Kaiffel, der Divisionsgeneral Zambauer und der General-
stabschef des zweiten Armeecorps, Oberst Dratschmid, postirt
hatten. Außerdem waren der Statthalter von Nieder-
österreich, Freiherr von Cosstnger, der Botschaftsrath Graf
Monts mit dem übrigen Personal der deutschen Botschaft
und der Polizeipräsident von Kraus anwesend. Der Bot-
schafter Prinz Rcuß und der dem Prinzen Heinrich zuge-
theilte Ehrencavalier, Fregattencapitän Graf Montecuculi,
waren dem Prinzen bis Pukawinkel entgegengefahren. Als
der Zug in die Halle einfuhr, intonirte die Militärkapelle
die preußische Nationalhymne. Der Kaiser eilte beim
Halten des Zuges auf den Prinzen Heinrich, welcher die
österreichische Uniform eines Corvettencapitäns trug, zu
und begrüßte denselben in überaus herzlicher Weise. Der
Kronprinz Rudolf begrüßte den hohen Gast mit Kuß und
Umarmung. Prinz Heinrich stellte sodann dem Kaiser sein
Gefolge vor und schritt hierauf zur Rechten des Kaisers
die Front der Ehrencompagnie ab. Nach Vorstellung der
am Bahnhof versammelten Würdenträger geleitete der
Kaiser seinen hohen Gast in offenem Wagen nach der Hof-
burg, wo Prinz Heinrich dieselben Räume bewohnt, die
jüngst Kaiser Wilhelm inne hatte. Hier empfing Prinz
Heinrich alsbald die Besuche des Prinzen Gustav von
Sachsen-Weimar und des Viceadmirals Freiherrn v. Sterneck.
Sodann stattete der Prinz bei den Erzherzogen Besuche
ab. In die Hofburg zurückgekehrt, wurde Prinz Heinrich
von dem Kaiser Franz Josef empfangen, welchem derselbe
seinen Dank für die Ernennung zum Corvetten-Capitän
abstattete. Bald daraus machte der Kaiser dem Prinzen
seinen Gegenbesuch. Dem hierauf stattgehabten Dejeuner
wohnte auch der Botschafter Prinz Reuß bei. Später
stattete Prinz Heinrich dem Viceadmiral v. Sterneck einen
dreiviertelstündigen Gegenbesuch ab. Inzwischen gaben der
Minister des Aeußern Graf Kalnocky und der russische
Botschafter Fürst Lobanoff bei Prinz Heinrich ihre Karten
ab. Heute Abend findet zu Ehren des Prinzen Hof-
diner statt.
Wien, 22. Oct. In einer Polemik gegen Garaschanin
versichert das „Fremdenblatt", daß in neuester Zeit sehr
beträchtliche Truppenverschiebungen aus dem In-
nern Rußlands gegen die österreichisch-deutsche Grenze
stattfinden. — Prinz Heinrich von Preußen, welcher
auch bei dem. Grafen Taaffe seine Karte abgab, reist heute
Abend nach Darmstadt.
AraxRreiO.
Paris, 22. Oct. König Karl von Württem-
berg traf gestern in Nizza ein, wo er auf dem Bahn-
hofe vom Präfecten empfangen wurde. Als der König
im geschlossenen Wagen durch einen Volkshaufen
von etwa tausend Menschen fuhr, pfiff ein
Mann und rief: „Nieder mit den Preußen!" —
In einem Vortrag in Lyon erklärte gestern Lesseps, der
Panama-Canal werde im Juli 1890 eröffnet werden.
Aralie».
Rom, 22. Oct. Wie aus sicherer Quelle verlautet,
hat Graf Herbert Bismarck im Vatican erklärt,
Deutschland brauche Italien aus militärischen Gründen. —
In Messina platzte eine Bombe unter den Fenstern des
deutschen Consulats.
Spanien.
Madrid, 21. Oct. Das „Amtsblatt" hat jetzt das
neue bürgerliche Gesetzbuch veröffentlicht, durch welches
Spanien endlich zur Einheit seines Civilrechts kommt.
Das Werk ist namentlich den beiden ehemaligen Ministern
Silvela und Alonso Martinez, beide hervorragende Juristen,
zu verdanken. An demselben ist acht Jahre lang gearbeitet
worden.
HlnHland.
Petersburg, 22. Oct. Feldmarschall Großfürst
Nikolaus, welcher den preußischen Manöver» beige-
„Nein. Ich weiß es, daß Sie ihn nie geliebt und
daß Sie ihn nur aus Selbstsucht heiratheten, das war
um so schlimmer."
Er hatte furchtbar zu kämpfen, um dieses kalte, ab-
stoßende Wesen beizubehalten und fürchtete jeden Augen-
blick, aus der Rolle zu fallen.
