ledigung einiger unwichtigen Gesetze die Berathung der f
aus dem Senat zurückgekommenen Armeevorlage. Der erste
Redner erklärte sich gegen die dreijährige Dienstzeit und
gegen jede Beschränkung der Dispense.
Mekgien.
Brüssel, 15. Dec. Die Ausstellung für Kochkunst s
und Ernädrungsindustrie wurde heute Nachmittag im Bei-
sein des Grafen und der Gräfin von Flandern eröffnet.
Die Ausstellung, die von 279 Firmen, worunter mehrere
deutsche, beschickt worden ist, bietet musterhafte Leistungen
auf den Gebieten der eigentlichen Kochkunst sowohl, wie
des Conditoreiwesens und der Bäckerei.
-rrgl«w.
London, 15. Dec. Wie aus einem der Regierung
von Sir E. Baring in Kairo zugegangenen Telegramm
heroorgeht, ist in dem bekannten Briefe OsmannDig-
mas von großen Vorräthen Elfenbein und Munition die
Rede, welche bei der Kapitulation Emin Paschas
dem Mahdi in die Hände gefallen seien; auch sollen
Sniderpatronen, welche Osman dem Briefe beifügte, von
Stanleys Sansibarträgern herrühren. General Grenfell
bestätigt die Echtheit der Abschrift eines Schreibens des
Khedios an Emin, das Stanley übergeben ward, da
Grenfell selbst für den Khediv den Brief verfaßt hat.
Uebrigens erwähnt Osman's Brief einen zweiten
„weißen Reisenden", der entkommen sei, aber hoffent-
lich noch eingefangen werde. Osmans Brief, an den
christlichen Gouverneur von Suakim gerichtet, ist sehr
weitläufig. Die Capitulation Emins und Stanleys sei
erfolgt, nachdem ihre Truppen ohne Kampf übergegangen
seien. Der Derwisch, welcher dem Mahdi davon Kunde
gab, hieß Osmar Saleh. In Suakim bezweifelt man
noch die Wahrheit, weil der Brief eine sorgfältig ausge-
arbeitete Antwort auf die Anfrage sei, welche Rundle Bey
im vorigen August stellte; dann, weil die Capitulation
längst wie ein Lauffeuer durch ganz Afrika bekannt ge-
worden; und drittens, weil längst größere Haufen freige-
wordener Derwische vor Suakim angekommen sein würden.
Bezüglich des letzteren Punktes geht in Kairo das Gerücht, !
daß große Massen von Berber unterwegs seien. Der '
Brief Osmans erwähnt noch, daß türkische Officiere, also
wohl Emin und Stanley, auf Dampfern nach Chartum
befördert worden seien. Daß der Mahdi nicht durch Emin
und Stanley eigenhändige Briefe schreiben ließ, wenn er
auf Glauben rechnen wollte, ist befremdend; indessen mögen
beide krank oder verwundet sein. Ein Leitartikel der
„Times" spricht mit Nachdruck aus, daß England in
eigenen und der Welt Augen für die jämmer-
liche Verunglückung Emins und Stanleys
verantwortlich sei, weil die englische Regierung,
nachdem Gordon preisgegeben worden und seinen Tod
gefunden, die uneinnehmbare Stellung Chartum aufge-
geben habe. Hätte England Chartum erobert, so wäre
Emin gesichert, der Entsatzzug durch Stanley überflüssig,
Suakim frei gewesen. Die „Times" tritt jetzt, da ver-
muthlich große Derwisch sch wärme vor Suakim
ankommen, für Unterhandlungen ein, wie Lord Randolph
Churchill im Unterhause angedeutet hatte.
Mrrs Nah mid Fex«»
fH Mannheim, 14. Dec. In der heute stattgefun-
denen Bürgerausschußsitzung wurde u. A. die Anlegung
eines Stadtparkes auf der alten Schicßwiese überm Neckar,
sowie der Um- resp. Erneuerungsbau des städtischen Frei-
bades beschlossen; ferner wurde Ker feste Gehalt des neu-
ernannten ersten Bürgermeisters Bräunig auf 6000 Mk.
normirt, derselbe erhält außerdem noch ein jährlicher Func-
tionsgehalt von 1500 Mk-, welcher bei der Pensions-
berechnung jedoch nicht mit in Betracht zu ziehen ist.
* Schwetzingen, 15. Dec. Gestern Abend brachte
der „Liederkranz" seinem langjährigen Mitglieds Herrn
Uhrmacher E. Mai anläßlich der Feier seiner silbernen
Hochzeit ein Ständchen. — In Folge der plötzlich einge-
tretenen Kälte ist der große Weiher im Schloßgarten zur
Freude unserer Jugend und der Freunde des Schlittschuh-
Anordnungen gegbeen, als er dies jetzt thut, ehe er sich ent-
fernt. Er wirft sich in eine Droschke, dem Kutscher die
größte Schnelligkeit anempfehlend. Natürlich erreicht er
Victoria-Station lange, ehe der Zug von Dover eintressen
kann. Aber ein Anderer scheint von der gleichen Unge-
duld beseelt. Wer ist denn die hohe Gestalt, die jetzt
mit raschen Schritten auf ihn zukommt? „Dr. Ward,
selbstverständlich", lacht er innerlich, „das hätte ich wissen
können. Ich komme Dir aber zuvor, mein Bester, denn in
vier Wochen bin ich Ehemann und Du mußt noch eine
Zeit lang in bemitleidenswerthem Junggesellenthum ver-
bringen."
Die Männer begrüßten sich herzlich. „Wir werden
nicht die Einzigen hier bleiben, die unsere Reisenden er-
warten, Sir Charles und Gemahlin wollen es sich nicht
nehmen lassen, Lady Trevor zu bewillkommnen und noch-
mals mündlich ihre Einladung zu wiederholen. Sie
wissen, sie Hat versprochen, nach Ihrer Verheiratung auf
Sir Charles' Landsitz einige Monate zu verbringen."
