Lu-xisäs) des Generals vergißt, daß man
N keiner seiner Fehler erinnert, so sehr brennt man vor
^erlangen nach Befreiung.
Die Pariser, die ja die glückliche Eigenschaft besitzen,
fich mit einem Spaße auch über das Unangenehmste hin-
^ghelfen zu können, trösten sich über Boulangers über-
"fihende Wahl-Erfolge mit einer Episode von seinem Be-
chch in dem Seebade Cayeux. Kaum war Boulanger dort
N den Wagen gestiegen, der ihn nach dem Strande führen
als ein gewaltiger Kranz hineingeschoben wurde.
Turquet, der an der Seite des Generals thronte, stieß
einen Seufzer der Erleichterung aus: endlich ein Zeichen
der Sympathie nach allem Ungemach! Er hob den Kranz
auf, um ihn dankend zu schwingen, und bemerkte erst jetzt,
daß er, wenngleich mit einer schönen Bandschleife und In-
schrift versehen, nur aus Rüben geflochten war. Die In-
schrift lautete: „^.u Asnsrul Ourotbs I^ss daiMsurs äs
Oa^sux". In freier Uebersetzung: „Dem General
Schwindelmeier. Die Badegäste von Cayeux."
Der General wurde purpurroth. Turquet aber ver-
suchte einen Scherz: „Carotte", rief er den Leuten, die
Herumstauden, zu, wird mit zwei „r" geschrieben." Nun
lachten die Badegäste noch lauter, denn sie erinnerten sich,
daß Herr Turquet zwei Mal Unterstaatssecretär im
Ministerium des Unterrichts und der schönen Künste ge-
wesen war. Von seiner Schulbildung hatte er eben eine
Probe abgelegt. Wie es sonst mit seiner Bildung steht,
zeigte der Abgeordnete des Aisne-Departements bald darauf
im Bahnhof, als er dem Publikum, das den General mit
Pfeifen begleitete, eigenhändig eine lange Nase machte.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 30. Aug. Gestern Nachmittag 1^ Uhr
trafen mit dem württembergischen Hampfboot „Christof"
auf Schloß Mainau zum Besuch bei den Großherzoglichen
Herrschaften ein: Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessin
Katharine, der Prinz Wilhelm und die Prinzessin Pauline
von Württemberg, sowie Ihre Durchlaucht die Prinzessin
Elisabeth von Schaumburg mit Gefolge. Es fand dann
eine Familientafel für die Höchsten Herrschaften und eine
Marschallstafel für die gesammte Hofumgebung statt.
Gegen 5 Uhr kehrten die hohen Gäste mit dem genannten
Extraboot nach Seefelden bei Rorschach zurück.
Berlin, 30. Aug. Der Erzherzog und die Erz-
herzogin Karl Ludwig von Oesterreich trafen 12^
Uhr Mittags auf dem Anhalter Bahnhof Hierselbst ein und
wurden vom Kaiser Wilhelm, welcher die Uniform seines
österreichischen Husaren-Regiments trug, empfangen. Außer
Sr. Majestät waren noch zugegen Prinz Heinrich, der
Erbprinz von Meiningen, Prinz Friedrich von Hohenzollern,
der österreichische Botschafter nebst dem gesammten Bot-
schaftspersonal, zahlreiche österreichische Officiere, General
v. Pape und viele andere Würdenträger. Die Ehren-
compagnie war von der ersten Compagnie des Kaiser-Franz-
Grenadier-Regimeuts gestellt. Nachdem die hohen Gäste
den Wagen verlassen hatten, eilte Kaiser Wilhelm denselben
entgegen, küßte der Erzherzogin die Hand, umarmte und
küßte wiederholt den Erzherzog. Nach der Vorstellung
des beiderseitigen Gefolges schritten der Erzherzog, welcher
die Uniform des 8. preußischen Ulanen-Regiments trug,
und der Kaiser die Front der Ehrencompagnie ab. So-
dann geleitete der Kaiser seine hohen Gäste in einem
offenen vierspännigen Prunkwagen nach dem königlichem
Schlosse. Das zahlreiche Publicum grüßte die hohen Herr-
schaften überall mit freudigen Zurufen.