„Ich liebte ihn nicht", erwiderte sie mit bebender
Stimme, während ihre Augen leidenschaftlich die seinen
suchten. „Wie hätte ich ihn lieben können? Ich heirathete
unter dem Einflüsse von Umständen, denen ich nicht wider-
stehen konnte. Mein Vater schwär, daß ich Sie nicht
heirathen dürfe; mein Bruder war in Noth und brauchte
Hülfe; Ihrer Mutter Liebe und Ihre Erbschaft wäre
Ihnen auch verloren gegangen. Sie würden haben arbeiten
und kämpfen müssen, um mich zu erhalten. Sie würden
meiner überdrüssig geworden sein, wenn die Armuth mit
mir gekommen wäre, Paul. Ich ließ mein Herz brechen,
um Sie zu schonen und vor dem Elende zu retten. Sie
haben mich dafür verachtet, daß ich aus Geiz und Selbst-
sucht Mr. Nollis geheirathet hatte und in Wirklichkeit habe
ich mein ganzes Glück Ihnen zum Opfer gebracht."
Ein leidenschaftliches Leben, eine tiefe dramatische
Wahrheit schien in jedem ihrer Worte zu liegen. Ihre
Augen ruhten auf seinem Gesichte, schmerzvoll, doch glän-
zend, wie Sterne, und er lauschte verwirrt und doch un-
fähig, sich ihrem Einflüsse zu entziehen.
„Wenn Sie wüßten, was es mich kostete, Sie auf-
zugeben", fuhr sie fort, eine unterdrückte Aufregung in
ihrem Wesen, die seine Pulse stocken machte — „wenn
Sie wüßten, wie ich litt und mit mir kämpfte, ehe ich
auf Sie verzichtete — ehe ich den reichen Mann heirathete,
der die Meinen unterstützen und dem Elend entreißen
wollte, — wie ich zurückschrack vor dem schrecklichen Opfer
und doch zuletzt nachgab — um Ihretwillen fast mehr,
als um meinetwillen; wenn Sie die verstehen könnten,
würden Sie mich nicht hassen und verschten, wie Sie
es thun." (Fortsetzung folgt.)
wohnt hat, spricht sich frei überall höchst anerkennend über x
das, was er beobachtet hat, aus und rühmt besonders die
bewundernswerthe Thatkraft des jungen Kaisers und dessen
scharfen militärischen Blick. Am besten hat dem Groß-
fürsten die Cavallerie gefallen, die, wie er meint, alles das l
ausgeführt, was er hier als Cavallerie-General-Jnspecteur
nicht mit gleichem Erfolge predige. Die Ordnung in den z
Biwaks der Cavallerie hatte nicht seinen vollen Beifall;
auch habe er Klagen über die Intendantur vernommen.
Was die Beweglichkeit im Gefecht anlangt, so stellt er das
dritte Armeecorps höher als das Gardecorps, welches sich
zu sehr in alten überkommenen Formen bewege.
Mus Nah und Ferm.
* Karlsruhe, 22. Oct. Die Versammlung des bad.
Landesvercins des evangel. Bundes, welche am 17. d. M.
hier tagte, war von etwa 130 bis 150 Vertretern und
Mitgliedern der Zweig- und Ortsvereine besucht. Herr
Decan Bähr-Offenburg eröffnete Namens des prov. Aus-
schusses die Versammlung, worauf der bisherige Vorsitzende,
Herr Hofprediger Helbing, durch Acclamation zum Präsi-
denten, Herr Pfarrer Schmitthenner von Neckarbischofs-
heim und Herr Pfarrer Issel in Eichstetten zu Schrift-
führern erwählt wurden.
* Karlsruhe, 22. Oct. Am Samstag Abend scheute
in der Stefanienstraße das an einen Postwagen gespannte
Pferd, ging mit dem Wagen durch und warf denselben
vor der Douglasstraße um. Der Kutscher wurde vom
Bock geschleudert und verletzte sich am Fuß, der Wagen,
sowie eine Gaslaterne wurden stark beschädigt. — Gestern
früh wurde an einer Pappel vor dem Vierordtsbad eine
mehrere Meter lange rothe Fahne wahrgenommen, welche,
nach der Inschrift zu schließen, zur Erinnerung an die
zehnjährige Wirksamkeit des Gesetzes gegen die gemein-
gefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie von Ange-
hörigen derselben an genanntem Platze in der Nacht vor-
her angebracht worden war. Die Fahne wurde von dem
Aufseher des Gartens sofort abgenommen.
* Mannheim, 22. Oct. Die diesjährige Herbstmesse
hat der hiesigen Stadtkasse eine Einnahme von insgesammt
10305 Mark zugeführt. Gewiß ein sehr erfreuliches
Ergebniß.
* Feudenheim, 21. Oct. Für die Beschaffung der
Glocken unserer neuen evangelischen Kirche hat S. K. H.
unser allverehrter Großherzog einen Beitrag von 1000 Mk.
gespendet.
* Schwetzingen, 19. Oct. Die in Aisch stattgefun-
dene 6. ordentliche Generalversammlung des deutschen
Hopfenbauvereins hat beschlossen, die nächstjährige Ver-
sammlung in unserer Stadt abzuhalten. Diese Nachricht
wird gewiß von allen Hopfeninteressenten unserer Gegend
mit hoher Freude begrüßt werden.
* Schwetzingen, 21. Oct. Ein hiesiger Einwohner
entdeckte dieser Tage unter alten Manuscripten und Karten
eine solche (größere Handzeichnung und colorirt) vom Mann-
heimer Schloß nebst den umliegenden Gartenanlagen, ge-
zeichnet und unterschrieben von „Zeyher, Gartendirector".