„Ja, so lange wohl, bis ein Anderer sie beansprucht,
wie?" lieber das männliche Antlitz dieses Andern flog
ein leichtes Erröthen, aber er wurde der Antwort über-
hoben durch die Ankunft des Baronets und seiner majestä-
tisch in schwerer Seide einherrauschcnden Gemahlin.
„Charles", sagte sie scherzend, mir scheint, wir werden
hier im Anfang sehr überflüssig. Laß uns der Kammer-
frau, der guten Seele, Mrs. Wilson, unsere Aufmerksam-
keit widmen. Bitte, bitte", fuhr sie abwehrend fort, als die
Andern lachend Einsprache erheben wollten, „wir sind auch
einmal jung gewesen, Charles und ich. — Doch hier kommt
der Zug." —
Ende.
sports zur prächtigen Eisbahn zugefroren. Auch hat das
Eisführen für die hiesigen bedeutenden Brauereien begonnen
und ist somit den Fuhrwerksbesitzern eine namhafte Ver-
dienstquelle erschlossen.
* Eberbach, 15. Dec. Der Neckar geht seit gestern
Morgen so stark mit Treibeis, daß die Schifffahrt hat
eingestellt werden müssen. — Die Vorländer liefern ge-
nügend schönes Eis um die Eiskeller der Bierbrauer zu füllen.
Neckarelz, 14. Dec. Der frühere Jagdpächter
Fr. Leutz dahier schoß gestern eine aus den Weidenge-
büschen am Neckar aufsteigende Rohrdommel; es ist dies
ein bei uns so seltener, als schöner und interessanter
Sumpfvogel. — In Folge des eingetrclenen starken Frostes
hat sich in den Vorländern des Neckars ziemlich starkes
Eis gebildet, von welchem seit zwei Tagen schon Hunderte
von Wagen voll in die Keller hiesiger und auswärtiger
Bierbrauer geführt wurden.
* Mosbach, 14. Dec. Einen vortrefflichen Anfang,
bei dem Ankauf von Landesproducten direct mit den
Producenten in Verbindung zu treten, hat die Militär-
verwaltung Bruchsal auf Anregung des Großh. Herrn
Amtsvorstandes dahier gemacht. In Gegenwart dieses
Herrn und eines Jntendanturbeamten aus Bruchsal wurden
den Consumvereinen im nahen Odenwalde gegen 1000
Ceniner Hafer ohne jeglichen Zwischenhändler abgekauft und
bereits an Ort und Stelle abgeliefert. Bedingung war,
daß der Hafer, das Scheffel sind 50 Liter, 22,7 Kilopfund
wiege, ein Gewicht, welches der Hafer in den Orten
Robern, Krumbach und Fahrenbach noch übertraf, und
sauber geputzt sein müsse. Die Militärverwaltung zahlte
frei Station Bruchsal 7 Mk. 25 Pfg. per Centner, ge-
währte Militärfracht und stellte den Bauern die Säcke.
Es kamen durch diesen Verkauf über 11000 Mk. in wenige
Odenwaldgemeindcn. — Für's nächste Jahr sind weitere
und frühere Abnahmen, auch in anderen Producten zuge-
sagt. Die Militärverwaltungen in Karlsruhe und Mann-
heim gingen mit gleichfreundlichem Entgegenkommen der
Direction des landwirthschaftlichen Bezirksvereins in Mos-
bach an die Hand.
* Bruchsal, 15. Dec. Bei der gestrigen Stadtver-
ordneten Ergänzungswahl der Mittelbesteuerten wurden von
244 Berechtigten 89 Zettel ,m Sinne der Ordnungspartei
abgegeben. Die „Anfechter" hielten sich auch diesmal von
dec Wahlurne fern.
* Bretten, 14. Dec. Unser Bürgerausschuß hat in
seiner letzten Sitzung beschlossen, ein neues Postgebäude
auf Kosten der Stadt zu erbauen, und zu diesem Zwecke
60 000 Mk. aus Mitteln der städtischen Sparkasse be-
willigt. Die Postbehörde hat sich zur Bezahlung einer
Miethe von 2100 bis 2200 Mk. bereit erklärt, was einer
Verzinsung des Baukapitals um ca. 3^/^ pCt. gleich-
kommen würde. Das neue Postgebäude soll inmitten der
Stadt in der Melanchthonstraße erbaut werden und wird
dasselbe voraussichtlich eine hohe Zierde dieser noch etwas
alterthümlich aussehenden Straße bilden. Die hiesige Ein-
wohnerschaft wird den Beschluß unseres Stadtverordneten-
Collegiums mit hoher Freude begrüßen, wird doch durch
den neuen Postbau einem Bedürfnis abgeholfen, welches
sich in unserer Stadt schon seit einer Reihe von Jahren
in einer recht unangenehmen Weise fühlbar machte. Das
Gebäude bleibt vorläufig Eigenthum der Stadl. Ob die
Poftbehörde dasselbe später käuflich erwerben wird, muß
abgewartet werden.
* Mosbach, 15. Dec. Seit mehreren Tagen bringen
Fuhren aus allen Himmelsgegenden, Neckarelz, Dicdesheim,
dem Odenwald und den benachbarten Höfen, Ladungen
mit Eis, um die Keller unserer Brauer, welche dadurch
eine bedeutende Auslage zu machen haben, mit diesem un-
entbehrlichen Naturprodukt zu füllen.
* Heilbronn, 14. Dec. Der hiesige Gemeinderath
bezeichnet heute in der „Neckar-Ztg." die vom Oberbürger-
meister Hegelmaier gemachten Zugeständnisse als unbe-
friedigend und hält solche für nicht ausreichend, um das
Einvernehmen zwischen ihm und dem Gemeinderath wieder
herzustellen.