Berlin, 30. Aug. Der König Oskar von Schweden
ist heute Nachmittag mit seiner Begleitung Hierselbst ein-
getroffen und wurde von Kaiser Wilhelm und dem
Prinzen Heinrich, sowie von den zum Ehrendienst Be-
fohlenen, dem Grafen Monts, Generalmajor v. Brauchitsch,
empfangen. Nach einer herzlichen Begrüßung begaben sich
die Herrschaften in das königliche Schloß unter Vorantritt
und begleitet von je einer Schwadron Gardes-du-Corps.
Um äl/y Uhr fand ein Mahl von 24 Gedecken statt, an
welchem die angekommmenen Gäste theilnahmen.
Berlin, 30. Aug. König Albert und Königin
Karola von Sachsen find um 7 Uhr Abends hier auf dem
Anhalter Bahnhofe eingetroffen, wo eine Ehrencompagnie
vom Garde-Füsilier-Regiment mit Fahne und Musik auf-
gestellt war, vom Kaiser Wilhelm, den Prinzen Hein-
rich und Leopold, sowie den Mitgliedern der sächsischen
Gesandtschaft empfangen und herzlichst begrüßt worden.
Berlin, 30. Aug. Ob Moltke sein Reichstags-
mandat behalten oder niederlegen wird, hängt lediglich vom
Befinden des Marschalls im Spätherbst ab. Die hierüber
verbreiteten bejahenden wie verneinenden Angaben ent-
behren der Begründung, da eine Entscheidung noch nicht
getroffen ist. — Die Reclame für Mackenzies Verthei-
digungsschrift arbeitet, so schreibt die „Post", jetzt mit
Hochdruck. Man sagt, der „Newyork Herald" habe allein
das Recht der ersten Veröffentlichung erworben.
H-DrrreiH-MRZssK.
Wien, 30. Aug. Der russische Großfürst Sergius
Alexandrowitsch reist in der nächsten Zeit nach Jeru-
salem, wo er feierlichen Einzug halten wird. Die rus-
sische Auffassung dieser Reise geht dahin, daß er durch
dieselbe die russische Schutzherrschaft über das
heilige Grab kundgebe. — Der russische Großfürst
Paul wird sich in der nächsten Zeit mit einer Tochter
des Königs von Griechenland verloben. Die Verlobung
wird in Athen stattfinden.
Paris, 30. Aug. Ministerpräsident Floquet ist
heute Mittag in Toulon eingetroffen. Er wird daselbst
dem Festmahl beiwohnen, welches der Seepräfect von
Toulon heute zu Ehren des Marineministers und der
Officiere des gegenwärtig in Toulon weilenden spanischen
Geschwaders veranstaltet. Morgen begibt sich Floquet zur
Besichtigung der französischen Flotte nach den hyerischen
Inseln.
Die Sirene.
Roman, frei nach dem Amerikanischen, von Ernst v. Treuenfels.
(Fortsetzung.)
. „Das Resultat ist, daß ich überzeugt bin, das Mäd-
wird Dich niemals glücklich machen. Es ist schön
, klug, mit dem Benehmen einer Dame — und dies
"llein find ihre Empfehlungen", sagte Mrs. Prant zu Paul.
Er stand von seinem Stuhle auf und schritt ungedulig
"uf und ab, die Hände wild in seinen Taschen ballend.
.. »Du bist wenigstens so weit anerkennend für mein
"°bes, süßes Mädchen!"
, »Ich bin ehrlich, in jedem Worte, das ich spreche,
Sohn, und Du wirst eines Tages erfahren, daß
T'uirignne Badolf das ist, als was ich sie bezeichne — ein
Mles, herzloses, eitles, berechnendes, charakterloses Mädchen,
"bd dies soll die Mutter Deiner Kinder sein, Paul!"
Seine Marianne „herzlos" — wo er noch vor einer
stunde solche ausgesprochene Liebe in ihren wunderbaren
ugen gelesen hatte! Er lächelte in einer Art Mitleid über
"b Jrrthum seiner Mutter.
cv, »Es ist vollständig sicher, daß Du Dich irrst, Mutter,
weiß es, daß meine Geliebte ganz Zärtlichkeit und
erbliche Sanftmuth ist. Ich weiß, daß sie nicht so ist,
11,^ Du sie gezeichnet, und ich weiß auch, daß ich sie nur
d»s 8>der Mühe überreden konnte, nicht ihr Glück und
»s meinige aufzuopfern, als ich ihr Deine Absichten mit-
i« we"" ich sie heirathen wolle. Die Thränen standen
" schönen Augen, als sie mir erklärte, sie würde
cht erlauben, daß ich alle meine Aussichten im Leben
lur sie opfere: und Du nennst sie herzlos!"
