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M 272.
Berantwortl. Redakteur Friedrich Kley
in Heidelberg.
Sonntag, 18. November
Druck und Verlag von Earl Pfeffer
vorn«. Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
1888.
Erstes Blatt.
Bismarck «nd General Sheridan.
Aus der Feder des kürzlich verstorbenen Generals
Sheridan liegen Aufzeichnungen vor, worin derselbe seine
Erlebnisse während des deutsch-französ. Kriegs schildert.
Einzelne aus seinen Verkehr mit Bismarck bezügliche
Stellen dürften der Mittheilung Werth sein. Es war am
Vorabend der Schlacht von Gravelotte, erzählt Sheridan,
als mich Bismarck zum erstenmal empfing. Dann und
wann war ihm Unruhe und Spannung Angesichts des be-
vorstehenden Kampfes anzumerken; doch drehte sich das Ge-
spräch hauptsächlich um den Stand der öffentlichen Mei-
nung in Amerika, die ihn sehr zu intcressiren schien; er
fragte wiederholt, welcher Seite man in Amerika die Schuld
an dem Kriege zuschreibe, ob Frankreich oder Preußen?
Ich äußerte den Wunsch, der Schlacht, die für den folgen-
den Tag erwartet wurde, beizuwohnen, und als ich hinzu-
fügte, ich habe keine Zeit mehr gehabt, für ein Pferd zu
sorgen, wies er mich an, mich um 4 Uhr Früh bereit zu
halten; er wolle mich in seinem Wagen mitnehmen, dem
König vorstellen und einen seiner Stabsofficiere, der ein
Paar überzählige Pferde habe, bitten, mir eins zu leihen.
Ich hatte vor meiner Abreise von Amerika dem Präsidenten
erklärt, ich wünsche mich dem deutschen Heer in nicht-
amtlicher Stellung anzuschließcn und wußte nun eigentlich
nicht, wie ich daran war und ob ich in Uniform erscheinen
sollte oder nicht. So fragte ich denn Bismarck auch hier-
über und nach einigem Nachdenken empfahl er mir, meine
Jnterimsuniform zu tragen, aber keinen Säbel, da ich ja
nicht Kämpfer sei. Unterwegs kam Bismarck wieder auf
die amerikanische Auffassung hinsichtlich des Kriegs zurück.
Auch sprach er viel über unsere Regierungsform; er sagte,
in seiner Jugend habe er sehr entschieden dem Republi-
kanismus zugeneigt, aber Familieneinslüsse haben über diese
seine Neigung den Sieg davongetragen; nachdem er sich
der politischen Laufbahn zugewandt, habe er gefunden,
daß Deutschland für die republikanische Staatsform nicht
genügend vorgeschritten sei. Ferner erzählte er, er sei
nur mit Widerstreben in daS politische Leben eingetreten,
da er sich immer nach dem Beruf des Soldaten gesehnt
hatte, aber auch hier habe der Widerstand seiner Fa-
milie ihn vom Felde seiner Wahl weg in den Kreis der
Diplomatie gezogen. — Den 21. August Nachmittags
hatte ich das Vergnügen, beim König zu speisen. Es
war ein einfaches Mahl: Suppe, Braten und zwei
oder drei Gemüse; zu trinken gab es gewöhnlichen
Wein und Burgunder. Es waren ziemlich viele Leute
von hohem Rang anwesend, unter denen jedoch Bismarck
der einzige des Englischen Mächtige war; er saß neben
dem König und machte den Dolmetscher, wenn Seine
Majestät mit mir sprach. Von den Ereignissen, die sich um
uns her abspielten, war wenig die Rede, dagegen stellte der
König zahlreiche Fragen in Beziehung auf den Bürger-
krieg, besonders über Grants Haltung bei Vicksburg, was
ihm vielleicht nahegetegt wurde durch die Thatsache, daß
beim dortigen Vorgehen wie bei den neuesten Bewegungen
des deutschen Heeres vielfach ähnliche Grundsätze der
