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Koch, Alexander [Editor]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Editor]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Editor]
Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt 1908: [23. Mai bis Ende Oktober] — Darmstadt, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24093#0036
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die späterhin vielbewunderte Zierden der Ausstellung" bildeten, zu Beginn nicht fertig waren. Und
endlich darf daran erinnert werden, wie unser Unternehmen während der weitaus größten Zeit seiner
Dauer mit einer nicht für möglich gehaltenen Ungunst des Wet'ers zu kämpfen hatte.

Waren hiernach manche Vorzeichen nicht verheißend, so dürfen wir uns mit um so größerem
Recht des Ergebnisses freuen. Rund 600 Aussteller, sowie 200 Künstler und Architekten waren auf
der Ausstellung vertreten. Auf weniger als 100 000 Besucher hatten wir im Voranschlag gerechnet,
die tatsächliche Besucherzahl hat nahezu 235 000 betragen. Für Tageskarten sollten 81 000 und für
Abonnementskarten 15 000 Mark eingehen, die wirklichen Eingänge betragen fast 140 000 und über
40 000 Mark. Als verkauft sind bei der Geschäftsleitung Gegenstände im Werte von etwa 140 000
Mark angemeldet worden, hierzu treten die Wertsummen der uns nicht bekannt gewordenen Verkäufe
und der zahlreichen Bestellungen. Die sonstigen Einnahmen haben sich fast durchweg höher gestellt
als veranschlagt, während die Ausgaben meist niedriger gehalten und unvorhergesehene Ausgaben
aus ebensolchen Einnahmen bestritten werden konnten. Wir sind daher nicht nur in der angenehmen
Lage, unseren Garantiezeichnern die großherzig zur Verfügung gestellten Haftscheine in der nächsten
Zeit, wie es Herr Oberbürgermeister von Borscht in München beim Schlüsse der dortigen Aus-
stellung so schön ausdrückte, „unversehrt" zurückzugeben, sondern weiterhin können wir die un-
abänderliche Tatsache eines namhaften Überschusses feststellen.

Die Höhe des Überschusses läßt sich heute noch nicht angeben. Auch wir leiden unter dem
Mißstand, von einem leider nicht kleinen Teil der Geschäftswelt selbst auf nachdrückliches Verlangen
nicht alsbald nach gelieferter Arbeit den dafür zu zahlenden Preis erfahren zu können. Wir wissen
ferner noch nicht, welchen Kostenaufwand die Auflösung des Unternehmens verursachen wird. Und
endlich kommt in Betracht, daß schon das angenommene Vorhandensein eines gleichviel wie großen
Überschusses allerhand Nachforderungen zur Folge hat, deren Höhe erfahrungsgemäß durch diejenige
des Überschusses bedingt ist. Diesen zum Gegenstand derartiger Versuche machen zu lassen, müssen
wir um so mehr ablehnen, als wir in der Geschäftsleitung für Bestand und Betrag des Überschusses
nicht bloß moralisch verantwortlich sind. Ich hebe dies in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des
Hauptausschusses besonders hervor, um damit zugleich einer weiteren, erfahrungsgemäßen Folge
eines Überschusses zu begegnen: den mehr oder minder bescheidenen Wünschen verschiedenster
Interessenten, an einem solchen beteiligt zu werden. Auch diese Wünsche werden bereits laut. Sie
müssen aber schon aus dem Grunde unerfüllt bleiben, weil namenttich der Staatsbeitrag seinerzeit
von Regierung und Ständen unter der ausdrücklichen Bedingung bewilligt worden ist, daß der
Staatsbeitrag aus einem etwaigen Überschuß in dem Verhältnis zurückzuerstatten sei, in dem er zu
den sonstigen Zuschüssen für das Unternehmen stehe. Ob von dieser Bedingung wird abgesehen
werden können, steht dahin. Jedenfalls setzt dies voraus, daß alle Faktoren befragt werden und
zustimmen müssen, von deren Beschlüssen die Hergabe der bewilligten Mittel abhing. Sache des
Hauptausschusses ist es, eintretendenfalls entsprechende Vorschläge zu machen. Es kann aber schon
heute als ausgeschlossen bezeichnet werden, daß einer Zersplitterung des Überschusses das Wort
geredet werden wird. Vielmehr kann es sich allein darum handeln, ihn in seiner Gesamtheit der
Pflege von Kunst und Kunstgewerbe des Landes nutzbar zu machen. Auf Einzelheiten einzugehen,
wird hier und heute nicht am Platze sein.

Wohl aber dürfen und müssen wir den inneren Gründen für das günstige finanzielle Ergebnis
nachgehen. Ihre Prüfung deckt sich zu einem sehr großen Teile mit der Frage nach dem erzielten
idealen und kulturellen Erfolg. Auch er ist hochbefriedigend. Allerdings haben wir rückschauend
zu beklagen, daß der Wille, ein vollständiges Bild des hessischen Könnens unserer Zeit auf den
Gebieten der freien und angewandten Kunst zu geben, sich insofern nicht lückenlos in die Tat um-
setzen ließ, als die Ausstellung weder in bezug auf die vertretenen Gewerbe, noch auf die beteiligten
Firmen und Industriesitze ein einheitliches Bild zeigte. Für die einzelnen Gewerbszweige mag dies
an der Verschiedenheit des Maßes liegen, in dem sie dem Einfluß der Kunst zugänglich sind. Wenn
wir angesehene Firmen des Landes vermißten und hervorragende Stätten des heimischen Kunst-
gewerbes gerne stärker vertreten gesehen hätten, so können wir doch darauf verzichten, die viel-
leicht persönlichen Gründe für ihr Fehlen zu erörtern, indem wir überzeugt sind, daß die Beteiligten
ihr Fernbleiben selbst nicht mehr für richtig halten und künftig ebenfalls auf dem Plane sein werden.
Für den leitenden Gedanken am ausgeglichensten stellte sich die freie Kunst dar. Es kann dahin
gestellt bleiben, ob nicht speziell in der Malerei teilweise ein Weniger mehr gewesen wäre. Aber
einmütig ging die Kritik aller zu ihr Berufenen dahin, daß in den Werken reifster Künstler, wie
aufstrebender junger Kräfte die treue Liebe zum Wesen der Heimat und die verständnisvolle Ehr-

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