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Hofstede de Groot, Cornelis
Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII Jahrhunderts (Band 7): [Willem van de Velde, Johannes von de Cappelle, Ludolf Bakhuyzen, Aert van der Neer] — Esslingen, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.43141#0018
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Willem van de Velde.


Peter, und von einer Tochter berichtet. Eine andere Tochter, Sara,
heiratete Simon de Bois, einen in England wohnenden Bildnismaler
holländischer Herkunft.
Willem van de Velde behauptet einen ganz eigentümlichen Platz
in der Geschichte der holländischen Malerei. Er heißt zwar Seemaler,
ist aber in erster Linie Schiffsmaler. Er malt das Meer selten oder
nie um des Meeres selbst willen. Es ist für ihn nur das unentbehr-
liche Terrain für seine Schiffe. Potter oder Cuyp konnten Pferde
und Vieh ihrer selbst wegen malen mit einer ganz zurücktretenden
Landschaft als Hintergrund, ja sogar ohne dieselben. Bei Schiffen
geht dies nicht. Wenn das Wasser nicht mitgemalt wird, verliert das
Schiff seine Existenzberechtigung. Wäre es gegangen, van de Velde
hätte es gewiß versucht. Er kannte offenbar den Schiffsbau, die
Takelage und ^’us, was damit zusammenhängt, aufs beste. Dies
beweisen nie' t nur seine Bilder, sondern auch die zahlreichen
Zeichnungen nach Schiffen, die von seiner Hand uns erhalten sind.
Jedes Schiff gab er mit seinen individuellen Eigenschaften bildnis-
mäßig wieder. Diese Kenntnisse der Schiffe, diese Liebe zu ihnen,
befähigte ihn zu der Rolle, die ihm in zweiter Linie zukam: die eines
Geschichtsmalers, erst der holländischen, später der englischen See-
kriege. Er wurde, wie sein Vater, beauftragt, die holländische Flotte
zu begleiten und ihre Schlachten an Ort und Stelle zu skizzieren,
damit er sie später wahrheitsgemäß malen konnte. Bis 1673 sind
die Schlachtendarstellungen von der holländischen, von da an
von der englischen Seite aufgenommen. Van de Velde ist
sozusagen der einzige offizielle Geschichtsmaler der holländischen
Schule, der als Augenzeuge mit erlebt hat, was er durch seine Kunst
verewigte.
Durch das Betonen dieser beiden Eigenschaften des Schiffs- und
der Geschichtsmalerei haben wir den Unterschied hervorheben wollen,
zwischen van de Velde und den Seemalern im eigentlichen Sinn,
sowohl den großen Meistern der Entwicklungszeit: Porcellis und
Simon de Vlieger als auch Jacob van Ruisdael, dem dichterischen
Darsteller des Ozeans in der Blütezeit. Andere Künstler dagegen wie
Hendrik Dubbels, Jan van de Cappelle und Ludolf Bakhuysen teilen
van de Velde’s Vorliebe für die „staffierte“ Seemalerei.
Es sei aber damit keineswegs behauptet, daß in der Darstellung
der Natur van de Velde hinter den genannten Großmeistern zurück-
gestanden habe. Weit davon! Er steht vielmehr mit in erster Reihe,
sowohl was die Wiedergabe des Wassers, besonders des stillen und
des leichtbewegten Wassers, als auch die des Himmels und der
Atmosphäre betrifft. Das seichte, durch viele Sandteilchen getrübte
und daher nur wenig reflektierende Wasser in der Nähe der hollän-
dischen und englischen Küste weiß er ebensogut wiederzugeben, wie
die weiße Brandung und das graue, fast immer leicht vom Winde
bewegte Wasser der hohen See. Die Wirkung der Sonne auf die
weißen Segel der Schiffe ebenso wie die Farbenpracht eines Sonnen-
untergangs auf Wolkenbänken am westlichen Horizont oder die
Rauchwolken eines eben abgefeuerten Schusses. Auch seine Luft-
perspective steht jener der andern Großmeister, Jan van de Cappelles
und Simon de Vliegers, in keiner Beziehung nach. Durch geschickte
 
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