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Mayer, August Liebmann; Hugo Helbing (München); Kaulbach, Friedrich August von [Bearb.]
Sammlung Fritz August v. Kaulbach, München: Gemälde alter Meister des 14.-18. Jahrhunderts, antike Plastiken, Bildwerke in Holz, altes Kunstgewerbe, Wand- u. Orientteppiche, Glasgemälde, Stoffe, Stickereien, Möbel, ostasiatische Kunst — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.67626#0009
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VORWORT

Fritz August von Kaulbach, der berühmte Porträtmaler, wetteiferte auch als Sammler alter
Kunst mit seinem großen Kollegen Franz von Lenbach. Jedoch besaß Kaulbachs Heim
nicht die prunkvolle Aufmachung des Lenbachschen Palazzo, sondern wie jetzt noch zu
erkennen ist, atmete das Haus eine stillere, aber nicht weniger tiefe Liebe zu schönen und
kostbaren alten Dingen. Es wirkte bei Kaulbach alles solider, wärmer, fast könnte man von
einer gehobeneren Bürgerlichkeit sprechen, die wohltuender war, als die freilich zur Con#
dottierenatur Lenbachs passende signorile Renaissanceromantik. Kaulbachs vielseitige Kunst#
interessen offenbaren sich in der Mannigfaltigkeit der Objekte, der Sammelgebiete. Da sind
zunächst einige sehr schöne antike Skulpturen zu nennen, vor allem der Torso einer Venus,
eine hervorragende griechische Arbeit des 4. Jahrhunderts (Nr. 147). Daneben erwähnen wir
einen bärtigen Götterkopf (Nr. 148), der gleichfalls als griechische Arbeit des 4. Jahrhunderts
geführt wird, und eine ausdrucksvolle römische Porträtbüste, die als eine kurz vor Christi
Geburt entstandene Schöpfung gilt (Nr. 143).
Von Bildwerken der christlichen Epochen nennen wir zwei eigenartige oberitalienische Stein#
reliefs, musizierende Fabelwesen vom Ende des 14. Jahrhunderts (Nr. 198), einen venezianischen
Wappenhalter, Holz, gefaßt, vom Ende des Quattrocento, Planiscig zufolge aus der Werkstatt
des Rizo (Nr. 199), einen ganz hervorragenden spanischen Bronzekruzifixus, wohl vom Anfang
des 18. Jahrhunderts (Nr. 206); von deutschen Arbeiten eine trauernde Maria, Holz gefaßt, wohl
schwäbisch#bayerisch um 1500 (Nr. 208), eine hl. Margarete in sehr schöner alter Fassung
von Jörg Lederer, Allgäu, um 1520 (Nr. 207) und eine niederrheinische Wandkonsole vom
Anfang des 16. Jahrhunderts mit der Marter einer Heiligen (Nr. 211).
Unter den Bildern verdienen vor allem eine Reihe italienischer Arbeiten des Trecento und
Quattrocento unsere Aufmerksamkeit, voran ein „hl. Leonhard mit Gefangenem“, eine sehr
qualitätvolle Arbeit, die man mit beachtenswerter Begründung den Werken des Pietro Loren#
zetti zugezählt hat (Nr. 150) und eine sehr fein gemalte, koloristisch reizvolle Golgathaszene,
eine sienesische Arbeit um 1350, die von Memmi wie von Ambrogio Lorenzetti beeinflußt ist
(Nr. 154). Ein charakteristisches Werk des Sienesen Francesco di Vannucci ist eine weitere
Kreuzigungsdarstellung (Nr. 155). Aus nächster Nähe des Giovanni da Milano stammt ein
hübsches Triptychon mit der Madonna und Heiligen, Verkündigung, Geburt und Kreuzigung
(Nr. 152). Der bärtige Heilige mit einem Kirchenmodell ist van Marie zufolge eine Arbeit
aus den Marken (Mitte 15. Jahrhundert), wahrscheinlich von Giovanni di Antonio da Pesaro
(Nr. 151).
Das reizvolle Täfelchen mit dem Täufer Johannes ist eine charakteristische venezianische
Trecentoarbeit, nach van Marie wahrscheinlich von dem sogenannten „Meister des Pirano#
Altars“ (Nr. 156). Bei der Predellentafel mit der „Darstellung Mariä im Tempel“ hat van
Marie starke Verwandtschaft mit den lombardischen Trecentofresken in S. Abondio zu Como
bemerken wollen (Nr. 153).
Kunsthistorisch etwas rätselhaft sind die beiden dekorativen Tafeln mit den Heiligen Blasius
und Albertus Magnus (Nr. 161). Sie sind wohl eher ferraresisch als florentinisch, sie besitzen
etwas nordisches, was so vielen ferraresischen Bildern eigen ist. Zweifellos florentinisch,
aus der Nachfolge des Niccolo di Pietro Gerini ist die Madonna, die, wie van Marie
 
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