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Koch, Alexander [Hrsg.]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]
Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt 1908: [23. Mai bis Ende Oktober] — Darmstadt, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24093#0204
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Die Grabmal-Kunst auf der Hessischen Landes-Ausstellung.

gearbeitete Entwürfe zu erhalten. Um diesen
Forderungen genügen zu können, bedurfte es
freilich auf der anderen Seite der Verbindung
mit einer größeren Zahl von Künstlern, deren
bereitwilligem Entgegenkommen durch kom-
missionsweise Überlassung von Entwürfen die
Gesellschaft zu größtem Dank verpflichtet ist.
üanz besonders waren es die Herren Prof. Kreis,
Prof. Schumacher, Ernst Haiger, C. Sattler, Prof.
Erwin Kurz und Sohn, Prof. E. Pfeifer, Prof. Quß-
mann, M. Landsberg, Dir. Huber, die es uns er-
möglichten, mit vorbildlichem Material unsere
Steinmetjen zu untersten. Nur auf diese Weise
war es möglich, die heute ausgestellten Steine
den Lagern hessischer und nachbarlicher Grab-
malgeschäfte zu entnehmen.

Aber auch den direkten Verkehr mit dem
Publikum hat die Gesellschaft von vorn herein
gepflegt. Das von ihr eingerichtete Büreau
zur Vermittlung künstlerischer Grab-
denkmäler versendet an jeden Privatmann völlig
unverbindlich für den Empfänger Auswahl-
kollektionen von Entwürfen und Photos bereits
ausgeführter Denkmale, oder lägt auch auf Wunsch
neue Entwürfe unter gleichen Bedingungen an-
fertigen; die Ausführung wird dann in die Hände
eines der oben angeführten Geschäfte gelegt.
Bereits über 2[/a Hundert von Künstlerhand ent-
worfene Denkmale sind durch Vermittlung des
Bureaus in den verschiedensten Teilen Deutsch-
lands zur Ausführung gebracht. Auch nach
Österreich ist eine kleine Zahl von Denkmalen
geliefert worden.

Dag die Frage der Kunst auf dem Fried-
hofe zum sehr wesentlichen Teile eine Material-
frage ist, habe ich bereits im Katalog der ersten
Wiesbadener Ausstellung gezeigt. Die Härte des
Granits, die jede künstlerische Bearbeitung un-
möglich machte - neuerdings freilich durch den
maschinell betriebenen Meisel überwunden werden
kann — führte zu der absoluten Monotonie schwarz-
polierter Obelisken und drehrunder Säulen, die
das Stigma des modernen Friedhofs bilden. Zu
der Härte gesellten sich die schwarze Farbe und
glasartige Politur, mit der man den Mangel an
Form zu ersehen gedachte, während sie den letzten
Rest künstlerischer Stimmung und Harmonie auf
unseren Friedhöfen vernichteten, da der so be-
handelte Stein stets wie ein Fremdling aus den
weichen Tönen der umgebenden Natur herausfällt.
Wie bedrückend die schwarze Farbe, wenn sie
massenhaft auftritt, auf den Beschauer wirkt, und wie
roh und schreiend darauf die knallige Goldschrift
hervortritt, ist zwar in den letzten Jahren von
allen Seiten unendlich oft betont worden, muß
aber solange wiederholt werden als noch immer

jährlich tausende und abertausende dieser progig
ordinären Steine aufgestellt werden. Der Ruf
nach einem beständigeren Material hatte vor Ein-
führung des Granits in gewissem Sinne eine Be-
rechtigung, da damals fast ausschließlich Sand-
stein verwandt wurde. Wenn man freilich sich
gegenwärtig hält, dag die Städte den Friedhöfen
eine immer kürzere Lebensdauer setzen, nach
deren Ablauf alles Nichtkünstlerische der Ver-
nichtung anheimfällt, so mug es mit tiefer Weh-
mut erfüllen, zu sehen, wie gleichzeitig das Pu-
blikum aus Furcht vor Verwitterung sich krampf-
haft an ein für die Ewigkeit bestimmtes Material
klammert, ihm zuliebe auf Form und Schönheit
verzichtend ! Dabei bieten die heimischen Kalk-
steine ein durchaus wetterbeständiges und durch
ihre warme belebte Oberfläche für Denkmale wie
kein zweites prädestiniertes Material! Nicht
minder kann der kreidige und unsolide Carrara
durch den männlich kräftigen, kristallinischen
Laaser erseßt werden. Schon die Abbildungen
lassen es erkennen, wie unendlich wohltätig die
Heiterkeit der hellen Farben den Ernst des Fried-
hofes zu mildern vermag. Dabei stellen sich
diese Steine dank der leichteren Bearbeitung des
Materials, trog der Einzelausführung und der
Honorierung der Künstler mindestens nicht teurer,
oft sogar erheblich billiger als die charakterlose,
unerfreuliche Fabrikware.

Möchte die Zeit nicht mehr ferne sein, in
der auch unsere Friedhöfe wie dereinst sich dem
Besucher als Stätten künstlerischer Kultur zu
präsentieren vermögen! Erst dann werden sie
wieder ihrem Namen Ehre machen und ihre Auf-
gabe in vollem Mage zu erfüllen vermögen, die
nicht zum legten darin besteht, durch den keuschen
Reiz friedevoller Schönheit trauernde Herzen zu
erheben und den Schmerz in sanfte Wehmut zu
verklären. —

DR. W. VON GROLMAN —WIESBADEN
Leiter der Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst.

Ä

Die 20 erwähnten Firmen sind folgende: C. Roth
in Wiesbaden, C. Schwarz in Berlin, Gebr. Wagner in
Frankfurt a. M., Rupp & Möller in Karlsruhe, Walther
& Cie. in Freiburg i. B., Hippler & Werer in Worms,
P. Kam in Darmstadt, A. Pauly in Solingen, W. Pütz
in Cöln, Düsseldorfer Grabmal-Industrie in Düsseldorf,
Dellner & Hüser in Braunschweig, A. Schleipfer in Erfurt,
C. Schober in Halle a. S., A. Stößlein in Plauen i. V.,
Sigm. Löwensolin in Fürth i. B., Seyffert in Beigeren a. F.,
Hintzehnann in Rostock, Marmorindustrie Kiefer in
Kiefersfelden und Hallein (für Osterreich), K. Schwarz
in Königsberg, P. Kamm in Breslau, Berger & Traupe
in Bremen, H. F. W. Witte in Hamburg-Ohlsdorf,
Ingwersen in Kiel, A. 'f rede in Flensburg.
 
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