* Ettlingen, 14. Dec. Die große Nachricht des
Tages ist, es liege begründete Aussicht vor, daß die deutsche
Metallpatronenfabrik von Lorenz in Karlsruhe hierher ver-
legt werde. Die Sache ist schon so weit gediehen, daß
unser Herr Bürgermeister Groß in heutiger Sitzung des
Gemeinberaths und Bürgerausschusses dem Collegium Mit-
theilung hierüber machen konnte, wobei er die Mitglieder
beider Körperschaften ersuchte, sie wollen dahin wirken, daß
die Verkaufsabschlüsse über das nöthige Gelände nicht
durch zu hohe Anforderungen vereitelt werden. Es soll
beabsichtigt sein, für die Fabrik etwa 75 Morgen Accker
„im Gehrn" (so heißt das Gelände jenseits der Bahnlinie
zwischen dem Bulacher Weg und der Straße nach Mörsch)
zu erwerben.
* Neumünster, 13. Dec. Ein entsetzliches Brand-
unglück begann gestern Abend 6 Uhr in der erst vor 1^
Jahren neuerbauten Aalbeck'schen Woüwaarenfabrik in Neu-
münster, in der ca. 80 Arbeiter beschäftigt werden. Die
Feuerglocken läuteten, die Trommeln-der Infanterie wirbelten
und die städtische Feuerwehr eilte zur Unglücksstätte, wo
letztere zwar mit großer Bravour, aber leider geringem
Erfolg gegen die Uebermacht des entfesselten Elements j
kämpfte. Der wachhabende Officier der gegenüber belegenen j
Militärwache ließ unverzüglich Soldaten zur Hülfeleistung >
abmarschiren und den Schauplatz für Unbeikommende durch l
Truppen abspcrren. Mit rapider Schnelligkeit pflanzte sich das j
l schreckliche Element von unten nach den oberen Räumen s
fort, da es in den Wollvorräthen reichlich Nahrung fand. -
In Folge dessen standen die oberen Arbeiter in großer ;
Lebensgefahr, zumal nur ein Ausgang war. Die guß- j
eisernen Sprossen in den Fabrik-Fensterrahmen konnten j
nicht gesprengt werden und man vermochte deshalb von j
- außen nicht einzudringen. Mehrere der im Dampf und !
Feuer verzweifelt schreiende Arbeiter und Arbeiterinnen
steckten freilich die Köpfe durch die kleinen Gitterstaagen,
aber sie konnten nicht weiter hindurch, sie mußten ver-
brennen. Die Verzweiflung der unten stehenden Verwandten
der armen Opfer, welche bei dieser Katastrophe ihr Leben
lassen mußten, ist unbeschreiblich. Auch der südlich von
der Fabrik belegene „Kaisersaal" war eines der schönsten
Etablissements unserer Stadt. Die Zahl der Verunglückten
ist noch nicht festgestellt, die Angaben schwanken zwischen
12 und 20. Festzustehen scheint, daß vier verheicathete
Männer, eine Frau und mehrere schwedische Arbeiterinnen
umgekommen sind. Das Feuer ergriff auch den in der
Nähe gelegenen Kaisersaal und zerstörte einen Theil des
Hotels „Zur Börse."_
Lokales.
* Heidelberg, 17. Dec. (Null und nichtig!) Ein höchst
interessanter Fall ist vor der Strafkammer des Landgerichts
Karlsruhe vorige Woche zur Verhandlung gelangt. Der Bäcker
Karl Roth von hier verehelichte sich im Jahre 1862, wobei ihm
seine Frau eine unehelich geborene Tochler von 12 Jahren in
die Ehe brachte. Nachdem das Mädchen erwachsen war, ver-
heiratete es sich mit einem Onkel, aber die Ehe fiel unglücklich
aus, die Ehegatten vertrugen sich nicht und es kam zur gericht-
lichen Scheidung, worauf die junge Frau wieder ins' Elternhaus
Haus zurückkehrte. Sie war hier insofern willkommen, als ihre
Mutter kränklich war, und als diese nach einiger Zeit mit Tod
abging, führte sie dem Stiefvater die Haushaltung. Mit der
Zeit fand aber dieser an seiner Haushälterin Gefallen und da
auch diese zu dem Stiefvater Zuneigung faßte, beschlossen Beide,
vereint durch's Leben zu gehen und den neuen Bund von dem
Standesbeamten besiegeln zu lassen. Hiezu war aber, wie ihnen
wohl bekannt war, DiSpens wegen der nahen Verwandtschaft
nothwendig, und Roth wendete sich dieserseits mit einer Eingabe
an das Großh. Ministerium des Innern. Von dort wurde ihm
aber der Bescheid, daß die geplante eheliche Verbindung nach
den Gesetzen des Reiches unzulässig sei. Das Liebespaar war
dadurch aber nicht entmuthigt, sondern glaubte auf andere Weise
zum erwünschten Ziele gelangen zu können. Es war ihnen be-
kannt, daß die Ehegesetze der Vereinigten Staaten von Amerika
weniger strenge sind, deßhalb reiste eines schönen Tages dasselbe
über den Ocean, ließ sich in Boston trauen und kehrte dann
ruhig nach Deutschland, speciell nach Pforzheim, zurück, wo sich
Roth etabliren wollte. Doch des Lebens ungemischte Freude
wird bekanntlich keinem Sterblichen zu Theil und so nahte sich
dem jungen Ehepaar das Verhängniß in Gestalt der Polizei-
behörde, um dem Eheglücke jählings ein Ende zu machen. Roth
wurde verhaftet, seiner Frau resp. Stieftocher gelang es, noch
rechtzeitig zu entfliehen. Unlängst stand nun der 51 Jahre alte
Roth vor der Strafkammer des Karlsruher Landgerichts, um sich
wegen seiner ungesetzlichen Ehe mit einer nahen Anverwandten
zu verantworten. Der Gerichtshof nahm an, daß derselbe in
einem Rechtsirrthum befangen war, ließ deßhalb mildernde
Umstände gelten, so daß Roth mit einer Gsfängnißstrafe von 2
Monaten und die Kosten davonkam. Zugleich wurde die Ehe
für Null und Nichtig erklärt.
