Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Porzellane, Edelglas, Goldschmiedearbeiten, alte Möbel und Schnitzereien, Gobelin, Bucheinbände und Bücher, Münzen, moderne Gemälde und Zeichnungen aus dem Besitze des verewigten Kommerzienrat Moritz Seligmann, Köln a. Rh.: Versteigerung in München in der Galerie Helbing, ... 23. Januar 1917 ... — München, 1917

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26009#0007
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VORWORT

Es ist eine der alten und stillen Kunstsammlungen des Rheinlands, die dieser Katalog zum
letzten Mal aus dem Nachlaß des Kölner Bankiers Moritz Seligmann als Ganzes vorführ 1.
Nur einmal ist die Sammlung Seligmann aus ihrer Zurückhaltung hervorgetreten, um sich
an einer jener retrospektiven Ausstellungen zu beteiligen, die in sachkundiger Auswahl das Beste
aus dem alten kirchlichen und privaten Kunstbesitz Westdeutschlands in Köln, Münster, Düssel-
dorf zusammenstellten und die dem allgemeinen Kunstverständnis und namentlich den Forschungen
zur Geschichte des deutschen Kunstgewerbes gar manche dankenswerte Dienste geleistet haben. Das
war schon im Jahr 1876 bei der ersten Kunsthistorischen Ausstellung in Köln, zu deren Veranstal-
tern auch der damalige Besitzer der Sammlung Seligmann zählte. Deutsche Gläser und eine reiche
Auswahl von Meißener, Höchster, Frankenthaler und Ludwigsburger Porzellanfiguren bildeten sei-
nen Beitrag, unter den letzteren die ausgezeichneten Ballettgruppen auf Tafel XIII. Auch das zart
bemalte Nymphenburger Frühstücksgeschirr (Tafel XIX) und der als Eule gefaßte Kokosnußbecher
(Tafel XIX) waren dort zu sehen.

Die Kölner Kunsthistorische Ausstellung des Jahres 1876 war zwar eine der bestbeschickten
und sehenswertesten, aber auch die am schwächsten besuchte Veranstaltung dieser Art und sie hat
deshalb kaum dazu beigetragen, die Sammlung Seligmann in weiteren Kreisen bekannt zu machen.
Trotzdem ist diese den Fachleuten, Sammlern und Kunstfreunden auch außerhalb Kölns keineswegs
fremd geblieben; wer für die feine Kunst des geschliffenen Glases tieferes Interesse hatte, für alte
Bucheinbände und schönes Porzellan, der wußte diese Sammlung im Schatten der Kirche Maria
im Kapitol wohl zu finden und zu würdigen.

Der letzte Besitzer war nicht der Begründer der Sammlung, aber ein treuer Hüter und Mehrer
der ererbten Kunstschätze. Der Plauptbestand war bereits von Jakob Seligmann aus Coblenz zu-
sammengebracht worden, der seit 1844 in Köln sich niedergelassen hatte. Nach seinem Tod 1889
wurde die Sammlung unter drei Erben verteilt; zwei Anteile blieben in Köln, einer fiel wieder an
das Stammhaus in Coblenz. Der Kommerzienrat Moritz Seligmann hat seinem Sammlungsanteil noch
manchen kostbaren Zuwachs verschafft, wie die von Johann Schaper bemalte und bezeichnete
Fayencekanne (Tafel I) und die Meißener Terrine aus der Versteigerung Fischer (Tafel II),
die immer ein Hauptstück der prächtigen Feinmalerei Herold’scher Richtung bleiben wird. Rich-
tung und Charakter der alten Sammlung haben sich aber nachträglich kaum mehr geändert.

Als sie im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts entstand, war sie dem gleichzeitigen Sammler-
geschmack ihrer kölnischen Umwelt etwas vorausgeeilt. Denn das Verständnis für die Bedeutung
der deutschen Porzellanplastik des 18. Jahrhunderts war damals in Köln noch kaum erwacht, je-
denfalls nur sehr wenig verbreitet. Dem Mittelalter und der Renaissance, nebenher noch den römi-
schen Gräberfunden, war das heiße Streben der meisten Kunstsammler in der Domstadt fast aus-
schließlich zugewandt. Die Stollenschränke der Gotik und der Frührenaissance, die üppig geschnitz-
ten rheinisch-westfälischen Spätrenaissanceschrfänke waren geradezu ein Wahrzeichen und ein bei-
nahe unentbehrliches Ausstattungsstück im Kölnischen Sammlerkreis jener Tage, allgemein begehrt
und gesucht, selbst, wenn sie im Grunde nicht halb so echt waren, wie sie aussahen. Auch die
Sammlung Seligmann ist nicht ganz davon frei geblieben. Es wirkte wohl von der romantischen
Sammlerepoche der Boisseree noch eine Überlieferung im kölnischen Sammelwesen nach und
sicherlich kam darin ein starker Lokalpatriotismus, ein überzeugter Stolz auf die rühmliche Kunst-
vergangenheit des Rheinlands zum Ausdruck. Aber die Neigungen der kölnischen Sammler, so viel
ihrer damals auch waren, erstreckten sich noch nicht auf die Spätstile des 18. Jahrhunderts. Was
das rheinische Kunstgewerbe seit dem Spätbarock noch Gutes geschaffen hatte, das fand noch we-
nig Anklang, auch wenn es sich um so tüchtige Ausläufer der altheimischen Eichenschnitzkunst
handelte, wie die Aachener Rokokotischlerei sie hervorbrachte (Tafel XXIX). Daß die berühmtesten
Pariser Kunsttischler, die Oeben, Riesener, Benemann, aus dem Rheinland stammten, blieb in ihrer
Heimat unbeachtet und wenn die Sammlung Seligmann sich Marketeriemöbel mit Bronzebeschlägen
 
Annotationen