Kriegswissenschaft zur Anwendung kamen. . . Ich fand
den Grafen, in einen schäbigen, alten Schlafrock gehüllt,
emsig an der Arbeit. Er hatte sich in einem sehr kleinen,
spärlich ausgestatteten Zimmer eingerichtet. Als ich über
das geringe Quartier eine Bemerkung machte, erwiderte
er launig, sein Quartier sei ganz nach Wunsch und er
werde schon damit auskommen. Mitten in seinen Schrei-
bereien, die ihn doch vollauf in Anspruch nahmen, ließ er
sich noch Zeit, mir freundlichst auseinanderzusetzen, die
plötzliche Bewegung nordwärts von Bar-le-Duc sei ver-
anlaßt worden durch die Nachricht, daß Mac Mahon ver-
suchen wolle, Metz durch einen Marsch der belgischen
Grenze entlang zu entsetzen, „ein Mißgriff, der unerklär-
lich ist, es sei denn, daß er in der politischen Lage Frank-
reichs seinen Grund hat." — Die Schlacht von Sedan
war geschlagen. Ucber die ihr folgenden Ereignisse erzählt
Sheridan u. a.: Nahe beim Thore der Stadt kamen wir
an einen deutschen Posten. Einer der deutschen Officiere,
der selbst im amerikanischen Bürgerkriege gekämpft hatte,
erkannte unsere Uniform, trat heran und redete mich in
gutem Englisch an. Wir kamen naturgemäß in ein Ge-
spräch, und während wir noch in der Unterhaltung be-
griffen waren, kam ein offener Landauerwagen zum Thore
heraus. Von den zwei Insassen desselben erkannten wir,
als das Gefährt näher kam, den einen, der Generalsuni-
form trug und eine Cigarette rauchte, als den Kaiser Na-
poleon. Der Landauer bewegte sich in gemächlicher Gang-
art gegen Donchery zu, und wir folgten ihm in achtungs-
voller Entfernung. Eine Viertelstunde vor Donchery
stehen einige Hütten, bei deren erster der Wagen hielt —
wie wir nachher erfuhren, um auf Bismarck zu warten.
Einige Minuten verstrichen bis er kam; Napoleon verblieb
inzwischen in seinem Wagen, noch immer rauchend; gleich-
giltig nahm er die Blicke einer Anzahl deutscher Soldaten
hin, welche in der Nähe standen und den gefallenen Feind
mit neugierigem und lebhaftem Interesse begafften. Da
hörte man den Hufschlag eines Pferdes; ich schaute nach
der Richtung, aus der der Schall kam, und sah den Kanzler
die Straße hergaloppiren. Als er den Wagen erreichte,
stieg er ab, schritt herzu und grüßte den Kaiser auf eine
kurze und schroffe Art, die diesen zu erschrecken schien.
Nachdem wenige Worte gewechselt waren, bewegte sich die
Gruppe etwa hundert Schritt weiter und machte Halt
gegenüber dem Wetterhäuschen, das seit jenem Tage so
berühmt geworden ist.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 16. Nov. Generallieutenant z. D. Frei-
herr v. Degenfeld-Neuhaüß, welcher seit einigen
Tagen an der Lungenentzündung erkrankt war, ist heute
früh gestorben. Der Verstorbene vertrat seit der letzten
Wahl den 7. badischen Wahlkreis (Offenburg-Kehl) im
deutschen Reichstage, wo er der nat.-lib. Partei ange-
hörte. General v. Degenfeld war am 9. Februar 1816 in
Gernsbach geboren und war seit 1836 badischer Officier.
Er machte sämmtliche Feldzüge mit und wurde alsbald
nach dem Uebergang des badischen Armeecorps in die preu-
ßische Armee als preußischer Generallieutenant zur Dis-
position gestellt. Der Verstorbene war Präsident der bad.
Militärvereine. — Die nach Karlsruhe zur Beerdigung
zur Beerdigung sich begebenden Militär- und Krieger-
Vereine haben bereits bei der Generaldirection eine Fahr-
preisermäßigung bewirkt.
