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Karl Ernst Henrici <Berlin> [Hrsg.]
Arnim und Brentano, Des Knaben Wunderhorn: Handschriftliches aus dem Nachlaß der Bettine v. Arnim ; Besichtigung: Freitag, den 22. März 1929 ..., Versteigerung: Sonnabend, den 23. März 1929 ... (Katalog Nr. 149) — Berlin, [1929]

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https://doi.org/10.11588/diglit.17001#0023
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III. Persönliche Beziehungen Arnims in

Briefen etc.

75 Briefband mit zahlreichen eigh. Entwürfen zu Briefen, die Achim v. Arnim an Ver-
wandte, Freunde und Bekannte in den Jahren 1808—1812 gerichtet hatte. 186 Seiten
(die übrigen Seiten leer). Halbpergamentbd. mit Rotschnitt. Auf dem vorderen Deckel
von Arnim der eigenhändige Vermerk: „Dieses Buch gehört mir allein und wer es durch-
liest ist ein Schweinehund. A. A."

Von den Persönlichkeiten, an die Achim geschrieben, sind besonders bemerkenswert:
Aretin, Bettine Brentano, Clemens Brentano, Görres, Goethe, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm,
Alexander v. Humboldt, Iffland, Jean Paul, Frau v. Krüdener, J. F. Reichardt, Louise Reichardt,
Savigny, Schelling, A. W. Schlegel, M. Schwind, Frau v. Stael, Tieck. — Aus der grossen Fülle
der kopierten Briefe mögen nur folgende Stellen wiedergegeben werden:

Aus Heidelberg, d. 22. März 1808 an B e 11 i n e: „Es war eine furchtbare Nacht als ich
aus Frankfurt reiste, ich schlief mit allerlei Betrachtungen ein und wachte beschneit auf, was
ich dachte hatte mich aber warm gemacht, dass ich dir gut bin und dass du doch ganz anders
bist, als ich mir Mädchen denke, denen ich gut bin. Du versöhntest mich also mit einem Theile
der Natur, der mit mir im Streite war; Sieh ich schaudre noch jetzt vor zwey Dingen, wie du
mit S. Kind herum sprangst und lachtest, als sie dir vorstellten, wie du in diesem Taumel ver-
nichten kannst, was keine menschliche Kraft herstellt, dann wie du gar nicht von seinem Zimmer
weichen wolltest, die Geduld wäre mir gerissen. Ich tadle mich aber selbst, dass ich dachte,
indem ich deinen Brief las, dass alle die nicht lebten, die ich lieb habe, um dir allein gut zu seyn."

(April 1808). An Schelling: „Die Methode der Alten ein Symbol ihrer Weisheit in
Sprüchen darzustellen und im allgemeinen Gedächtnisse zu bewahren, wenn auch die Zer-
störung ihre Untersuchungen im Ganzen, die Bücher ergreifen, veranlasst mich, sie um einige
solche Sprüche zu bitten, sie wären mir ein Heiligthum. Ich danke für den Beyfall, es ist so
selten, sich zu berühren."

9. May (1808): An Goethe: „Es ist ein Versuch, den ich mit Deutschland mache, ob wohl
irgend ein Kunstinteresse ist in der Mehrzahl, das keines besondern Interesse aus der Zeit bedarf.
Alles Gute scheint in Deutschland Schriftsteller, die Lesewelt ist trostlos, den meisten macht
langes Nachdenken Kopfweh, der eine liest keinen Vers darum, der andere kein Enggedrucktes,
weil es ihn zu lange aufhält, es wird bald den Poeten gehn wie den Malern, die darum nie ge-
deihen, weil kein Mensch etwas Gemaltes braucht. Mit welcher Sehnsucht denke ich Ihres
Hauses, wo jedem Zimmer seine Ehre geschehen und jede Wand wie eine Weltgegend ihr eignes
Leben hat."

26. Sept. (1808). An A. W. S c h I e g e 1: „Sie haben die Güte, mich zu historischen Unter-
suchungen über die Literatur des sechzehnten Jahrhunderts aufzumuntern, mir ist aber das
übrige Historische jener Zeit so viel merkwürdiger gewesen, auch war ich zuviel mit dem Inhalt
jener Bücher beschäftigt, worin sich die Ausstrahlung jener grossen Geschichte recht zeigt,
dass ich wenig dafür gesammelt. Es giebt in der Literatur gewisse Männer, deren Name sich
fortpflanzt, weil sie durch eine ruhige Folge von Arbeiten ganz erwiesen, wieviel Herrliches in
dem Volke geboren, die Einzelnen, die dieses alles erzeugt, verschwinden wie die Namen der
tapfersten Soldaten, die früher erschlagen worden, ehe sie das Kreutz der Ehrenlegion erhalten,
was soll man nun diese vergessenen Namen herausbringen, wenn man am Ende nichts mehr
von ihnen weiss, als ihren Namen. Was hilft es mir zu wissen, welcher Charakter Göthe Mignon
veranlasst, ob er in Düsseldorf oder Frankfurt, wie die Schauspieldichter geheissen, deren Stücke
Shakespeare wiedergeboren, ein Stück mehr ist besser als die ganze Literaturgeschichte; über
die man jetzt die Literatur vergisst. Deutschland hat jetzt fast nichts Eigenes als die allgemeine
Fertigkeit über alles zu schwatzen, um für nichts was zu thun, so möchte es jetzt auch, dass
ihm Spanien alles wieder erfechte, was es aus Nachlässigkeit verloren."

(Berlin, 2. März 1809): An Clemens Brentano: „Deine Geschichte des Volksliedes
aus dem Wunderhorn heisst Mineralogie aus einem steinigen Gebäude studieren. Es würde doch
offenbar Planlosigkeit verrathen, wenn wir so etwas beabsichtigt und doch die wichtigsten
für die Geschichte der Lieder ausgelassen."

Auktionskatalog 149. Karl Ernst Henrici, Berlin W. 35.
 
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