* Heidelberg, 17. Dec. (Auszeichnung.) Der Hofconditor
Herr Emil Roesler erhielt auf der Brüsseler Ausstellung die
goldene Medaille.
* Heidelberg, 17. Dec. (Unterschlagung.) Am letzten
Donnerstag erhielt ein lediger Kaufmann von seinem Principal
100 Mk., um eine Zahlung auf der Post zu machen. Er unter-
schlug jedoch das Geld, indem er dasselbe in hiesigen Wirth-
schasten durchbrnchte. Der ehrl'che Herr wurde zur Haft ge-
bracht und sand man nur noch 3 Mk. bei ihm vor.
* Heidelberg, 17. Dec. (Eine Prügelzunft.) In der
Samstag Nacht geriethen einige Arbeiter in der Ziegelgasse mit
einander in Streit und schlugen sich herum, so daß Vie Polizei
Ruhe gebieten mußte; dabei machte sich einer derselben des
Widerstands schuldig und mußte zur Haft gebracht werden.
* Heidelberg, 17. Dec. (Scandalhslden.) In verwichener
Stacht verübten zwei Taglöhner in einer hiesigen Wirthschaft
Tätlichkeiten, indem einer dem andern mit der Faust in's Ge-
sicht schlug und durch übermäßiges Schreien die Ruhe störte.
Die Anzeige erfolgte bereits.
* Heidelberg, 17. Dec. (Fremdenliste.) Die Fremden-
liste der hiesigen Gasthöfe führt an Fremden auf: am Samstag
159 und am Sonntag 221 Personen.
Schöffengericht.
Eppingen, 11. Dec. In der Schöffengerichtssitzung vom
Heutigen wurden die auf der Tagesordnung stehenden Fälle
wie folgt erledigt:
Verurtheilt wurden: 1) Steinhauer Johannes Steinmann
von Mühlbach wegen Körperverletzung zu einer Gefängnißstrafe
von zwei Monaten; 2) der ledige Steinhauer Gottfried David
Götter von Sulzfeld wegen Körperverletzung zu einer Gefäng-
nißstrafe von 2 Monaten; 3) der ledige Steinhauer Gottlieb
Beisel von Sulzfeld wegen Thätlichkeiten zu einer Haftstrafe von
8 Tagen; 4) Maurer Gottfried Bachmann von Eppingen wegen
Diebstahls zu einer Gefängnißstrafe von 8 Tagen; 5) Land-
wirth Wilhelm Riedle, Landwirth Friedr. Hagenbuch u. Maurer
Friedrich Haas, sämmtlich von Niederhofen, wegen Forstdieb-
stahls, zu einer Geldstrafe von je 80 Mk.; 6) Landwirth Jacob
Klemm von Gemmingen wegen Beleidigung des Bürgermeisters
Betz von da zu einer Geldstrafe von 80 Mk.
Walldürn, 17. Dec. Bei der am Samstag, den 1b. Dec.,
stattgefundenen öffentlichen Schöffengerichtssitzung kamen folgende
Fälle zur Verhandlung:
1) Landwirth Jacob Volk von Bretzingen erhielt wegen
Verstrickungsbruch, 3 Tage Gefängniß. 2) Schreiner Karl Volk
von Rippberg erhielt wegen Beleidigung 3 Tage Gefängniß.
3) Anton Bauer ledig von Walldürn erhielt wegen Diebstahls
6 Wochen Gefängniß. 4) Landwirth Lmus Frank, Landwirth
Jos. Seitz und Landwirth Amor Seitz, sämmtlichs von Erfeld
wurden von der Anklage wegen Ruhestörung und Thätlichkeiten
freigesprochen. 5) Taglöhner Alois Rau von Walldürn erhielt
wegen Körperverletzung 4 Wochen Gefängniß.
Landgericht.
fH Mannheim, 14. Dec. (Strafkammer II.) Vorsitzender: Hr.
Landgerichtsdirector Müller; Vertreter der Großh. Staatsbehörde
die Herren Staatsanwälte v. Duffner und v. Dusch. Es kamen
folgende Fälle zur Verhandlung:
1) Julius Funk, 30 Jahre alt, verheirathet, Bauaufseher
von Eller wegen fahrlässiger Körperverletzung. Derselbe erhält
eine Geldstrafe von 50 Mark. 2) Martin Häfner Ehefrau Eva
geb. Bock, 24 Jahre alt und Therese Häfner, 20 Jahre alt,
ledig, beide von Feudenheim, wegen Körperverletzung. Die
Angeklagten haben gemeinschaftlich die Johanna Häfner Ehe-
frau mit Hacken körperlich rnißhandelt und erhalten sie hierfür
eine Gefängnißstrafe von je 3 Wochen. 3) August Beith, 14
Jahre alt, lediger Taglöhner von Heidelberg wegen unerlaubter
Ausspielung. Der Angeklagte hat im August d. I. in mehreren
Wirthschaften in Ziegelhausen Südfrüchte ausgespielt, ohne die
Polizeiliche Erlaubniß hierzu zu besitzen. Urtheil: I Woche Ge-
fängniß. 4) Augusta Rotthäuser, 24 Jahre alt, ledig, Handar-
beiterin von Elberfeld, erhielt wegen Betrugs, Unzucht und
Führung eines falschen Namens I Jahr Gefängniß und 2
Wochen Haft. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der
aus dem Senat zurückgekommenen Armeevorlage. Der erste
Redner erklärte sich gegen die dreijährige Dienstzeit und
gegen jede Beschränkung der Dispense.