- Sein Ton klang triumphirend und voll freudigen
dos ""d stach ihr wie ein Messer in's Herz — in
dos i^bevolle Mutterherz, dessen Jnstinct sie dazu antrieb,
Unglück zu vermeiden, das sie fürchtete.
»Ich kann in so einer kleinen dramatischen Scene
keine Ursache dazu sehen, meine Meinung zu ändern, Paul,
im Gegentheil, es beweist, was ich sagte, daß sie berech-
nend ist, und der enterbte Paul Prant ist eine ganz andere
Partie für ihren Ehrgeiz, als ein Freier mit einem Ein-
kommen von fünftausend Dollar jährlich und der Aussicht
auf eine schöne Besitzung."
Doch jetzt konnte er sich nicht mehr beherrschen; es
schien ihm, als ob seine Mutter ihn absichtlich reizen wolle.
„Du sollst mir nicht mehr von Marianne sprechen!
Wie kannst Du, die Du ein sanftes, zartes, weibliches
Wesen bist, so grausam sein! Ich sage Dir ein für alle
Male, Mutter, daß ich in dieser Sache Deine Autorität
nicht anerkenne. Ich bin alt genug, mir selbst eine Frau
zu wählen, und im Stande — Gott sei Dank! — sie zu
versorgen. Du hast es in Deiner Macht, mich sehr glück-
lich zu machen, wenn Du meine Heirath billigst; doch,
wärest Du tausendmal meine Mutter, so solltest Du mich
an meinem Glücke nicht hindern. Ich war immer pflicht-
treu und achtungsvoll, und hoffe es mit dieser einen Aus-
nahme immer zu sein. Weil ich Marianne liebe, das ist
kein Grund, daß ich Dich nicht eben so gut lieben könnte,
und wenn Du sehen wirst, wie glücklich und zufrieden
meine schöne, junge Frau mich machen wird, Mutter, dann
bin ich überzeugt, wirst Du uns Deinen Segen nicht länger
vorenthalten.
Seine Stimme hatte nach und nach die Bitterkeit
aerloren und eine unendliche Zärtlichkeit durchbebte seine
Töne, welche trotz Mrs. Prants Aerger und beinahe hoff-
nungsloser Verzweiflung ihr Herz rührte. Die Thränen
traten ihr in die Augen und ihre Lippen bebten.
„O, mein Liebling, wenn ich nur glauben könnte,
daß es jemals so sein wird!"
Er zog ihren silberlockigen Kopf an seine Brust und
legte seine Hand auf ihre Wange — er hatte eine Art,
sic zu liebkosen, die sie immer aufs Tiefste rührte, so be-
schützend und zärtlich war dieselbe.
„Du würdest freiwillig Alles für sie aufgeben, Paul?"
„Alles, Mutter, — bis auf Deine Liebe."
„Du willst mit Heiterkeit der Armuth in das Gesicht
blicken, Deinen Lebensunterhalt und den ihrigen Dir sauer
erarbeiten, aus Liebe zu ihr?"
Die sanfte Stimme bebte.
„Aus Liebe zu ihr, Mutter", wiederholte er mit ge-
dämpfter, leidenschaftlicher, feierlicher Stimme.
„Was kann ich thun, was kann ich sagen?" rief sie
mit thränenden Augen, die von reiner Mutterliebe er-
glänzten, zu ihm aufblickend, „Du warst immer mein
Liebstes, mein Theuerstes, ich kann nicht — kann nicht
zwischen Dich und Deine Wünsche treten, ich kann meinen
Sohn nicht aufgeben! Paul! Du hast gesiegt — Du hast
gewonnen. Wir müssen zusammenhalten, mein Sohn, und
ich, was auch geschehe! Du hast entschieden, — laß uns
nicht mehr davon sprechen, mein Lieber. Lasse uns alle
glücklich sein, so lange wir können, und die Zukunft unserem
liebenden Allvater überlassen."
Und während Paul Prant's Herz voll unendlicher
Zärtlichkeit und Freude war, als er seine Mutter in seinen
Armen hielt, dachte die Marianne Badolf, ob denn die
„verrückte Idee", die ihr Vater ihr in den Kops gesetzt
hatte, in Wirklichkeit so verrückt war, — die berauschende
Idee, Herrin von Schönburg zu werden?!