Was dieser Karte aber einen besonderen Werth verleiht,
ist, daß dieselbe mit Tinte geschrieben die Signatur trägt:
„vii sb uxxronvö — Ltsxstunis — ^iapolsori." — Es
wäre nur interessant, zu erfahren, durch welche historischen
Einflüsse die verstorbene Großherzogin Stephanie den
Namen „Napoleon" dem ihrigen beizusetzcn sich veranlaßt
sah. (Die Sache ist ganz einfach. Großherzogin Stephanie
war eine Adoptivtochter Napoleon I.)
* Schwetzingen, 22. Oct. Gestern Abend ereignete
sich im nahen Oftersheim ein bedauernswerther Unglücks-
fall. Schreiner Gütlein von hier fiel, als derselbe sich
aus dem Hirschwirthshause in Oftersheim auf die Straße
begeben wollte, derart die Treppe herunter, daß der be-
dauernswerthe Mann das Genick brach und sofort todt
war. Der Verlebte war in seinen jungen Jahren längere
Zeit in Griechenland beim Militär.
-s- Bon der Elseuz, 22. Oct. Gestern fand in
Hoffenheim eine sehr zahlreich besuchte landwirthschaftliche
Versammlung statt. Dieselbe begann Nachmittags 3 Uhr
und nahm einen sehr lebhaften und äußerst anregenden
Verlauf. Nach einigen begrüßenden Eröffnungsworten
unseres geehrten Amtsvorstandes, Hr. Oberamtmann Becker
von Sinsheim, ergriff Herr Obftbaulehrer Klein von Karls-
ruhe das Wort und verbreitete sich in ebenso eingehender
als praktischen Weise über verschiedene Hauptpunkte der
Obstbaumzucht, nämlich die richtige Sortenwahl für die
jeweilige Landesgegend, das richtige Material an Setz-
lingen, die richtige Anpflanzung und erste Behandlung des
jungen Baumes. In allen diesen Beziehungen gab dann ge-
ehrter Herr Redner nur gediegene, auf Erfahrung beruhende
Rathschläge, deren Befolgung für das Gedeihen unserer
Obstbaumzucht nur von großem Vortheil sein kann. An
der sich anschließenden Debatte, die sehr lebhaftes Interesse
anregte, betheiligten sich noch die Herren Oberamtmann
Becker, Pfarrer Glock von Zuzenhausen, Kaufmann Karl
von Sinsheim, Bezirksthierarzt Diesbach von da und Andere.
Dem Herrn Obstbaulehrer Klein sagen wir gewiß im
Namen aller Anwesenden auch auf diesem Wege nochmals
den gebührenden Dank. Derselbe hat sich als würdiger
Nachfolger des leider zu früh mit Tod abgegangenen Hrn.
Nerlinger bewiesen. Wenn Herr Klein, wie er versprochen
hat, bis nächstes Frühjahr uns wieder besuchen und durch
praktische Operationen unsere Baumwarte und Obstbaum-
züchter belehren wird, soll er uns Allen willkommen heißen !
Auch dem gastlichen Lokale und guten Stoff des Herrn
Bierbrauer Fink soll zum Schluß die gebührende Aner-
kennung ausgesprochen werden.
* Sinsheim, 21. Oct. Gestern Abend um 4 Uhr
zog ein Leichenzug durch unsere Stadt, der allgemeine
Theilnahme wie tiefe Trauer erweckte. War es doch unser
allverehrter, wie so weithin bekannter Hauptlehrer Nagel,
der in Folge eines längeren schweren Leidens im 56.
Lebensjahr dahin gerafft wurde zum Schmerze seiner
Familie, zum Schmerze seiner so zahlreichen und intimen
Freunde und Collegen. Lange Jahre führte er das Präsidium
der hiesigen freien Lehrerconferenzen und war in Wort
und Schrift ein wackerer und warmer Verthcidiger und
Mitarbeiter der Neuschule. Ruhe er in Frieden und sei
er uns allen noch lange ein Vorbild echter Mannestreue
und liebevoller Collegialität. Schule und Collegen erleiden
durch seinen Tod einen schweren Verlust. — Die Heu-
presse des 14. Armee-Corps ist hier eingetroffen und in
den Fabrikgebäuden ausgestellt. Die Heubesitzer wollen
sich an den Königlichen Proviantamts-Rendanten Boden-
sohn wenden. Das Bureau befindet sich im Gasthaus zur
„Sonne". Der Heuankauf kann sofort beginnen.
* Mosbach, 22. Oct. Die 3 letzten frostigen Nächte
haben den zarten Pflanzen stark mitgespielt. Die Pfützen
waren mit einer Eiskruste überzogen und die Kastanien-
bäume sind vollständig ihres Laubschmuckes beraubt. Heute
lagert auf den Wiesen, Gärten und Dächern ein starker
Reif. Bei der heute dahier beginnenden Traubenlese wird
es wohl spitzige Finger absetzen, übrigens sind die unreifen
Beeren vom Froste vollständig verbrüht.
