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Heigelin, Karl Marcell
Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche (Band 3) — Leipzig, [1833]

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https://doi.org/10.11588/diglit.3372#0060
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sten Dienste, sondern stärkt zugleich die Fantasie und belebt das Ta-
lent. Man kann leicht dahin gelangen, dass man Duzende von ver-
schiedenartigen Gegenständen gleichzeitig und auf lange Zeit unver-
wischt im Gedächtnisse trägt. Wie aber diese erworbene Kraft zur
Aufbewahrung von ausen empfangener Gegenstände dient, so halten
wir durch sie aueh die Bilder fest, welche aus der Tiefe unsrer eigenen
Fantasie aufsteigen, und können durch ihre Hilfe in der Werkstätte
der innerlichen Vorstellung die Entwürfe ganzer Bauwerke bis zu ei-
nem gewissen Punkte bearbeiten.

Die Entwürfe zu bestimmten Aufgaben werden von Meistern wie
von Schülern auf sehr verschiedenen Wegen zu Stande gebracht; auch
können nicht blos auf einem derselben gute Dinge erreicht werden.
Doch sind nur zwei davon als richtig anzusehen, alle übrigen aber
theils Umwege, theils Irrwege.

Durand will, dass der Grundriss zuerst — und zwar nach einer
Art von mathematischer Berechnung, welche Hauptaxen, Nebenaxen,
und die gleichförmigen Entfernungen aller einzelnen Stüzpunkte be-
stimmen soll — entworfen, oder vielmehr ausgeführt, hierauf der
Durchschnitt bestimmt, und zulezt, als Resultat aus beiden, der Auf-
riss gefertigt werde. Dass dieser Weg unrichtig sei, macht die ein-
faehste Betrachtung des Wesens dieser verschiedenen Risse klar; sie
sind ja nichts anderes, als verschiedene einseitige Projekzionen eines
körperlichen Ganzen, welches durch keine derselben bestimmt, son-
dern blos durch alle zusammen ausgedrükt ist. Ohne die vertikalen
Formen — wenigstens in der Fantasie — gegenwärtig zu haben, kön-
nen die horizontalen durchaus nicht bestimmt werden. Übrigens zei-
gen auch viele Entwürfe dieses Meisters und seiner Schule, zu wel-
chen unzwekmäsigen und unschönen Bildungen jenes Verfahren führen

kann.
 
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