Mekgien.
Brüssel, 15. Dec. Die Ausstellung für Kochkunst s
und Ernädrungsindustrie wurde heute Nachmittag im Bei-
sein des Grafen und der Gräfin von Flandern eröffnet.
Die Ausstellung, die von 279 Firmen, worunter mehrere
deutsche, beschickt worden ist, bietet musterhafte Leistungen
auf den Gebieten der eigentlichen Kochkunst sowohl, wie
des Conditoreiwesens und der Bäckerei.
-rrgl«w.
London, 15. Dec. Wie aus einem der Regierung
von Sir E. Baring in Kairo zugegangenen Telegramm
heroorgeht, ist in dem bekannten Briefe OsmannDig-
mas von großen Vorräthen Elfenbein und Munition die
Rede, welche bei der Kapitulation Emin Paschas
dem Mahdi in die Hände gefallen seien; auch sollen
Sniderpatronen, welche Osman dem Briefe beifügte, von
Stanleys Sansibarträgern herrühren. General Grenfell
bestätigt die Echtheit der Abschrift eines Schreibens des
Khedios an Emin, das Stanley übergeben ward, da
Grenfell selbst für den Khediv den Brief verfaßt hat.
Uebrigens erwähnt Osman's Brief einen zweiten
„weißen Reisenden", der entkommen sei, aber hoffent-
lich noch eingefangen werde. Osmans Brief, an den
christlichen Gouverneur von Suakim gerichtet, ist sehr
weitläufig. Die Capitulation Emins und Stanleys sei
erfolgt, nachdem ihre Truppen ohne Kampf übergegangen
seien. Der Derwisch, welcher dem Mahdi davon Kunde
gab, hieß Osmar Saleh. In Suakim bezweifelt man
noch die Wahrheit, weil der Brief eine sorgfältig ausge-
arbeitete Antwort auf die Anfrage sei, welche Rundle Bey
im vorigen August stellte; dann, weil die Capitulation
längst wie ein Lauffeuer durch ganz Afrika bekannt ge-
worden; und drittens, weil längst größere Haufen freige-
wordener Derwische vor Suakim angekommen sein würden.
Bezüglich des letzteren Punktes geht in Kairo das Gerücht, !
daß große Massen von Berber unterwegs seien. Der '
Brief Osmans erwähnt noch, daß türkische Officiere, also
wohl Emin und Stanley, auf Dampfern nach Chartum
befördert worden seien. Daß der Mahdi nicht durch Emin
und Stanley eigenhändige Briefe schreiben ließ, wenn er
auf Glauben rechnen wollte, ist befremdend; indessen mögen
beide krank oder verwundet sein. Ein Leitartikel der
„Times" spricht mit Nachdruck aus, daß England in
eigenen und der Welt Augen für die jämmer-
liche Verunglückung Emins und Stanleys
verantwortlich sei, weil die englische Regierung,
nachdem Gordon preisgegeben worden und seinen Tod
gefunden, die uneinnehmbare Stellung Chartum aufge-
geben habe. Hätte England Chartum erobert, so wäre
Emin gesichert, der Entsatzzug durch Stanley überflüssig,
Suakim frei gewesen. Die „Times" tritt jetzt, da ver-
muthlich große Derwisch sch wärme vor Suakim
ankommen, für Unterhandlungen ein, wie Lord Randolph
Churchill im Unterhause angedeutet hatte.
Mrrs Nah mid Fex«»
fH Mannheim, 14. Dec. In der heute stattgefun-
denen Bürgerausschußsitzung wurde u. A. die Anlegung
eines Stadtparkes auf der alten Schicßwiese überm Neckar,
sowie der Um- resp. Erneuerungsbau des städtischen Frei-
bades beschlossen; ferner wurde Ker feste Gehalt des neu-
ernannten ersten Bürgermeisters Bräunig auf 6000 Mk.
normirt, derselbe erhält außerdem noch ein jährlicher Func-
tionsgehalt von 1500 Mk-, welcher bei der Pensions-
berechnung jedoch nicht mit in Betracht zu ziehen ist.
* Schwetzingen, 15. Dec. Gestern Abend brachte
der „Liederkranz" seinem langjährigen Mitglieds Herrn
Uhrmacher E. Mai anläßlich der Feier seiner silbernen
Hochzeit ein Ständchen. — In Folge der plötzlich einge-
tretenen Kälte ist der große Weiher im Schloßgarten zur
Freude unserer Jugend und der Freunde des Schlittschuh-
Anordnungen gegbeen, als er dies jetzt thut, ehe er sich ent-
fernt. Er wirft sich in eine Droschke, dem Kutscher die
größte Schnelligkeit anempfehlend. Natürlich erreicht er
Victoria-Station lange, ehe der Zug von Dover eintressen
kann. Aber ein Anderer scheint von der gleichen Unge-
duld beseelt. Wer ist denn die hohe Gestalt, die jetzt
mit raschen Schritten auf ihn zukommt? „Dr. Ward,
selbstverständlich", lacht er innerlich, „das hätte ich wissen
können. Ich komme Dir aber zuvor, mein Bester, denn in
vier Wochen bin ich Ehemann und Du mußt noch eine
Zeit lang in bemitleidenswerthem Junggesellenthum ver-
bringen."
Die Männer begrüßten sich herzlich. „Wir werden
nicht die Einzigen hier bleiben, die unsere Reisenden er-
warten, Sir Charles und Gemahlin wollen es sich nicht
nehmen lassen, Lady Trevor zu bewillkommnen und noch-
mals mündlich ihre Einladung zu wiederholen. Sie
wissen, sie Hat versprochen, nach Ihrer Verheiratung auf
Sir Charles' Landsitz einige Monate zu verbringen."