* Tauberbischofsheim, 21. Oct. Der Winterfahr-
plan ist für unsere Gegend wiederum sehr ungünstig aus-
gefallen. An den einzigen Schnellzug, den die Odenwald-
bahn in der Richtung Würzburg-Lauda-Heidelberg hat,
haben wir abermals einen Anschluß nicht. Wer mit diesem
Zug in Lauda ankommt, muß entweder dort übernachten,
oder mit eigenem Gefährt Tauber abwärts fahren. Der
größte Mißstand aber, den wir zu beklagen haben, liegt
darin, daß Zug 55 in der Richtung Heidelberg-Würzburg
Eilzug ist und mit Ausnahme von Boxberg an keiner
Zwischenstation hält. Der Zug 65 aber trifft 4 Uhr 45
Min. in Lauda ein, während der Tauberthalzug schon 3
Uhr 40 Min. in Lauda abgeht. Die Bevölkerung dieser
ganzen Gegend hat daher von Mittags 11 Uhr bis Abends
8 Uhr keine weitere Verbindung mit der Amtsstadt. Es
wird deßhalb eine Eingabe an die Großh. Gcneraldircction
abgehen, welche bezweckt, herbeizuführen, daß Zug 55
wenigstens in Eubigheim und Unterschüpf noch anhält,
welcher geringe Zeitverlust leicht von Lauda bis Würzburg
eingeholt werden kann.
* Tauberbischofsheim, 20. Oct. Herr Jagdpächter
Schnupp hier hatte heute das seltene Jagd-Glück, eine
Wild-Gans zu schießen. — Vorboten eines frühen Winters,
wenn jetzt schon die wilden Gänse streichen.
* Unterbalbach, 21. Oct. Am letzten Samstag den
20. d., hielt der Herr Pfarrer Vorlese hier. Der Most
wog 72 Grad. Es ist überhaupt ein ganz ordentlicher
Wein zu erwarten. Nachdem Frost eingetreten, sieht man,
daß sehr wenige Trauben noch nicht ganz reis waren; die
meisten hängen glashell und unbeschädigt an den Stöcken.
* Alsfeld, 20. Oct. In einen enormen Verlust ist
am 17. ds. ein Landwirth in dem benachbarten Altenburg ge-
rathen, indem ein Knecht aus Unvorsichtigkeit beim Füt-
tern Chilisalpetcr statt Viehsalz verwendete, in Folge dessen
11 oder 12 Stück Großvieh zu Grunde gingen.
* Konstanz, 21. Oct. Die „Münch. N. Nacht."
bringen die Nachricht, daß Herr Pfarrer Schleyer, der Er-
finder des „Volapük", am Donnerstag Früh 7^ Uhr zu
Konstanz verschieden sei; zugleich verspricht das Blatt,
auf seinen LcbenSgang und sein Wirken noch zurückzu-
kommen. Erfreulicherweise ist diese Nachricht falsch. Herr
Pfarrer Schleyer hat zwar eine schwere Krankheit durch-
gemacht, allein er ist von derselben vollständig wiederher-
gestellt und erfreut sich des besten Wohlseins. Da Herr
Pfarrer Schleyer nun Gelegenheit bekommen wird, seinen
eigenen Nekrolog zu lesen, so ist die Hoffnung begründet,
daß ihm zur Freude seiner vielen Verehrer noch ein recht
langes Leben beschieden sein wird.
* Kaiserslautern, 19. Oct. Die hiesige Stadt wird
im nächsten Jahre wieder um einen Prachtbau reicher.
Herr Dr. Nübel, Specialarzt für Augenkrankheiten, hat
an der Theaterstraße in der Nähe des PosthauSneubaues
ein größeres Terrain erworben, auf welchem ein dem letz-
teren und dem Hause des Dr. Schuhmacher ebenbürtiger
Bau aufgeführt werden soll. Wie man wissen will, soll
derselbe auch zur Aufnahme von Kranken dienen.
* Stuttgart, 20. Oct. Das hiesige Schwurgericht
fällte dieser Tage gegen den zwanzigjährigen Hausknecht
Chr. Käfer, welcher am 14. September Nachts seine ehe-
malige Geliebte mit einem Messerstich in den Hals ge-
mordet hatte, das Todesurtheil. Der ruchlose Geselle hat
es verschmäht, die Gnade des Königs anzurufen, ja sogar
noch den Wunsch geäußert, „mit der Hinrichtung nur
tapfer voran zu machen". Nun, da kann wohl geholfen
werden.
* Mainz, 20. Oct. Bei dem am 1. October er-
folgten Einstellen der Einjährig-Freiwilligen in die hiesigen
Regimenter wurden auch zwei Capläne, die ja bekanntlich
bereits die Weihe erhalten haben, zu den Waffen ein-
gerufen. Um dem für die Folge vorzubeugen, wird in der
Diöcese Mainz kein dem Priesterstande sich widmender Laie
mehr die Weihe erhalten, bis er seiner Militärpflicht Ge-
nüge geleistet hat.
* Köln, 20. Oct. Gestern Nachmittag ereignete sich
in der Karbonitfabrik zu Schlebusch eine Explosion, wobei
drei Personen getödtet wurden und mehrere andere ver-
wundet wurden. In der weiteren Umgebung des OrteS
machte sich die Explosion durch eine Erschütterung der Ge-
bäude bemerklich._
Vermischtes.
