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Koch, Alexander [Hrsg.]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]
Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt 1908: [23. Mai bis Ende Oktober] — Darmstadt, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24093#0141
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aber erst dann vor, wenn ein Einziger in sich
selbst die Synthese findet und mit einem gewal-
tigen "Wurf den Ewigkeitsgehalt des Säkulums
ans Licht stellt. Das ist's: alles Kunstschaffen,
auch das geringfügigste und allerspezialisierteste,
liefert Stoff zur Erkenntnis der Zeitsynthese.
Aber runde, formelhafte Erscheinung wird
diese Synthese nur dann, wenn Einer in sich
selbst die Summe der Zeit zu ziehen vermag,
wenn die Zeit in einer Seele groß und maß-
gebend erlebt wird, um dann als objektivierte Ge-
stalt aus ihm herauszutreten, lebensvoll und ge-
formt, bewältigt und doch nicht vergewaltigt.

Das ist es, was wir unter monumen-
taler Kunst verstehen: eine ungeheure Zu-
sammenfassung des Details, eine energische
Versöhnung aller säkularen Widersprüche, ein
Sichdurchkämpfen zur großen beherrschenden
Linie, das Auffinden des Akkordes in all' den
zahllosen Dissonanzen, die das Ohr des Nahe-
stehenden unaufhörlich behelligen.

Das Monumentale ist die Grenze, wo das
Allerzeitlichste sich mit dem Ewigen berührt.
Weil es aber beim Monumentalen lediglich

aut die große Synthese abgesehen ist, genügt
hier die einfache Wiedergabe sinnlicher Ein-
drücke nicht. Die Hauptfunktion des Monu-
mentalkünstlers liegt in der Verarbeitung des
Details zu einem einheitlichen Ganzen. Es
fragt sich nur, wie steht unsere Zeit dazu?
Ich kehre damit zum Ausgangspunkt zurück.

Wir alle wissen, daß das Streben nach
monumentalem Ausdruck heute in vielen
Künstlern lebendig ist. Zugleich aber nimmt
man auch wahr, daß die Schwierigkeiten, die
sich dem monumentalen Ausdruck entgegen-
stellen , häufig in geradezu grotesker Weise
verkannt werden.

Diese Schwierigkeiten bestehen vor allem
darin, daß sich heute eben jenes Detail, auf
dessen Überwindung es ankommt, in einem
unerhörten Maße gehäuft hat. Was Natur-
wissenschaft, Technik, Verkehr, politische
Ereignisse an neuen Stoffen und Kräften in
die Welt geworfen haben, das ist so Vieles
und ist so reich an Widersprüchen, daß der
Versuch einer Synthese von vornherein
chimärisch erscheint. Die Verhältnisse, unter
 
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