Viertes Capitel.
Abschied.
Der Tag nach seinem Besuche bei den Badolf's brachte
bei Mr. Nollis ein bestimmteres Gefühl der Bezauberung,
die sich seiner zu bemächtigen begann, zum Bewußtsein,
als er vorher empfunden.
„Es nützt nichts, wenn ich mir verhehlen will, daß
ein Zauber dieses Mädchen umgiebt, der jeden Mann ver-
locken könnte, oder, daß dieser Zauber mich so unwider-
stehlich ergriffen, daß ich erstaunt und erschreckt darüber bin.
Und doch — warum? Warum sollte ich mir nicht erlauben
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"g: monatlich 50 Pfg. mit Tragerlohn, durch die Post be-
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derkündigungs-Blatt för die KeMe Heidelberg, Meinheim, Schwetzingen, Wiesloch, Sinsheim, Sppi
Buchdruck«-, und Expeditton. Brunnmgaffe 24. Walldörv, Adelsheim, Rurberg, Tanberbischofsheim und Werth
vßki, Mosbach, Neckarbischofshri«, Sberbach, Koches
kM. Buchdruckerei und LKebitime: Brumiengaffe L4°
M 205,
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Samstag, 1. September
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1888.
Bestellungen für den Monat
nWv September
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i.Eigste Zeitung in ganz Baden), werden fortwährend von
Amtlichen Postanstalten, Briefträgern und unseren bekannten
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I°wie von unseren hiesigen und den Trägern und Träge-
^Unen der nächsten Umgebung zum Preise von 50 Pfg.
2°?atlich entgegengenommen._Die Expedition.
Ernstes und Lustiges über Soulanger.
General Boulanger hat hinreichende Versprechungen
^Scben, daß auch ihm, im Interesse Frankreichs, die Auf-
^chterhaltung des Friedens am Herzen liege, und es ist
"eßhalb gar kein Grund vorhanden, uns wegen derEven-
Ualitiiten zu beunruhigen, die an die Wahl des Generals
Knüpft werden. Wir können mit einem boulangistischen
Frankreich ebenso gut in Eintracht leben, wie mit einem
vliapartistischen; es ist zum mindesten fraglich, daß Ge-
?eral Boulanger, falls derselbe zu gesteigertem Einfluß
"Minen sollte, denselben in antideutschem Sinne verwerthen
Arde, und cs ist im Gegentheil in hohem Grade wahr-
iMinlich, daß der General vorsichtig vermeiden werde,
errungene hohe Stellung den unberechenbaren Zufällen
'Ues Krieges preiszugeben.
... Wir sind nach allem, was General Boulanger in
mhgster Zeit gesagt und geschrieben hat, berechtigt, ihn für
^'eilfertig zu halten, und wenn wir darin auch keine sichere
^ucgschaft für die Aufrechterhaltung des Friedens erblicken,
find wir doch in der Lage, behaupten zu können, daß
unmittelbare Unterbrechung desselben nicht in Er-
wartung steht.
Was heute das Ansehen und die Kraft Boulangers
usinacht, das ist, daß er nicht eine Coterie vertritt, daß
r nicht eine Partei vertritt, daß er lediglich alle die hinter
öch herschleppt, welche das schamlose, unerträgliche Regime
mtt haben, an dem wir leiden, und das uns zur größten
Schande wie zum größten Elend führt. Und die Be-
scherung für den unbekannten Retter, für irgend eine
^°lung ist so groß, daß man die Umgebung von barfüßigen
^ampen (vu-Lu-xisäs) des Generals vergißt, daß man
N keiner seiner Fehler erinnert, so sehr brennt man vor
^erlangen nach Befreiung.
Die Pariser, die ja die glückliche Eigenschaft besitzen,
fich mit einem Spaße auch über das Unangenehmste hin-
^ghelfen zu können, trösten sich über Boulangers über-
"fihende Wahl-Erfolge mit einer Episode von seinem Be-
chch in dem Seebade Cayeux. Kaum war Boulanger dort
N den Wagen gestiegen, der ihn nach dem Strande führen
als ein gewaltiger Kranz hineingeschoben wurde.