— Braunschweig, 16. Oct. Dem Candidaten
der Theologie B. hier war es bisher nicht geglückt, weder
ein Seelsorger- noch ein Schulamt zu erhalten; er ver-
suchte nun durch Ertheilen von Privatunterricht sein Leben
stabschef des zweiten Armeecorps, Oberst Dratschmid, postirt
hatten. Außerdem waren der Statthalter von Nieder-
österreich, Freiherr von Cosstnger, der Botschaftsrath Graf
Monts mit dem übrigen Personal der deutschen Botschaft
und der Polizeipräsident von Kraus anwesend. Der Bot-
schafter Prinz Rcuß und der dem Prinzen Heinrich zuge-
theilte Ehrencavalier, Fregattencapitän Graf Montecuculi,
waren dem Prinzen bis Pukawinkel entgegengefahren. Als
der Zug in die Halle einfuhr, intonirte die Militärkapelle
die preußische Nationalhymne. Der Kaiser eilte beim
Halten des Zuges auf den Prinzen Heinrich, welcher die
österreichische Uniform eines Corvettencapitäns trug, zu
und begrüßte denselben in überaus herzlicher Weise. Der
Kronprinz Rudolf begrüßte den hohen Gast mit Kuß und
Umarmung. Prinz Heinrich stellte sodann dem Kaiser sein
Gefolge vor und schritt hierauf zur Rechten des Kaisers
die Front der Ehrencompagnie ab. Nach Vorstellung der
am Bahnhof versammelten Würdenträger geleitete der
Kaiser seinen hohen Gast in offenem Wagen nach der Hof-
burg, wo Prinz Heinrich dieselben Räume bewohnt, die
jüngst Kaiser Wilhelm inne hatte. Hier empfing Prinz
Heinrich alsbald die Besuche des Prinzen Gustav von
Sachsen-Weimar und des Viceadmirals Freiherrn v. Sterneck.
Sodann stattete der Prinz bei den Erzherzogen Besuche
ab. In die Hofburg zurückgekehrt, wurde Prinz Heinrich
von dem Kaiser Franz Josef empfangen, welchem derselbe
seinen Dank für die Ernennung zum Corvetten-Capitän
abstattete. Bald daraus machte der Kaiser dem Prinzen
seinen Gegenbesuch. Dem hierauf stattgehabten Dejeuner
wohnte auch der Botschafter Prinz Reuß bei. Später
stattete Prinz Heinrich dem Viceadmiral v. Sterneck einen
dreiviertelstündigen Gegenbesuch ab. Inzwischen gaben der
Minister des Aeußern Graf Kalnocky und der russische
Botschafter Fürst Lobanoff bei Prinz Heinrich ihre Karten
ab. Heute Abend findet zu Ehren des Prinzen Hof-
diner statt.
Wien, 22. Oct. In einer Polemik gegen Garaschanin
versichert das „Fremdenblatt", daß in neuester Zeit sehr
beträchtliche Truppenverschiebungen aus dem In-
nern Rußlands gegen die österreichisch-deutsche Grenze
stattfinden. — Prinz Heinrich von Preußen, welcher
auch bei dem. Grafen Taaffe seine Karte abgab, reist heute
Abend nach Darmstadt.
AraxRreiO.
Paris, 22. Oct. König Karl von Württem-
berg traf gestern in Nizza ein, wo er auf dem Bahn-
hofe vom Präfecten empfangen wurde. Als der König
im geschlossenen Wagen durch einen Volkshaufen
von etwa tausend Menschen fuhr, pfiff ein
Mann und rief: „Nieder mit den Preußen!" —
In einem Vortrag in Lyon erklärte gestern Lesseps, der
Panama-Canal werde im Juli 1890 eröffnet werden.
Aralie».
Rom, 22. Oct. Wie aus sicherer Quelle verlautet,
hat Graf Herbert Bismarck im Vatican erklärt,
Deutschland brauche Italien aus militärischen Gründen. —
In Messina platzte eine Bombe unter den Fenstern des
deutschen Consulats.
Spanien.
Madrid, 21. Oct. Das „Amtsblatt" hat jetzt das
neue bürgerliche Gesetzbuch veröffentlicht, durch welches
Spanien endlich zur Einheit seines Civilrechts kommt.
Das Werk ist namentlich den beiden ehemaligen Ministern
Silvela und Alonso Martinez, beide hervorragende Juristen,
zu verdanken. An demselben ist acht Jahre lang gearbeitet
worden.
HlnHland.
Petersburg, 22. Oct. Feldmarschall Großfürst
Nikolaus, welcher den preußischen Manöver» beige-
„Nein. Ich weiß es, daß Sie ihn nie geliebt und
daß Sie ihn nur aus Selbstsucht heiratheten, das war
um so schlimmer."
Er hatte furchtbar zu kämpfen, um dieses kalte, ab-
stoßende Wesen beizubehalten und fürchtete jeden Augen-
blick, aus der Rolle zu fallen.
„Ich liebte ihn nicht", erwiderte sie mit bebender
Stimme, während ihre Augen leidenschaftlich die seinen
suchten. „Wie hätte ich ihn lieben können? Ich heirathete
unter dem Einflüsse von Umständen, denen ich nicht wider-
stehen konnte. Mein Vater schwär, daß ich Sie nicht
heirathen dürfe; mein Bruder war in Noth und brauchte
Hülfe; Ihrer Mutter Liebe und Ihre Erbschaft wäre
Ihnen auch verloren gegangen. Sie würden haben arbeiten
und kämpfen müssen, um mich zu erhalten. Sie würden
meiner überdrüssig geworden sein, wenn die Armuth mit
mir gekommen wäre, Paul. Ich ließ mein Herz brechen,
um Sie zu schonen und vor dem Elende zu retten. Sie
haben mich dafür verachtet, daß ich aus Geiz und Selbst-
sucht Mr. Nollis geheirathet hatte und in Wirklichkeit habe
ich mein ganzes Glück Ihnen zum Opfer gebracht."