„Ja, so lange wohl, bis ein Anderer sie beansprucht,
wie?" lieber das männliche Antlitz dieses Andern flog
ein leichtes Erröthen, aber er wurde der Antwort über-
hoben durch die Ankunft des Baronets und seiner majestä-
tisch in schwerer Seide einherrauschcnden Gemahlin.
„Charles", sagte sie scherzend, mir scheint, wir werden
hier im Anfang sehr überflüssig. Laß uns der Kammer-
frau, der guten Seele, Mrs. Wilson, unsere Aufmerksam-
keit widmen. Bitte, bitte", fuhr sie abwehrend fort, als die
Andern lachend Einsprache erheben wollten, „wir sind auch
einmal jung gewesen, Charles und ich. — Doch hier kommt
der Zug." —
Ende.
sports zur prächtigen Eisbahn zugefroren. Auch hat das
Eisführen für die hiesigen bedeutenden Brauereien begonnen
und ist somit den Fuhrwerksbesitzern eine namhafte Ver-
dienstquelle erschlossen.
* Eberbach, 15. Dec. Der Neckar geht seit gestern
Morgen so stark mit Treibeis, daß die Schifffahrt hat
eingestellt werden müssen. — Die Vorländer liefern ge-
nügend schönes Eis um die Eiskeller der Bierbrauer zu füllen.
Neckarelz, 14. Dec. Der frühere Jagdpächter
Fr. Leutz dahier schoß gestern eine aus den Weidenge-
büschen am Neckar aufsteigende Rohrdommel; es ist dies
ein bei uns so seltener, als schöner und interessanter
Sumpfvogel. — In Folge des eingetrclenen starken Frostes
hat sich in den Vorländern des Neckars ziemlich starkes
Eis gebildet, von welchem seit zwei Tagen schon Hunderte
von Wagen voll in die Keller hiesiger und auswärtiger
Bierbrauer geführt wurden.
* Mosbach, 14. Dec. Einen vortrefflichen Anfang,
bei dem Ankauf von Landesproducten direct mit den
Producenten in Verbindung zu treten, hat die Militär-
verwaltung Bruchsal auf Anregung des Großh. Herrn
Amtsvorstandes dahier gemacht. In Gegenwart dieses
Herrn und eines Jntendanturbeamten aus Bruchsal wurden
den Consumvereinen im nahen Odenwalde gegen 1000
Ceniner Hafer ohne jeglichen Zwischenhändler abgekauft und
bereits an Ort und Stelle abgeliefert. Bedingung war,
daß der Hafer, das Scheffel sind 50 Liter, 22,7 Kilopfund
wiege, ein Gewicht, welches der Hafer in den Orten
Robern, Krumbach und Fahrenbach noch übertraf, und
sauber geputzt sein müsse. Die Militärverwaltung zahlte
frei Station Bruchsal 7 Mk. 25 Pfg. per Centner, ge-
währte Militärfracht und stellte den Bauern die Säcke.
Es kamen durch diesen Verkauf über 11000 Mk. in wenige
Odenwaldgemeindcn. — Für's nächste Jahr sind weitere
und frühere Abnahmen, auch in anderen Producten zuge-
sagt. Die Militärverwaltungen in Karlsruhe und Mann-
heim gingen mit gleichfreundlichem Entgegenkommen der
Direction des landwirthschaftlichen Bezirksvereins in Mos-
bach an die Hand.
* Bruchsal, 15. Dec. Bei der gestrigen Stadtver-
ordneten Ergänzungswahl der Mittelbesteuerten wurden von
244 Berechtigten 89 Zettel ,m Sinne der Ordnungspartei
abgegeben. Die „Anfechter" hielten sich auch diesmal von
dec Wahlurne fern.
* Bretten, 14. Dec. Unser Bürgerausschuß hat in
seiner letzten Sitzung beschlossen, ein neues Postgebäude
auf Kosten der Stadt zu erbauen, und zu diesem Zwecke
60 000 Mk. aus Mitteln der städtischen Sparkasse be-
willigt. Die Postbehörde hat sich zur Bezahlung einer
Miethe von 2100 bis 2200 Mk. bereit erklärt, was einer
Verzinsung des Baukapitals um ca. 3^/^ pCt. gleich-
kommen würde. Das neue Postgebäude soll inmitten der
Stadt in der Melanchthonstraße erbaut werden und wird
dasselbe voraussichtlich eine hohe Zierde dieser noch etwas
alterthümlich aussehenden Straße bilden. Die hiesige Ein-
wohnerschaft wird den Beschluß unseres Stadtverordneten-
Collegiums mit hoher Freude begrüßen, wird doch durch
den neuen Postbau einem Bedürfnis abgeholfen, welches
sich in unserer Stadt schon seit einer Reihe von Jahren
in einer recht unangenehmen Weise fühlbar machte. Das
Gebäude bleibt vorläufig Eigenthum der Stadl. Ob die
Poftbehörde dasselbe später käuflich erwerben wird, muß
abgewartet werden.
* Mosbach, 15. Dec. Seit mehreren Tagen bringen
Fuhren aus allen Himmelsgegenden, Neckarelz, Dicdesheim,
dem Odenwald und den benachbarten Höfen, Ladungen
mit Eis, um die Keller unserer Brauer, welche dadurch
eine bedeutende Auslage zu machen haben, mit diesem un-
entbehrlichen Naturprodukt zu füllen.
* Heilbronn, 14. Dec. Der hiesige Gemeinderath
bezeichnet heute in der „Neckar-Ztg." die vom Oberbürger-
meister Hegelmaier gemachten Zugeständnisse als unbe-
friedigend und hält solche für nicht ausreichend, um das
Einvernehmen zwischen ihm und dem Gemeinderath wieder
herzustellen.
