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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Katalog einer Kollektion von alten Schweizer und deutschen Glasgemälden: aus dem Besitze des Herrn Hofrat Eduard Kahlbau †, Stuttgart, des Herrn Hauptmann a. D. Robert Clemm, Burg Wingingen <Haardter Schloss genannt> sowie aus Schweizer Privatbesitz ; [Auktion in der Galerie Helbing in München, 21. November 1912] — München, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.22161#0009
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EINLEITUNG

Wenn sich der Verfasser des Kataloges über die ehemalige Sammlung schweizerischer Glasmalereien
in Toddington Castle (Hugo Helbing, München, igii) entschloß, auch den ersten Teil der vorliegenden
Publikation zu verfassen, so geschah dies einerseits, um allen Freunden schweizerischer Glasmalerei eine
Wegleitung für ihre Ankäufe zu bieten, anderseits, um einen neuen, kleinen Beitrag zur Geschichte der-
selben zu liefern. Die gute Aufnahme, welche der erste Katalog in Fachkreisen gefunden hatte, ermunterte
ihn dazu. Dabei muß aber gleich gesagt werden, daß die Meister, deren Arbeiten in diesen beiden Kata-
logen aufgeführt werden, nur einen bescheidenen Bruchteil der zahlreichen Gesellschaft schweizerischer
Glasmaler bilden, und daß es darum nicht richtig wäre, wenn man versuchen wollte, in dieser beschränkten
Gruppe die Namen aller Ersteller von Schweizerscheiben zu suchen, deren Arbeiten man noch in so großer
Zahl über die Schweiz und ihre Nachbarländer verstreut findet.

Nach der Zahl kann sich die nachstehende Sammlung mit der aus Schloß Toddington nicht messen.
Auch nicht in bezug auf die Vielseitigkeit. Ebensowenig setzt sie sich ausschließlich aus Stücken zusammen,
die vor bald hundert Jahren von einem einzigen Liebhaber und seinen Agenten in der Schweiz aufgekauft
wurden, sondern aus einigen kleinen Kollektionen, teils aus altem Schweizer, teils aus deutschem Besitz.
In der Qualität der guten Arbeiten steht sie aber nicht unter dem Niveau der Toddingtonsammlung.

Dem Kunsthistoriker dürfte die kleine Sammlung von Glasmalereien aus der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts ein besonderes Interesse bieten, die aus der Bodenseegegend, vermutlich aus Konstanz,
stammt. Leider besitzen wir über die Geschichte der Glasmalerei in dieser Stadt bis heute so gut wie gar
keine Publikationen, und bekannt sind engeren Interessenkreisen nur die Arbeiten der Familie Spengler.
Wer einen Überblick über die Glasmalerei in der alten Eidgenossenschaft und in Schwaben hat, der mußte
notgedrungen nach einem Bindeglied suchen, das sich zwischen diese süddeutschen und schweizerischen
Glasmalereien einschiebt. Und in der Tat bergen sowohl die öffentlichen als die privaten Sammlungen
einzelne Stücke, von denen man im Zweifel sein konnte, ob sie südlich oder nördlich des Oberrheins ent-
standen seien. Da sich aber die wissenschaftliche Forschung bis jetzt so wenig mit der Glasmalerei be-
schäftigte, so stehen auch bezügliche Untersuchungen noch aus.

In der kleinen Gruppe von Glasgemälden, die wir unter Konstanz und Bodenseegegend einreihten,
ist die Ähnlichkeit in der Komposition einzelner Stücke untereinander gewiß für jeden Beschauer ohne
weiteres in die Augen springend. Von den Schweizer Arbeiten der benachbarten Städte Zürich und Schaff-
hausen unterscheiden sich die Renaissancescheiben besonders durch die umrahmende Architektur, welche
zu der schwäbischen und fränkischen Kunst in viel engerer Beziehung steht als zu den Kompositionen, welche
damals die selbständig arbeitenden Meister in der Schweiz schufen. Daß Holzschnitte von Hans Burgk-
mair in Augsburg noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts am Oberrheine kopiert wurden, hat
Leo Balet in seinem Werke über die schwäbische Glasmalerei (Kataloge der Königl. Altertumssammlung
in Stuttgart, Bd. II, Nr. 70) nachgewiesen. Wie diese Richtung auch zuweilen durch deutsche Meister
in die Schweiz hineingetragen wurde, zeigt uns die Wappenscheibe des Josua von Salis, datiert 1574 (Nr. 43),

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