Ein leidenschaftliches Leben, eine tiefe dramatische
Wahrheit schien in jedem ihrer Worte zu liegen. Ihre
Augen ruhten auf seinem Gesichte, schmerzvoll, doch glän-
zend, wie Sterne, und er lauschte verwirrt und doch un-
fähig, sich ihrem Einflüsse zu entziehen.
„Wenn Sie wüßten, was es mich kostete, Sie auf-
zugeben", fuhr sie fort, eine unterdrückte Aufregung in
ihrem Wesen, die seine Pulse stocken machte — „wenn
Sie wüßten, wie ich litt und mit mir kämpfte, ehe ich
auf Sie verzichtete — ehe ich den reichen Mann heirathete,
der die Meinen unterstützen und dem Elend entreißen
wollte, — wie ich zurückschrack vor dem schrecklichen Opfer
und doch zuletzt nachgab — um Ihretwillen fast mehr,
als um meinetwillen; wenn Sie die verstehen könnten,
würden Sie mich nicht hassen und verschten, wie Sie
es thun." (Fortsetzung folgt.)
wohnt hat, spricht sich frei überall höchst anerkennend über x
das, was er beobachtet hat, aus und rühmt besonders die
bewundernswerthe Thatkraft des jungen Kaisers und dessen
scharfen militärischen Blick. Am besten hat dem Groß-
fürsten die Cavallerie gefallen, die, wie er meint, alles das l
ausgeführt, was er hier als Cavallerie-General-Jnspecteur
nicht mit gleichem Erfolge predige. Die Ordnung in den z
Biwaks der Cavallerie hatte nicht seinen vollen Beifall;
auch habe er Klagen über die Intendantur vernommen.
Was die Beweglichkeit im Gefecht anlangt, so stellt er das
dritte Armeecorps höher als das Gardecorps, welches sich
zu sehr in alten überkommenen Formen bewege.
Mus Nah und Ferm.
* Karlsruhe, 22. Oct. Die Versammlung des bad.
Landesvercins des evangel. Bundes, welche am 17. d. M.
hier tagte, war von etwa 130 bis 150 Vertretern und
Mitgliedern der Zweig- und Ortsvereine besucht. Herr
Decan Bähr-Offenburg eröffnete Namens des prov. Aus-
schusses die Versammlung, worauf der bisherige Vorsitzende,
Herr Hofprediger Helbing, durch Acclamation zum Präsi-
denten, Herr Pfarrer Schmitthenner von Neckarbischofs-
heim und Herr Pfarrer Issel in Eichstetten zu Schrift-
führern erwählt wurden.
* Karlsruhe, 22. Oct. Am Samstag Abend scheute
in der Stefanienstraße das an einen Postwagen gespannte
Pferd, ging mit dem Wagen durch und warf denselben
vor der Douglasstraße um. Der Kutscher wurde vom
Bock geschleudert und verletzte sich am Fuß, der Wagen,
sowie eine Gaslaterne wurden stark beschädigt. — Gestern
früh wurde an einer Pappel vor dem Vierordtsbad eine
mehrere Meter lange rothe Fahne wahrgenommen, welche,
nach der Inschrift zu schließen, zur Erinnerung an die
zehnjährige Wirksamkeit des Gesetzes gegen die gemein-
gefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie von Ange-
hörigen derselben an genanntem Platze in der Nacht vor-
her angebracht worden war. Die Fahne wurde von dem
Aufseher des Gartens sofort abgenommen.
* Mannheim, 22. Oct. Die diesjährige Herbstmesse
hat der hiesigen Stadtkasse eine Einnahme von insgesammt
10305 Mark zugeführt. Gewiß ein sehr erfreuliches
Ergebniß.
* Feudenheim, 21. Oct. Für die Beschaffung der
Glocken unserer neuen evangelischen Kirche hat S. K. H.
unser allverehrter Großherzog einen Beitrag von 1000 Mk.
gespendet.
* Schwetzingen, 19. Oct. Die in Aisch stattgefun-
dene 6. ordentliche Generalversammlung des deutschen
Hopfenbauvereins hat beschlossen, die nächstjährige Ver-
sammlung in unserer Stadt abzuhalten. Diese Nachricht
wird gewiß von allen Hopfeninteressenten unserer Gegend
mit hoher Freude begrüßt werden.
* Schwetzingen, 21. Oct. Ein hiesiger Einwohner
entdeckte dieser Tage unter alten Manuscripten und Karten
eine solche (größere Handzeichnung und colorirt) vom Mann-
heimer Schloß nebst den umliegenden Gartenanlagen, ge-
zeichnet und unterschrieben von „Zeyher, Gartendirector".