Turquet, der an der Seite des Generals thronte, stieß
einen Seufzer der Erleichterung aus: endlich ein Zeichen
der Sympathie nach allem Ungemach! Er hob den Kranz
auf, um ihn dankend zu schwingen, und bemerkte erst jetzt,
daß er, wenngleich mit einer schönen Bandschleife und In-
schrift versehen, nur aus Rüben geflochten war. Die In-
schrift lautete: „^.u Asnsrul Ourotbs I^ss daiMsurs äs
Oa^sux". In freier Uebersetzung: „Dem General
Schwindelmeier. Die Badegäste von Cayeux."
Der General wurde purpurroth. Turquet aber ver-
suchte einen Scherz: „Carotte", rief er den Leuten, die
Herumstauden, zu, wird mit zwei „r" geschrieben." Nun
lachten die Badegäste noch lauter, denn sie erinnerten sich,
daß Herr Turquet zwei Mal Unterstaatssecretär im
Ministerium des Unterrichts und der schönen Künste ge-
wesen war. Von seiner Schulbildung hatte er eben eine
Probe abgelegt. Wie es sonst mit seiner Bildung steht,
zeigte der Abgeordnete des Aisne-Departements bald darauf
im Bahnhof, als er dem Publikum, das den General mit
Pfeifen begleitete, eigenhändig eine lange Nase machte.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 30. Aug. Gestern Nachmittag 1^ Uhr
trafen mit dem württembergischen Hampfboot „Christof"
auf Schloß Mainau zum Besuch bei den Großherzoglichen
Herrschaften ein: Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessin
Katharine, der Prinz Wilhelm und die Prinzessin Pauline
von Württemberg, sowie Ihre Durchlaucht die Prinzessin
Elisabeth von Schaumburg mit Gefolge. Es fand dann
eine Familientafel für die Höchsten Herrschaften und eine
Marschallstafel für die gesammte Hofumgebung statt.
Gegen 5 Uhr kehrten die hohen Gäste mit dem genannten
Extraboot nach Seefelden bei Rorschach zurück.
Berlin, 30. Aug. Der Erzherzog und die Erz-
herzogin Karl Ludwig von Oesterreich trafen 12^
Uhr Mittags auf dem Anhalter Bahnhof Hierselbst ein und
wurden vom Kaiser Wilhelm, welcher die Uniform seines
österreichischen Husaren-Regiments trug, empfangen. Außer
Sr. Majestät waren noch zugegen Prinz Heinrich, der
Erbprinz von Meiningen, Prinz Friedrich von Hohenzollern,
der österreichische Botschafter nebst dem gesammten Bot-
schaftspersonal, zahlreiche österreichische Officiere, General
v. Pape und viele andere Würdenträger. Die Ehren-
compagnie war von der ersten Compagnie des Kaiser-Franz-
Grenadier-Regimeuts gestellt. Nachdem die hohen Gäste
den Wagen verlassen hatten, eilte Kaiser Wilhelm denselben
entgegen, küßte der Erzherzogin die Hand, umarmte und
küßte wiederholt den Erzherzog. Nach der Vorstellung
des beiderseitigen Gefolges schritten der Erzherzog, welcher
die Uniform des 8. preußischen Ulanen-Regiments trug,
und der Kaiser die Front der Ehrencompagnie ab. So-
dann geleitete der Kaiser seine hohen Gäste in einem
offenen vierspännigen Prunkwagen nach dem königlichem
Schlosse. Das zahlreiche Publicum grüßte die hohen Herr-
schaften überall mit freudigen Zurufen.
Berlin, 30. Aug. Der König Oskar von Schweden
ist heute Nachmittag mit seiner Begleitung Hierselbst ein-
getroffen und wurde von Kaiser Wilhelm und dem
Prinzen Heinrich, sowie von den zum Ehrendienst Be-
fohlenen, dem Grafen Monts, Generalmajor v. Brauchitsch,
empfangen. Nach einer herzlichen Begrüßung begaben sich
die Herrschaften in das königliche Schloß unter Vorantritt
und begleitet von je einer Schwadron Gardes-du-Corps.
Um äl/y Uhr fand ein Mahl von 24 Gedecken statt, an
welchem die angekommmenen Gäste theilnahmen.
Berlin, 30. Aug. König Albert und Königin
Karola von Sachsen find um 7 Uhr Abends hier auf dem
Anhalter Bahnhofe eingetroffen, wo eine Ehrencompagnie
vom Garde-Füsilier-Regiment mit Fahne und Musik auf-
gestellt war, vom Kaiser Wilhelm, den Prinzen Hein-
rich und Leopold, sowie den Mitgliedern der sächsischen
Gesandtschaft empfangen und herzlichst begrüßt worden.
