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Hölscher, Uvo
Das Grabdenkmal des Königs Chephren — Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.26793#0100
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III. Der Befund der einzelnen Teile des Baues: D. Die Pyramidenanlage.

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Die an der nördlichen Felsenwand stehende, in großen Hieroglyphen eingemeißelte
Inschrift1 (Abb. 53) lautet in Übersetzung: „Der Baumeister im Tempel (Es glänzt Ramses II.
im großen Fürstenhause’2 Mej, der selige, Sohn des Baumeisters Bek-en-amun von Theben
des seligen“. Darunter ist in kleineren Schriftzeichen eingemeißelt: „Der Oberbildhauer
PeMninu“3. Es ist also eine Inschrift, die der
Steinmetz Pei-minu seinem Chef, dem leitenden
Tempelbaumeister von Heliopolis unter Ramses II,

Mej, zur Erinnerung an dessen Tätigkeit an dieser
Stelle gewidmet hat.

An der Westwand findet sich eine zweite In-
schrift zu Ehren desselben Mej (Abb. 54): „Der

Baumeister im Hause des Re' (Heliopolis) Mej“.

Gewidmet ist sie vielleicht von einem anderen
Bildhauer.

Worin bestand nun die Tätigkeit des Mej an dieser Stelle? Wir haben bereits

gesehen, daß sie nichts mit dem Steinbruch zu tun hatte, als dessen Spuren die Quadrate

zu Füßen der Inschrift zu sehen sind, daß diese vielmehr aus der Zeit der Pyramidenerbauung
stammen. Und andere Steinbrüche, in denen etwa im neuen Reiche gearbeitet sein könnte,
sind nirgendwo in der Nähe zu entdecken. Also kann sich die Inschrift nur darauf beziehen,
daß man den vielleicht schon zerstörten Tempel des Chephren oder Teile der Pyramiden-
bekleidung damals systematisch abgebrochen hat, um das Material oder die Statuen für den
Tempelbau Ramses’ II. in Heliopolis zu verwenden. Das stimmt auch mit dem überein, was
uns die Ruinen des Tempels lehrten, daß nämlich vor oder in der Zeit des neuen Reiches
alles kostbare Material, die zahllosen Granitblöcke, die Pfeiler und die Riesenstatuen regelrecht
abgebrochen und wegtransportiert worden sind. Und es stimmt auch mit dem, was wir
sonst von Ramses II. wissen, daß er nämlich skrupellos ältere Bauten plünderte, um seinen
eigenen Namen zu verherrlichen.

Abb. 54. Inschrift eines Baumeisters der Zeit Ram-
ses’ II. an der westlichen Wand des Felsenein-
schnittes.

Nebenpyramide.

Die Stelle, an der wir später die Nebenpyramide fanden, erregte von Anfang an
unsere Aufmerksamkeit durch einige Quader von auffallender Größe, die hier lagen. Sie
konnten nicht von der Chephrenpyramide stammen. Später erkannten wir auch von der
Höhe der Pyramide herab, was bereits Perring4, Erbkam und Petrie, sei es in ihren Zeich-
nungen angedeutet, sei es im Text erwähnt hatten, daß hier ein größeres Bauwerk gestanden
haben mußte. Was das gewesen sei, konnte uns nach der Situation nicht zweifelhaft sein, zumal
eine zur zweiten Pyramide gehörige Nebenpyramide bisher nicht bekannt war.

1) Diese und die folgende Übersetzung von G. Steindorff.

2) ,Das große Fürstenhaus' heißt der uralte Tempel von Heliopolis, in dem die „große Götterneunheit“ von Helio-
polis ihren Sitz hat.

3) So ist vermutlich der Personenname zu lesen. Er dürfte „der Hirt“ bedeuten.

4) Vyse II, 115.
 
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