Was dieser Karte aber einen besonderen Werth verleiht,
ist, daß dieselbe mit Tinte geschrieben die Signatur trägt:
„vii sb uxxronvö — Ltsxstunis — ^iapolsori." — Es
wäre nur interessant, zu erfahren, durch welche historischen
Einflüsse die verstorbene Großherzogin Stephanie den
Namen „Napoleon" dem ihrigen beizusetzcn sich veranlaßt
sah. (Die Sache ist ganz einfach. Großherzogin Stephanie
war eine Adoptivtochter Napoleon I.)
* Schwetzingen, 22. Oct. Gestern Abend ereignete
sich im nahen Oftersheim ein bedauernswerther Unglücks-
fall. Schreiner Gütlein von hier fiel, als derselbe sich
aus dem Hirschwirthshause in Oftersheim auf die Straße
begeben wollte, derart die Treppe herunter, daß der be-
dauernswerthe Mann das Genick brach und sofort todt
war. Der Verlebte war in seinen jungen Jahren längere
Zeit in Griechenland beim Militär.
-s- Bon der Elseuz, 22. Oct. Gestern fand in
Hoffenheim eine sehr zahlreich besuchte landwirthschaftliche
Versammlung statt. Dieselbe begann Nachmittags 3 Uhr
und nahm einen sehr lebhaften und äußerst anregenden
Verlauf. Nach einigen begrüßenden Eröffnungsworten
unseres geehrten Amtsvorstandes, Hr. Oberamtmann Becker
von Sinsheim, ergriff Herr Obftbaulehrer Klein von Karls-
ruhe das Wort und verbreitete sich in ebenso eingehender
als praktischen Weise über verschiedene Hauptpunkte der
Obstbaumzucht, nämlich die richtige Sortenwahl für die
jeweilige Landesgegend, das richtige Material an Setz-
lingen, die richtige Anpflanzung und erste Behandlung des
jungen Baumes. In allen diesen Beziehungen gab dann ge-
ehrter Herr Redner nur gediegene, auf Erfahrung beruhende
Rathschläge, deren Befolgung für das Gedeihen unserer
Obstbaumzucht nur von großem Vortheil sein kann. An
der sich anschließenden Debatte, die sehr lebhaftes Interesse
anregte, betheiligten sich noch die Herren Oberamtmann
Becker, Pfarrer Glock von Zuzenhausen, Kaufmann Karl
von Sinsheim, Bezirksthierarzt Diesbach von da und Andere.
Dem Herrn Obstbaulehrer Klein sagen wir gewiß im
Namen aller Anwesenden auch auf diesem Wege nochmals
den gebührenden Dank. Derselbe hat sich als würdiger
Nachfolger des leider zu früh mit Tod abgegangenen Hrn.
Nerlinger bewiesen. Wenn Herr Klein, wie er versprochen
hat, bis nächstes Frühjahr uns wieder besuchen und durch
praktische Operationen unsere Baumwarte und Obstbaum-
züchter belehren wird, soll er uns Allen willkommen heißen !
Auch dem gastlichen Lokale und guten Stoff des Herrn
Bierbrauer Fink soll zum Schluß die gebührende Aner-
kennung ausgesprochen werden.
* Sinsheim, 21. Oct. Gestern Abend um 4 Uhr
zog ein Leichenzug durch unsere Stadt, der allgemeine
Theilnahme wie tiefe Trauer erweckte. War es doch unser
allverehrter, wie so weithin bekannter Hauptlehrer Nagel,
der in Folge eines längeren schweren Leidens im 56.
Lebensjahr dahin gerafft wurde zum Schmerze seiner
Familie, zum Schmerze seiner so zahlreichen und intimen
Freunde und Collegen. Lange Jahre führte er das Präsidium
der hiesigen freien Lehrerconferenzen und war in Wort
und Schrift ein wackerer und warmer Verthcidiger und
Mitarbeiter der Neuschule. Ruhe er in Frieden und sei
er uns allen noch lange ein Vorbild echter Mannestreue
und liebevoller Collegialität. Schule und Collegen erleiden
durch seinen Tod einen schweren Verlust. — Die Heu-
presse des 14. Armee-Corps ist hier eingetroffen und in
den Fabrikgebäuden ausgestellt. Die Heubesitzer wollen
sich an den Königlichen Proviantamts-Rendanten Boden-
sohn wenden. Das Bureau befindet sich im Gasthaus zur
„Sonne". Der Heuankauf kann sofort beginnen.
* Mosbach, 22. Oct. Die 3 letzten frostigen Nächte
haben den zarten Pflanzen stark mitgespielt. Die Pfützen
waren mit einer Eiskruste überzogen und die Kastanien-
bäume sind vollständig ihres Laubschmuckes beraubt. Heute
lagert auf den Wiesen, Gärten und Dächern ein starker
Reif. Bei der heute dahier beginnenden Traubenlese wird
es wohl spitzige Finger absetzen, übrigens sind die unreifen
Beeren vom Froste vollständig verbrüht.