Berlin, 30. Aug. Ob Moltke sein Reichstags-
mandat behalten oder niederlegen wird, hängt lediglich vom
Befinden des Marschalls im Spätherbst ab. Die hierüber
verbreiteten bejahenden wie verneinenden Angaben ent-
behren der Begründung, da eine Entscheidung noch nicht
getroffen ist. — Die Reclame für Mackenzies Verthei-
digungsschrift arbeitet, so schreibt die „Post", jetzt mit
Hochdruck. Man sagt, der „Newyork Herald" habe allein
das Recht der ersten Veröffentlichung erworben.
H-DrrreiH-MRZssK.
Wien, 30. Aug. Der russische Großfürst Sergius
Alexandrowitsch reist in der nächsten Zeit nach Jeru-
salem, wo er feierlichen Einzug halten wird. Die rus-
sische Auffassung dieser Reise geht dahin, daß er durch
dieselbe die russische Schutzherrschaft über das
heilige Grab kundgebe. — Der russische Großfürst
Paul wird sich in der nächsten Zeit mit einer Tochter
des Königs von Griechenland verloben. Die Verlobung
wird in Athen stattfinden.
Paris, 30. Aug. Ministerpräsident Floquet ist
heute Mittag in Toulon eingetroffen. Er wird daselbst
dem Festmahl beiwohnen, welches der Seepräfect von
Toulon heute zu Ehren des Marineministers und der
Officiere des gegenwärtig in Toulon weilenden spanischen
Geschwaders veranstaltet. Morgen begibt sich Floquet zur
Besichtigung der französischen Flotte nach den hyerischen
Inseln.
Die Sirene.
Roman, frei nach dem Amerikanischen, von Ernst v. Treuenfels.
(Fortsetzung.)
. „Das Resultat ist, daß ich überzeugt bin, das Mäd-
wird Dich niemals glücklich machen. Es ist schön
, klug, mit dem Benehmen einer Dame — und dies
"llein find ihre Empfehlungen", sagte Mrs. Prant zu Paul.
Er stand von seinem Stuhle auf und schritt ungedulig
"uf und ab, die Hände wild in seinen Taschen ballend.
.. »Du bist wenigstens so weit anerkennend für mein
"°bes, süßes Mädchen!"
, »Ich bin ehrlich, in jedem Worte, das ich spreche,
Sohn, und Du wirst eines Tages erfahren, daß
T'uirignne Badolf das ist, als was ich sie bezeichne — ein
Mles, herzloses, eitles, berechnendes, charakterloses Mädchen,
"bd dies soll die Mutter Deiner Kinder sein, Paul!"
Seine Marianne „herzlos" — wo er noch vor einer
stunde solche ausgesprochene Liebe in ihren wunderbaren
ugen gelesen hatte! Er lächelte in einer Art Mitleid über
"b Jrrthum seiner Mutter.
cv, »Es ist vollständig sicher, daß Du Dich irrst, Mutter,
weiß es, daß meine Geliebte ganz Zärtlichkeit und
erbliche Sanftmuth ist. Ich weiß, daß sie nicht so ist,
11,^ Du sie gezeichnet, und ich weiß auch, daß ich sie nur
d»s 8>der Mühe überreden konnte, nicht ihr Glück und
»s meinige aufzuopfern, als ich ihr Deine Absichten mit-
i« we"" ich sie heirathen wolle. Die Thränen standen
" schönen Augen, als sie mir erklärte, sie würde
cht erlauben, daß ich alle meine Aussichten im Leben
lur sie opfere: und Du nennst sie herzlos!"
- Sein Ton klang triumphirend und voll freudigen
dos ""d stach ihr wie ein Messer in's Herz — in
dos i^bevolle Mutterherz, dessen Jnstinct sie dazu antrieb,
Unglück zu vermeiden, das sie fürchtete.
»Ich kann in so einer kleinen dramatischen Scene
keine Ursache dazu sehen, meine Meinung zu ändern, Paul,
im Gegentheil, es beweist, was ich sagte, daß sie berech-
nend ist, und der enterbte Paul Prant ist eine ganz andere
Partie für ihren Ehrgeiz, als ein Freier mit einem Ein-
kommen von fünftausend Dollar jährlich und der Aussicht
auf eine schöne Besitzung."
