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Mayer, August Liebmann; Hugo Helbing (München); Kaulbach, Friedrich August von [Bearb.]
Sammlung Fritz August v. Kaulbach, München: Gemälde alter Meister des 14.-18. Jahrhunderts, antike Plastiken, Bildwerke in Holz, altes Kunstgewerbe, Wand- u. Orientteppiche, Glasgemälde, Stoffe, Stickereien, Möbel, ostasiatische Kunst — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.67626#0010
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richtig beobachtet hat, am meisten an die Madonna mit musizierenden Engeln Nr. 1314 im
Louvre erinnert (Nr. 149).
Technisch wie künstlerisch fesselnd ist die große Anbetung der Könige aus dem Kreise des
Vincenzo Foppa (Nr. 163), mit Leimfarben auf Leinwand gemalt, wie ein Fresko wirkend, und
die, Suida zufolge, cremonesische, in gleicher Technik ausgeführte Verkündigung (Nr. 160).
Als eigenhändiges Werk Tizians aus den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts wird von Kennern,
vor allem von G. Gronau, das sehr stattliche Porträt des Erzbischofs Querini (Nr. 171) ange#
sprechen, das auch von Fischei in die neue Auflage des „Klassiker der Kunst“#Bandes auf#
genommen ist. Sehr dekorativ ist ein Männerporträt des Domenico Tintoretto (Nr. 170),
ebenso ein unter van Dycks Einfluß entstandenes Damenporträt des genuesischen Malers
Carboni (Nr. 159).
An frühen deutschen Bildern enthält die Sammlung eine kunsthistorisch recht wichtige
bayerische Tafel um 1470, mit einer Anbetung der Könige (auf der Rückseite: die Dar#
bringung im Tempel) (Nr. 176) und eine kleinere, etwas von niederländischer Kunst inspi#
rierte oberrheinische Tafel mit einer Golgathadarstellung und dem Salvator Mundi auf der
Rückseite (Nr. 177).
Unter den niederländischen Gemälden verblüfft die sehr frische Studie van Dycks zu dem
Engelkopf auf der „Beweinung Christi“ der Berliner Galerie durch ihren „Kaulbach“schen
Charakter (Nr. 181). Hier spürt man ganz besonders, wie stark sich Kaulbach in jeder
Weise von van Dyck anregen ließ. Sehr künstlerisch ist der sehr weit getriebene eigen#
händige Entwurf von Rubens zu dem Bild „Decius Mus erzählt seinen Traum“ der bekannten
Gemäldefolge in der Galerie Liechtenstein in Wien (Nr. 194). Von den flämischen Land#
schäften heben wir die signierte von Lucas van Uden besonders heraus (Nr. 197).
Schließlich noch ein Wort über die kunstgewerblichen Gegenstände. Ein Hauptstück ist der
„Himmelsglobus“ (Nr. 84) aus vergoldetem Kupfer und vergoldeter Bronze von Isaac Hab#
recht, Straßburg 1646. Sehr gut ist ein venezianischer Bronzekessel des 16. Jahrhunderts
(Nr. 82) und ein montiertes gotisches Trinkhorn, eine sogenannte „Greifenklaue“ (Nr. 81).
Neben meist deutschen Zinnarbeiten des 16. Jahrhunderts erwähnen wir italienische Truhen
und Spiegel und einen ausgezeichneten französischen Kredenzschrank Henri II. (Nr. 258).
Unter den Teppichen fällt ein gutes kleinasiatisches Stück des 16. Jahrhunderts angenehm
auf (Nr. 307). Der nur als Fragment erhaltene schöne Wandteppich mit der Darstellung
eines Triumphzuges (Nr. 304) ist nach Ansicht Göbels eine in Tournai oder Brüssel um 1525
entstandene Arbeit, von einem flämischen Zeichner unter Benutzung italienischer Holzschnitte
gestaltet. Endlich führen wir noch eine Reihe als Wandschirm montierter italienischer
Stickereien des 17. Jahrhunderts an (Nr. 342).
Wenn nun die mit so großer Liebe gesammelten Schätze in alle Welt zerstreut werden und
das so stimmungsvolle Haus seinen Charakter verliert, so möchte man zumindest hoffen, daß
wenigstens der mit nicht geringerem künstlerischem Empfinden angelegte Garten in seiner
Kaulbachschen Form für München erhalten bliebe.

August L. Mayer.
 
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