* Tauberbischofsheim, 21. Oct. Der Winterfahr-
plan ist für unsere Gegend wiederum sehr ungünstig aus-
gefallen. An den einzigen Schnellzug, den die Odenwald-
bahn in der Richtung Würzburg-Lauda-Heidelberg hat,
haben wir abermals einen Anschluß nicht. Wer mit diesem
Zug in Lauda ankommt, muß entweder dort übernachten,
oder mit eigenem Gefährt Tauber abwärts fahren. Der
größte Mißstand aber, den wir zu beklagen haben, liegt
darin, daß Zug 55 in der Richtung Heidelberg-Würzburg
Eilzug ist und mit Ausnahme von Boxberg an keiner
Zwischenstation hält. Der Zug 65 aber trifft 4 Uhr 45
Min. in Lauda ein, während der Tauberthalzug schon 3
Uhr 40 Min. in Lauda abgeht. Die Bevölkerung dieser
ganzen Gegend hat daher von Mittags 11 Uhr bis Abends
8 Uhr keine weitere Verbindung mit der Amtsstadt. Es
wird deßhalb eine Eingabe an die Großh. Gcneraldircction
abgehen, welche bezweckt, herbeizuführen, daß Zug 55
wenigstens in Eubigheim und Unterschüpf noch anhält,
welcher geringe Zeitverlust leicht von Lauda bis Würzburg
eingeholt werden kann.
* Tauberbischofsheim, 20. Oct. Herr Jagdpächter
Schnupp hier hatte heute das seltene Jagd-Glück, eine
Wild-Gans zu schießen. — Vorboten eines frühen Winters,
wenn jetzt schon die wilden Gänse streichen.
* Unterbalbach, 21. Oct. Am letzten Samstag den
20. d., hielt der Herr Pfarrer Vorlese hier. Der Most
wog 72 Grad. Es ist überhaupt ein ganz ordentlicher
Wein zu erwarten. Nachdem Frost eingetreten, sieht man,
daß sehr wenige Trauben noch nicht ganz reis waren; die
meisten hängen glashell und unbeschädigt an den Stöcken.
* Alsfeld, 20. Oct. In einen enormen Verlust ist
am 17. ds. ein Landwirth in dem benachbarten Altenburg ge-
rathen, indem ein Knecht aus Unvorsichtigkeit beim Füt-
tern Chilisalpetcr statt Viehsalz verwendete, in Folge dessen
11 oder 12 Stück Großvieh zu Grunde gingen.
* Konstanz, 21. Oct. Die „Münch. N. Nacht."
bringen die Nachricht, daß Herr Pfarrer Schleyer, der Er-
finder des „Volapük", am Donnerstag Früh 7^ Uhr zu
Konstanz verschieden sei; zugleich verspricht das Blatt,
auf seinen LcbenSgang und sein Wirken noch zurückzu-
kommen. Erfreulicherweise ist diese Nachricht falsch. Herr
Pfarrer Schleyer hat zwar eine schwere Krankheit durch-
gemacht, allein er ist von derselben vollständig wiederher-
gestellt und erfreut sich des besten Wohlseins. Da Herr
Pfarrer Schleyer nun Gelegenheit bekommen wird, seinen
eigenen Nekrolog zu lesen, so ist die Hoffnung begründet,
daß ihm zur Freude seiner vielen Verehrer noch ein recht
langes Leben beschieden sein wird.
* Kaiserslautern, 19. Oct. Die hiesige Stadt wird
im nächsten Jahre wieder um einen Prachtbau reicher.
Herr Dr. Nübel, Specialarzt für Augenkrankheiten, hat
an der Theaterstraße in der Nähe des PosthauSneubaues
ein größeres Terrain erworben, auf welchem ein dem letz-
teren und dem Hause des Dr. Schuhmacher ebenbürtiger
Bau aufgeführt werden soll. Wie man wissen will, soll
derselbe auch zur Aufnahme von Kranken dienen.
* Stuttgart, 20. Oct. Das hiesige Schwurgericht
fällte dieser Tage gegen den zwanzigjährigen Hausknecht
Chr. Käfer, welcher am 14. September Nachts seine ehe-
malige Geliebte mit einem Messerstich in den Hals ge-
mordet hatte, das Todesurtheil. Der ruchlose Geselle hat
es verschmäht, die Gnade des Königs anzurufen, ja sogar
noch den Wunsch geäußert, „mit der Hinrichtung nur
tapfer voran zu machen". Nun, da kann wohl geholfen
werden.
* Mainz, 20. Oct. Bei dem am 1. October er-
folgten Einstellen der Einjährig-Freiwilligen in die hiesigen
Regimenter wurden auch zwei Capläne, die ja bekanntlich
bereits die Weihe erhalten haben, zu den Waffen ein-
gerufen. Um dem für die Folge vorzubeugen, wird in der
Diöcese Mainz kein dem Priesterstande sich widmender Laie
mehr die Weihe erhalten, bis er seiner Militärpflicht Ge-
nüge geleistet hat.
* Köln, 20. Oct. Gestern Nachmittag ereignete sich
in der Karbonitfabrik zu Schlebusch eine Explosion, wobei
drei Personen getödtet wurden und mehrere andere ver-
wundet wurden. In der weiteren Umgebung des OrteS
machte sich die Explosion durch eine Erschütterung der Ge-
bäude bemerklich._
Vermischtes.
— Braunschweig, 16. Oct. Dem Candidaten
der Theologie B. hier war es bisher nicht geglückt, weder
ein Seelsorger- noch ein Schulamt zu erhalten; er ver-
suchte nun durch Ertheilen von Privatunterricht sein Leben