* Ettlingen, 14. Dec. Die große Nachricht des
Tages ist, es liege begründete Aussicht vor, daß die deutsche
Metallpatronenfabrik von Lorenz in Karlsruhe hierher ver-
legt werde. Die Sache ist schon so weit gediehen, daß
unser Herr Bürgermeister Groß in heutiger Sitzung des
Gemeinberaths und Bürgerausschusses dem Collegium Mit-
theilung hierüber machen konnte, wobei er die Mitglieder
beider Körperschaften ersuchte, sie wollen dahin wirken, daß
die Verkaufsabschlüsse über das nöthige Gelände nicht
durch zu hohe Anforderungen vereitelt werden. Es soll
beabsichtigt sein, für die Fabrik etwa 75 Morgen Accker
„im Gehrn" (so heißt das Gelände jenseits der Bahnlinie
zwischen dem Bulacher Weg und der Straße nach Mörsch)
zu erwerben.
* Neumünster, 13. Dec. Ein entsetzliches Brand-
unglück begann gestern Abend 6 Uhr in der erst vor 1^
Jahren neuerbauten Aalbeck'schen Woüwaarenfabrik in Neu-
münster, in der ca. 80 Arbeiter beschäftigt werden. Die
Feuerglocken läuteten, die Trommeln-der Infanterie wirbelten
und die städtische Feuerwehr eilte zur Unglücksstätte, wo
letztere zwar mit großer Bravour, aber leider geringem
Erfolg gegen die Uebermacht des entfesselten Elements j
kämpfte. Der wachhabende Officier der gegenüber belegenen j
Militärwache ließ unverzüglich Soldaten zur Hülfeleistung >
abmarschiren und den Schauplatz für Unbeikommende durch l
Truppen abspcrren. Mit rapider Schnelligkeit pflanzte sich das j
l schreckliche Element von unten nach den oberen Räumen s
fort, da es in den Wollvorräthen reichlich Nahrung fand. -
In Folge dessen standen die oberen Arbeiter in großer ;
Lebensgefahr, zumal nur ein Ausgang war. Die guß- j
eisernen Sprossen in den Fabrik-Fensterrahmen konnten j
nicht gesprengt werden und man vermochte deshalb von j
- außen nicht einzudringen. Mehrere der im Dampf und !
Feuer verzweifelt schreiende Arbeiter und Arbeiterinnen
steckten freilich die Köpfe durch die kleinen Gitterstaagen,
aber sie konnten nicht weiter hindurch, sie mußten ver-
brennen. Die Verzweiflung der unten stehenden Verwandten
der armen Opfer, welche bei dieser Katastrophe ihr Leben
lassen mußten, ist unbeschreiblich. Auch der südlich von
der Fabrik belegene „Kaisersaal" war eines der schönsten
Etablissements unserer Stadt. Die Zahl der Verunglückten
ist noch nicht festgestellt, die Angaben schwanken zwischen
12 und 20. Festzustehen scheint, daß vier verheicathete
Männer, eine Frau und mehrere schwedische Arbeiterinnen
umgekommen sind. Das Feuer ergriff auch den in der
Nähe gelegenen Kaisersaal und zerstörte einen Theil des
Hotels „Zur Börse."_
Lokales.
* Heidelberg, 17. Dec. (Null und nichtig!) Ein höchst
interessanter Fall ist vor der Strafkammer des Landgerichts
Karlsruhe vorige Woche zur Verhandlung gelangt. Der Bäcker
Karl Roth von hier verehelichte sich im Jahre 1862, wobei ihm
seine Frau eine unehelich geborene Tochler von 12 Jahren in
die Ehe brachte. Nachdem das Mädchen erwachsen war, ver-
heiratete es sich mit einem Onkel, aber die Ehe fiel unglücklich
aus, die Ehegatten vertrugen sich nicht und es kam zur gericht-
lichen Scheidung, worauf die junge Frau wieder ins' Elternhaus
Haus zurückkehrte. Sie war hier insofern willkommen, als ihre
Mutter kränklich war, und als diese nach einiger Zeit mit Tod
abging, führte sie dem Stiefvater die Haushaltung. Mit der
Zeit fand aber dieser an seiner Haushälterin Gefallen und da
auch diese zu dem Stiefvater Zuneigung faßte, beschlossen Beide,
vereint durch's Leben zu gehen und den neuen Bund von dem
Standesbeamten besiegeln zu lassen. Hiezu war aber, wie ihnen
wohl bekannt war, DiSpens wegen der nahen Verwandtschaft
nothwendig, und Roth wendete sich dieserseits mit einer Eingabe
an das Großh. Ministerium des Innern. Von dort wurde ihm
aber der Bescheid, daß die geplante eheliche Verbindung nach
den Gesetzen des Reiches unzulässig sei. Das Liebespaar war
dadurch aber nicht entmuthigt, sondern glaubte auf andere Weise
zum erwünschten Ziele gelangen zu können. Es war ihnen be-
kannt, daß die Ehegesetze der Vereinigten Staaten von Amerika
weniger strenge sind, deßhalb reiste eines schönen Tages dasselbe
über den Ocean, ließ sich in Boston trauen und kehrte dann
ruhig nach Deutschland, speciell nach Pforzheim, zurück, wo sich
Roth etabliren wollte. Doch des Lebens ungemischte Freude
wird bekanntlich keinem Sterblichen zu Theil und so nahte sich
dem jungen Ehepaar das Verhängniß in Gestalt der Polizei-
behörde, um dem Eheglücke jählings ein Ende zu machen. Roth
wurde verhaftet, seiner Frau resp. Stieftocher gelang es, noch
rechtzeitig zu entfliehen. Unlängst stand nun der 51 Jahre alte
Roth vor der Strafkammer des Karlsruher Landgerichts, um sich
wegen seiner ungesetzlichen Ehe mit einer nahen Anverwandten
zu verantworten. Der Gerichtshof nahm an, daß derselbe in
einem Rechtsirrthum befangen war, ließ deßhalb mildernde
Umstände gelten, so daß Roth mit einer Gsfängnißstrafe von 2
Monaten und die Kosten davonkam. Zugleich wurde die Ehe
für Null und Nichtig erklärt.