Berlin, 15. Nov. Nachdem von der durch Beschluß
des Bundesraths vom 22. Juni 1874 eingesetzten Com-
mission der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für
den ganzen Umfang des Reiches zum vorläufigen Abschluß
gebracht ist, mußte auch Fürsorge für die demselben ent-
sprechende Ordnung des Grund buchw esens ge-
troffen werden. Es ist daher von der bezeichneten Com-
mission der Entwurf einer Grundbuchordnung für das
deutsche Reich ausgearbeitct nnd dem Bundesrath vorge-
legt worden. Der Entwurf enthält 79 Paragraphen in 5
Abschnitten. Der erste Abschnitt betrifft Grundbuchämter
und Grundrecht, die zweite der Eintragungen in das Grund-
buch, der dritte Hypotheken- und Grundschuldbuch, der vierte
und fünfte Beschwerde- und Einführungsvorschriften. Die
Bestimmungen des Entwurfs einer Grundbuchordnung für
das Reich bezwecken im Wesentlichen nur die Durchführung
der in dem Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches vorge-
schlagenen materiellen Vorschrift» des Jmmobiliarrechts.
Dabei ist insbesondere bezüglich der für viele Theile des
deutschen Rechtsgebietes neuen Einrichtung eines Grund-
buches der Gesichtspunkt entscheidend gewesen, zur
Erleichterung der Einrichtung so weit als irgend thun-
lich an ähnliche, wenn auch für andere Zwecke getroffene
Einrichtungen anzuknüpfen. Wenn die Eintragung in das
Grundbuch nur auf Antrag Desjenigen, zu dessen Gunsten
die Eintragung erfolgen soll, oder Desjenigen, gegen dessen
Recht sich die Eintragung richtet, erfolgen darf, so steht
die Beschwerde einem Jeden zu, welcher durch die Ent-
Die Sirene.
Roman, frei nach dem Amerikanischen, von Ernst v. Treuenfels.
(72 (Fortsetzung.)
Marianne würde Paul geheirathet haben, sie würde
die entsetzliche Verantwortung auf sich genommen, sie hätte
Alles gethan und gewagt — so sehr liebte sie ihn!
Selbst in dem Momente, wo alle diese Gedanken aus
ihn anstürmten, als er die Stellung, die er einnahm, be-
griff, vergaß er nicht, daß die Liebe zu ihm an Allem
schuld war.
Er lehnte sich zurück an die Thür, sein Gesicht war
todtenbleich, die Adern auf der Stirn traten hervor wie
Striche, während auf seine Bitte Ralph die ganze Geschichte
erzählte, hinzufügend, daß, wenn Marianne nicht mit dem
ersten Zuge Schönburg verlassen habe, was kaum zu denken
war, Mr. Nollis und Doctor Danning sie noch in Schön-
burg angetroffen haben mußten. —
Ihr Gatte war zu ihr zurückgekehrt und er — Paul
Prant — wartete ungeduldig auf den Augenblick, wo er
sie zur Trauung führen sollte.
Ein Stönen überwältigenden Schmerzes entrang sich
seinen Lippen, seine Gedanken schienen sich zu verwirren.
„Möglich ist es doch, daß sie sie — verfehlt hat",
sagte er dann in seltsam unnatürlichem Tone. „Ich thäte
vielleicht besser, zum Bahnhofe zu gehen und wenn
sie kommt" er zögerte — „doch ich könnte ihr es nicht
sagen. Gehen Sie für mich, Mr. Badolf; ich will hier
warten, bis Sie zurückkommen."
Es war eine begründete Bitte und Ralph fühlte,
trotzdem er durch die Erfüllung derselben die ihm so
kostbare Zeit verlor, doch, daß er sich ihr nicht ent-
ziehen konnte.
Die beiden Wagen warteten noch immer vor der
Thür; er schickte einen derselben fort und fuhr mit dem
andern so schnell wie die Pferde laufen konnten nach dem
Bahnhofe, wo er nur wenige Minuten vor Eintreffen des
Zuges, mit dem Marianne gewöhnlich fuhr, anlangte. Er
besah alle ankommenden Damen genau und wollte sich eben,
da er sie nicht unter diesen fand, erleichtert abwenden, als
sich eine Hand auf seine Schulter legte, und er, sich um-
wendend Doctor Ellister in das Gesicht blickte.
„Ich vermuthe, das Sie Mrs. Nollis mit diesem
Zuge erwarten?"