Doch jetzt konnte er sich nicht mehr beherrschen; es
schien ihm, als ob seine Mutter ihn absichtlich reizen wolle.
„Du sollst mir nicht mehr von Marianne sprechen!
Wie kannst Du, die Du ein sanftes, zartes, weibliches
Wesen bist, so grausam sein! Ich sage Dir ein für alle
Male, Mutter, daß ich in dieser Sache Deine Autorität
nicht anerkenne. Ich bin alt genug, mir selbst eine Frau
zu wählen, und im Stande — Gott sei Dank! — sie zu
versorgen. Du hast es in Deiner Macht, mich sehr glück-
lich zu machen, wenn Du meine Heirath billigst; doch,
wärest Du tausendmal meine Mutter, so solltest Du mich
an meinem Glücke nicht hindern. Ich war immer pflicht-
treu und achtungsvoll, und hoffe es mit dieser einen Aus-
nahme immer zu sein. Weil ich Marianne liebe, das ist
kein Grund, daß ich Dich nicht eben so gut lieben könnte,
und wenn Du sehen wirst, wie glücklich und zufrieden
meine schöne, junge Frau mich machen wird, Mutter, dann
bin ich überzeugt, wirst Du uns Deinen Segen nicht länger
vorenthalten.
Seine Stimme hatte nach und nach die Bitterkeit
aerloren und eine unendliche Zärtlichkeit durchbebte seine
Töne, welche trotz Mrs. Prants Aerger und beinahe hoff-
nungsloser Verzweiflung ihr Herz rührte. Die Thränen
traten ihr in die Augen und ihre Lippen bebten.
„O, mein Liebling, wenn ich nur glauben könnte,
daß es jemals so sein wird!"
Er zog ihren silberlockigen Kopf an seine Brust und
legte seine Hand auf ihre Wange — er hatte eine Art,
sic zu liebkosen, die sie immer aufs Tiefste rührte, so be-
schützend und zärtlich war dieselbe.
„Du würdest freiwillig Alles für sie aufgeben, Paul?"
„Alles, Mutter, — bis auf Deine Liebe."
„Du willst mit Heiterkeit der Armuth in das Gesicht
blicken, Deinen Lebensunterhalt und den ihrigen Dir sauer
erarbeiten, aus Liebe zu ihr?"
Die sanfte Stimme bebte.
„Aus Liebe zu ihr, Mutter", wiederholte er mit ge-
dämpfter, leidenschaftlicher, feierlicher Stimme.
„Was kann ich thun, was kann ich sagen?" rief sie
mit thränenden Augen, die von reiner Mutterliebe er-
glänzten, zu ihm aufblickend, „Du warst immer mein
Liebstes, mein Theuerstes, ich kann nicht — kann nicht
zwischen Dich und Deine Wünsche treten, ich kann meinen
Sohn nicht aufgeben! Paul! Du hast gesiegt — Du hast
gewonnen. Wir müssen zusammenhalten, mein Sohn, und
ich, was auch geschehe! Du hast entschieden, — laß uns
nicht mehr davon sprechen, mein Lieber. Lasse uns alle
glücklich sein, so lange wir können, und die Zukunft unserem
liebenden Allvater überlassen."
Und während Paul Prant's Herz voll unendlicher
Zärtlichkeit und Freude war, als er seine Mutter in seinen
Armen hielt, dachte die Marianne Badolf, ob denn die
„verrückte Idee", die ihr Vater ihr in den Kops gesetzt
hatte, in Wirklichkeit so verrückt war, — die berauschende
Idee, Herrin von Schönburg zu werden?!
Viertes Capitel.
Abschied.
Der Tag nach seinem Besuche bei den Badolf's brachte
bei Mr. Nollis ein bestimmteres Gefühl der Bezauberung,
die sich seiner zu bemächtigen begann, zum Bewußtsein,
als er vorher empfunden.
„Es nützt nichts, wenn ich mir verhehlen will, daß
ein Zauber dieses Mädchen umgiebt, der jeden Mann ver-
locken könnte, oder, daß dieser Zauber mich so unwider-
stehlich ergriffen, daß ich erstaunt und erschreckt darüber bin.
Und doch — warum? Warum sollte ich mir nicht erlauben