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Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

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https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0215
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— rüß —

mit einer Füllung geziert, wie in Fig. 5. 6. 7. Kommen mehrere Fenster in einer Reihe ne-
ben einander zu stehen, so wird man gilt thun, denselben eine gemeinschaftliche Schwelle
in der Form eines fortlaufenden Bandes zu geben, wovon wir in dem. folgenden Abschnitt
mehr beibringen werden.

Die Fensterflügel.

fn Rücksicht der Fensterflügel bemerken wir blofs, dafs man in den meisten Fällen am
besten thun wird, sie vierflügelig zu machen, nämlich zwey Flügel unten und zwey oben,'
und dafs man sie zum festern Schiiefsen an ein Kreuzholz anlaufen lafst. Denn machet man
die Flügel zu grofs, so wirft sich der I\ahmen leicht, und der genaue Schlufs wird erschwert.
Auch ist es besser, die Fensterflügel in Angeln gehen zu lassen. Das Schieben derselben,
sey es aufwärts, sey es nach den Seiten, ist umständlich und unbequem.

Die Form der Glasscheiben mache man rechtwinkelig. Die runde Form derselben taugt
nicht, und noch verwerflicher sind die Scheiben mit spitzen Winkeln.

Der Bau der Fensterladen richtet sich im Wesentlichen nach dem der Thürflügel. Ue-
brigens können sie nach dem Bedürrnifs, oder nach der Bequemlichkeit bald einflügelig, bald
geialzet, bald zwey- und vierflügelig gemacht werden.

Von den Nischen.

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5. 8- Nischen sind nicht, wie die Thüren und Fenster volle Oeffnungen, sondern blofse
Vertiefungen in der Dicke einer Wand. Sie dienen theils als Schränke, um irgend etwas
darin aufzubewahren, theils und vornehmlich, um Bildsäulen darin aufzustellen.

Nischen reichen manchmal bis auf den Fufsboden, wie die Thüren, theils fangen sie erst
über einer Brüstung an; wie die Fenster (PL XLVII. Fig. I. und IV.); theils werden sie auch
erst in dem höhein Theile der Mauern angebracht.

Nischen haben bald wagerechte* bald gebogene Ueberlagen, und ihre Einfassungen sind
bald denen der Thüren gleich, nämlich mit Pfosten, Sturz u. s. w; bald sind sie zu bei»
den Seiten mit Halbsäulen oder Pilastern, ja selbst mit vorspringenden Säulen und Pfeilern.
Zugleich mit dem vollen Gebälke, und manchmal noch mit den'Giebeln darüber geziert (man
vergl. PI. XLII. Figv I-V1IL). Man sieht selbst Nischen mit Bogen über den Pfosten und
Pilastern, wie in Fig. III. und IV.; doch dies nur in wenigen und spätem Monumenten.

Die Abweichungen des Nischenbaues und ihrer Verzierungen von den Thüren und
Fenstern haben den Grund in ihrer besondern Bestimmung. In den Nischen stellt« man
die Statuen der Götter, der Heroen und Penaten auf. Die religiöse Ehrfurcht, welche man
mit solchen Bildern verband, befriedigte sich also nicht immer mit einer einfachen Nische;
jnan glaubte durch eine reichere Zierde einer solchen Vertiefung auch eine höhere Deutung
zu geben, indem man Pilaster und Säulen mit Gebälke und Giebel hinzufügte, und so die
Nische gleichsam zum Ansehen und Range einer kleinen Kapelle, eines kleinen Tempels
erhob. Daher anstatt der Vertiefungen in der Dicke der Mauer die kleinen Vorbaue ent-
standen, wie in Fig. VII. und VIII. Die erste Veranlassung zu solchen heiligen Hauschen
mag die Aufstellung irgend einer Statue an der Aufsenseite der Gebäude, oder in einem
freyen Hofraume gegeben haben. Von da wanderten sie dann in die innern bedeckten Räu-
me, in die .Lararia, und in die Tempel selbst, wie wir solche noch im Pantheon Wahrneh-
men (PL XLVII. Fig. V. c.).,

Aehnliche Vorbaue von Nischen an manchen Frontansichten der Kirchen des Mittelal-
ters, wo wir die Saulchen nicht selten auf vortretenden Kragsteinen errichtet sehen, smd

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