* Heidelberg, 17. Dec. (Auszeichnung.) Der Hofconditor
Herr Emil Roesler erhielt auf der Brüsseler Ausstellung die
goldene Medaille.
* Heidelberg, 17. Dec. (Unterschlagung.) Am letzten
Donnerstag erhielt ein lediger Kaufmann von seinem Principal
100 Mk., um eine Zahlung auf der Post zu machen. Er unter-
schlug jedoch das Geld, indem er dasselbe in hiesigen Wirth-
schasten durchbrnchte. Der ehrl'che Herr wurde zur Haft ge-
bracht und sand man nur noch 3 Mk. bei ihm vor.
* Heidelberg, 17. Dec. (Eine Prügelzunft.) In der
Samstag Nacht geriethen einige Arbeiter in der Ziegelgasse mit
einander in Streit und schlugen sich herum, so daß Vie Polizei
Ruhe gebieten mußte; dabei machte sich einer derselben des
Widerstands schuldig und mußte zur Haft gebracht werden.
* Heidelberg, 17. Dec. (Scandalhslden.) In verwichener
Stacht verübten zwei Taglöhner in einer hiesigen Wirthschaft
Tätlichkeiten, indem einer dem andern mit der Faust in's Ge-
sicht schlug und durch übermäßiges Schreien die Ruhe störte.
Die Anzeige erfolgte bereits.
* Heidelberg, 17. Dec. (Fremdenliste.) Die Fremden-
liste der hiesigen Gasthöfe führt an Fremden auf: am Samstag
159 und am Sonntag 221 Personen.
Schöffengericht.
Eppingen, 11. Dec. In der Schöffengerichtssitzung vom
Heutigen wurden die auf der Tagesordnung stehenden Fälle
wie folgt erledigt:
Verurtheilt wurden: 1) Steinhauer Johannes Steinmann
von Mühlbach wegen Körperverletzung zu einer Gefängnißstrafe
von zwei Monaten; 2) der ledige Steinhauer Gottfried David
Götter von Sulzfeld wegen Körperverletzung zu einer Gefäng-
nißstrafe von 2 Monaten; 3) der ledige Steinhauer Gottlieb
Beisel von Sulzfeld wegen Thätlichkeiten zu einer Haftstrafe von
8 Tagen; 4) Maurer Gottfried Bachmann von Eppingen wegen
Diebstahls zu einer Gefängnißstrafe von 8 Tagen; 5) Land-
wirth Wilhelm Riedle, Landwirth Friedr. Hagenbuch u. Maurer
Friedrich Haas, sämmtlich von Niederhofen, wegen Forstdieb-
stahls, zu einer Geldstrafe von je 80 Mk.; 6) Landwirth Jacob
Klemm von Gemmingen wegen Beleidigung des Bürgermeisters
Betz von da zu einer Geldstrafe von 80 Mk.
Walldürn, 17. Dec. Bei der am Samstag, den 1b. Dec.,
stattgefundenen öffentlichen Schöffengerichtssitzung kamen folgende
Fälle zur Verhandlung:
1) Landwirth Jacob Volk von Bretzingen erhielt wegen
Verstrickungsbruch, 3 Tage Gefängniß. 2) Schreiner Karl Volk
von Rippberg erhielt wegen Beleidigung 3 Tage Gefängniß.
3) Anton Bauer ledig von Walldürn erhielt wegen Diebstahls
6 Wochen Gefängniß. 4) Landwirth Lmus Frank, Landwirth
Jos. Seitz und Landwirth Amor Seitz, sämmtlichs von Erfeld
wurden von der Anklage wegen Ruhestörung und Thätlichkeiten
freigesprochen. 5) Taglöhner Alois Rau von Walldürn erhielt
wegen Körperverletzung 4 Wochen Gefängniß.
Landgericht.
fH Mannheim, 14. Dec. (Strafkammer II.) Vorsitzender: Hr.
Landgerichtsdirector Müller; Vertreter der Großh. Staatsbehörde
die Herren Staatsanwälte v. Duffner und v. Dusch. Es kamen
folgende Fälle zur Verhandlung:
1) Julius Funk, 30 Jahre alt, verheirathet, Bauaufseher
von Eller wegen fahrlässiger Körperverletzung. Derselbe erhält
eine Geldstrafe von 50 Mark. 2) Martin Häfner Ehefrau Eva
geb. Bock, 24 Jahre alt und Therese Häfner, 20 Jahre alt,
ledig, beide von Feudenheim, wegen Körperverletzung. Die
Angeklagten haben gemeinschaftlich die Johanna Häfner Ehe-
frau mit Hacken körperlich rnißhandelt und erhalten sie hierfür
eine Gefängnißstrafe von je 3 Wochen. 3) August Beith, 14
Jahre alt, lediger Taglöhner von Heidelberg wegen unerlaubter
Ausspielung. Der Angeklagte hat im August d. I. in mehreren
Wirthschaften in Ziegelhausen Südfrüchte ausgespielt, ohne die
Polizeiliche Erlaubniß hierzu zu besitzen. Urtheil: I Woche Ge-
fängniß. 4) Augusta Rotthäuser, 24 Jahre alt, ledig, Handar-
beiterin von Elberfeld, erhielt wegen Betrugs, Unzucht und
Führung eines falschen Namens I Jahr Gefängniß und 2
Wochen Haft. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der