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Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

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https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0239
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— 217 —

Zierde der achteckigen Kuppol des Windthurmes in Athen (Stuart tom. I.) in der Figur eines
Tritons, der sich nach dem Winde umdrehte. Auch kraterförmige Gefäfse scheinen für sol-
che Uebersätze keine unschickliche Zierde zu seyn.

Eine andere Verschönerung erhalten die Runddächer an der Traufe hin durch die Hohl-
ziegel, welche, wie bey den andern Da^hungen, eine schildförmige Stirnverkleidung haben,
mit irgend einer Maske, einem Adler, oder einer Blume in Relief verziert. Diese Art Stirn-
Ziegel nimmt man in einem schönen Relief wahr, welches in der italienischen Uebersetzung
der Werke Winkelmann's (tom. III. tab. XVIII.) gestochen ist. Wird aber an der Traufe ein
Rinnleisten vorgelegt, so sind es hauptsächlich die an der Rinne angebrachten Löwenköpfe,
welche die Zierde umher an \der Traufe bilden. An dem Monumente des Lysikrates aber
haben nicht nur die untersten Ziegel emporragende Zierden, in der Form der Meereswellen,
sondern an die Stelle des Rinnleistens selbst sind schildförmige mit Blumen verzierte Erhö-
hungen getreten (Stuart tom. I. eh. IV. PL III. IV. und VI.).

Von den Geländern überhaupt, und von denen der Dachungen insbesondere.

§. 11. Diesem Abschnitte haben wir noch die Einrichtung der Geländer, welche man
um den Rand flacher Dachungen zu setzen pflegt, beyzufügen.

Geländer dienen als Schutzwehren auf erhöhten Räumen, um gegen das Herabfallen zu
sichern. Zu diesem Zweck darf ihre Höhe nicht leicht weniger als drey bis vier Fufs betragen;
ein solches Geländer heifst daher auch Brustlehne oder Brüstung. Schranken, Umzäunungen,
Einfassungen unterscheiden sich hievon durch ihre Bestimmung, welche darin besteht, den
Zugang irgend eines Raumes zu sperren. Für solche ist das Höhenmaafs weniger bestimmt, als
für die Geländer, und zu jenen kann jede Art von Material dienen. Es'giebt Umzäumun-
gen, welche blofs in Erdwällen, in trockenen Steinwänden, in lebendigen Pflanzungen, in ei-
nem Geflechte von Schilf und Rohr, oder in ungezimmertem Holze bestehen. Die Gelander
hingegen erfordern in jedem Falle einen dauerhaftem und sorgfältigem Bau, manchmal selbst
Schönheit und Pracht; welches zwar alles auch bey blofsen Schranken und Umzäunungen
statt haben kann. Nicht selten sieht man Hofräume, Gartenpartien, u. s. w. mit schöner
Zimmer- Mauer- Steinmetz- und Schlofserarbeit umzäunt.

Die Geländer kommen in den Gebäuden an Treppen, an Fenstern, die bis zum Fulsbo-
den reichen, an freyen Vorbauen oder Erkern, zwischen freyen Säulengängen oder Gallerien,
auf Terrassen, um flache Dachungen, an den Seiten der Brücken u. s. w. hauptsächlich vor.

Das Prinzip bey dem Bau der Geländer ist dasselbe, wie bey jeder andern Wand oder
Mauer, welche pfeilerweise — pilatim — geführt wird (Fig. 13.). Von Strecke zu Strecke
nämlich werden Ständer oder Pfeilerchen festgestellt, in deren Zwischenweiten dünnere Wän-
de oder Mauern entweder voll, oder in durchbrochener Arbeit gestreckt werden, so dafs die
Ständer oder Pfeilerchen denselben zur Befestigung dienen. Die erforderliche Stärke der
Pfeilerchen sowohl, als der Zwischenwände hängt theils von der Bestimmung, theils von dem
Material ab. Geländer an den Brücken müssen in der Regel stärker seyn, als Geländer an
den Treppen; steinerne oder gemauerte Brustlehnen erfordern mehr Masse, als hölzerne, und
diese wieder mehr, als eiserne oder metallene.

Bey Geländern müssen die Pfeilerchen weder cylinder- noch kegel- noch pyramidalför-
mig seyn; die schicklichste Form ist das Viereck mit gleichen Seiten nach Art der Fufsge-
stelle unter Säulen oder Statuen, zugleich mit ihren Fufs- und Deckgesimsen. Im Freyen
wird die obere Platte walmförmig abgedacht. Auch die Füllungen in den Zwischenräumen
haben ihre Fufs- und Deckplatten, manchmal mit Gliederungen, wie die Pfeilerchen selbst
sie mögen übrigens aus Holz, Stein oder Metallwerk bestehen. Ferner besorgt man die Eüi-

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