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Holtzinger, Heinrich
Timgad und die römische Provinzialarchitektur in Nordafrika — Berlin, Stuttgart, [circa 1906]

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https://doi.org/10.11588/diglit.16948#0026
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breiten und 24 m langen Saal mit Vorhalle und
Apsis, in welcher auf einem Statuenpostament,
als Gründer der Anlage jener Publius Albinus
genannt ist, der im 3. Jahrhundert die Propy-
läen des Kapitols wiederherstellen liess.

Timgad hat ausser diesem Macellum noch
eine zweite Markthalle erhalten, deren bedeutende
Reste in allerneuester Zeit erst am Decumanus,
unweit des Forums, blossgelegt sind. Der Bau
ist in relativ später Zeit errichtet, jedenfalls
bei Gründung der Stadt noch nicht vorgesehen
worden, denn seine Westmauer springt über
die Flucht der sie begrenzenden Nebenstrasse
in letztere selbst vor. Vom Decumanus führt
eine achtstufige Treppe zur Mitte einer 28 m
breiten und 2 m tiefen Plattform, gegen die
sich zwei Gruppen von je drei Verkaufsräumen,
und in ihrer Mitte eine halbkreisförmige Ein-
gangshalle mit zwei Säulen in der Front öffnen.
Im Hintergrund dieser Apsis befindet sich der
Eingang zum weiten Hauptraum, dessen An-
lage eine grosse Originalität zeigt. Gegenüber
der gradlinigen Eingangsseite, an welche sechs
Läden stossen, begrenzen zwei Kreissegmente
den Raum, deren jedes fünf Läden umschliesst,
in denen, wie beim grossen Macellum, die mäch-
tigen Steintische den Eingang sperren.

Am Berührungspunkt beider Halbkreise, wo
durch ihre Durchschneidung ein dreieckiger Raum
entstand, ist ein Brunnen angeordnet. Der
Hauptraum zeigt an Stelle des einfachen recht-
eckigen Hofes mit Portiken eine Doppelgliede-
rung in zwei apsidale Hofanlagen mit gräten-
förmiger Pflasterung und Wasserrinne, die mit
Hallen römisch-dorischer Ordnung umgeben sind.

7. Praetoria.

Gleichwie Timgad für die Gattung der Ma-
cella, so bietet das benachbarte Lambaesis für
die Anlage der Praetoria das weitaus be-
deutendste Beispiel, nicht nur in Afrika, sondern
überhaupt im ganzen Bereich der römischen Bau-
kunst dar (Fig. 15). Zu einem grossen Teile lässt
sich noch die 420: 500 m messende Ummauerung
mit ihren abgerundeten Ecken und Toren er-
kennen, welche zum mindesten gegen die Mitte
des 2. Jahrhunderts das Lager der oben er-
wähnten Legio III Augusta umgab. Der Lauf
der beiden zum Teil noch von Säulenhallen
begleiteten gepflasterten Strassen, des Decu-

manus und des Cardo, lässt sich noch ver-
folgen; ihr Schnittpunkt lag nicht in der Mitte
des Lagers, sondern weiter nördlich, 143 m
vom Nordtore entfernt. Hier erhebt sich der
gewöhnlich als Prätorium bezeichnete, noch als
imposante Ruine vorhandene Bau, der, genau
genommen, nur einen Teil der monumentalen
Zentralanlage des Lagers bedeutete. Der Bau
bildet ein Rechteck von 30,60 m Länge und
23,30 m Breite, dessen Mauern auf den Schmal-
seiten von je drei, auf den Langseiten von je
fünf rundbogigen Durchgängen von verschie-
dener Höhe und Weite und in den oberen
Teilen von je einem rundbogigen Fenster durch-
brochen sind. Durch Pflaster und vorgesetzte
Säulen auf hohen Postamenten waren die Mauern
belebt, welche horizontal in zwei Drittel ihrer
Höhe durch ein über den Säulen sich ver-
kröpfendes Gebälk und Gesimse gegliedert
werden. Kleine Nischen sind zur Seite des
nördlichen Haupteingangs angebracht, welcher
so ein triumphbogenartiges Gepräge erhält.
Von der Uberdeckung des Baues ist jeder Rest
verloren gegangen, doch lassen die Spuren von
vier mächtigen Pfeilern im Innern, denen Halb-
säulen und Pflaster an den Wänden entsprachen,
wohl auf eine von Bögen getragene Balkendecke
schliessen. An die Südseite dieses Gebäudes
schliesst sich ein hallenumsäumter Hof, an den
sich zahlreiche Räume verschiedener Grösse
lehnen; eine Reihe davon, kleine, meist mit
Apsiden geschmückte Säle, erweist sich nach
den Inschriften als scholae, d. h. als Versamm-
lungsräume verschiedener religiöser Kollegien.
Auch eine Bäderanlage ist im Innern des Lagers
erhalten.

8. Wohnhäuser.

Nicht unbeträchtlich ist in Timgad und teil-
weise auch an anderen Orten die Zahl der
wieder aufgedeckten Wohngebäude. Der
Grad der Erhaltung lässt zu wünschen übrig,
doch tritt der Grundriss meist deutlich zu Tage.
Charakteristisch ist, wie Gsell bemerkt, der
durchgehende griechische Typus des Hauses.
Das römische Atrium fehlt; ein kurzes Vesti-
bül bringt uns sofort in den Hof oder das
Peristyl, das annähernd quadratisch gebildet ist.
Aus den luftigen Kolonnaden gleitet der Blick
in den zierlichen Garten oder auf die gepfla-
sterte Area, die ein Brunnen schmückt, wäh-

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