Ralph bejahte diese Frage.
„So ist es denn ein glücklicher Zufall, daß ich Ihnen
begegnete", fuhr er ernst fort. „Sie haben wahrscheinlich
keines der Telegramme erhalten, die man an Sie abge-
sandt, eines nach dem Hotel, wo sie gewöhnlich wohnen
und das andere an Mrs. Halding?!"
„Weshalb sandte man mir Telegramme? Was ist
geschehen?"
Er fürchtete fast zu fragen, besonders diesen Mann,
der den ersten Verdacht ausgesprochen.
„Mrs. Nollis liegt im Sterben — ein Nervenschlag
hat sie gerührt. Ich konnte die Einzelheiten nicht hören,
da der Zug im Abgehen war, als der Diener es erzählte."
Ralph dankte ihm mit schwacher, gepreßter Stimme
und ließ sich sogleich in dem Wagen, der ihn hergebracht,
nach dem Hotel fahren, wo er sonst gewöhnlich abstieg,
und das er diesmal zufällig nicht aufgesucht hatte.;
Er fand das Telegramm, ihn erwartend, von der
Frau Verwalterin auf ihre eigene Verantwortlichkeit an
ihn abgesandt, da zu dieser Zeit die Bediensteten des
Hauses noch nicht von dem wirklichen Stande der Dinge
unterrichtet waren und weder Malwine noch deren Vater
in der augenblicklichen Noth an Ralph gedacht hatten.
„Kommen Sie sogleich her. Mrs. Nollis liegt im
Sterben. Ein Arzt ist schon hier."
Das war der Frau Verwalterin Meldung an das
einzige männliche Familienmitglied, denn, abgesehen von
dem Wunsche, daß der Bruder ihrer Herrin die Verant-
wortlichkeit von ihren Schultern nehmen sollte, hatte sie
sowohl, wie auch Gebhard den gutherzigen, leichtblütigen,
freundlichen, jungen Mann, der so lange Schönburg als
seine Heimath betrachtet hatte, recht lieb gewonnen.
Ralph verstand sogleich die volle Bedeutung der Bot-
schaft. Die entsetzliche Ueberraschung in einem solchen
Augenblicke, die herzbrechende Enttäuschung, die beschämen-
den Enthüllungen, die dem gefolgt sein mußten, waren zu
viel für ihr schon aufgeregtes Gehirn, sie mußte dem er-
liegen, — ein Opfer des Schicksals, dem sie Trotz ge-
boten. Und doch war es etwas, für das man in Wirk-
lichkeit noch dankbar sein mußte. Wenigstens vor dem
Schlimmsten war sie bewahrt worden, und vielleicht wollte
Gott in seiner unendlichen Gnade noch jetzt in der zwölften
Stunde ihr das Herz für die Reue öffnen, bevor sie in
die Pforten der Ewigkeit eintrat. Vielleicht!
Er fuhr mit den traurigen Nachrichten, die er er-
halten, in das Hotel zurück, und verließ dann Paul Prant,
um, nachdem er der Frau Verwalterin telegraphirt hatte,
daß er mit dem Nachmittagszuge in Schönburg eintreffen
würde, erst hinaus nach Doctor Danning's Heilanstalt zu
fahren, da er fühlte, daß es seine dringendere Pflicht sei,
sein so schwer gekränktes Weibchen aufzusuchen, als selbst
an das Krankenlager .seiner Schwester zu eilen — seiner
sterbenden Schwester, die ihm nichts als Unheil gebracht,
der er von gar keinem Nutzen sein konnte, und die aller
Wahrscheinlichkeit nach sich durchaus nicht nach ihm sehnte.
AchtunddreißigsteS Capitel.
Wiederfind en.
Als Alice von dem Herzeleid und der Enttäuschung,
die sie erlitten, als sie hörte, daß Ralph wirklich dage-
wesen und von Doctor Danning's wohlgemeinten, doch
übel angebrachten Worten fortgeschickt worden sei, ein
wenig zu sich gekommen war, — war sie ihrem früheren
Selbst nicht mehr ähnlich. Sie kam und ging mit müden
schleppenden Schritten; ihr liebes Gesicht konnte seine