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Holtzinger, Heinrich
Timgad und die römische Provinzialarchitektur in Nordafrika — Berlin, Stuttgart, [circa 1906]

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https://doi.org/10.11588/diglit.16948#0018
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Stimmung, dessen Eingänge zwischen Säulen
sich nach den Portiken öffnen. Der Pracht
jener spiralförmig kannelierten Säulen ent-
sprach die reiche Inkrustation des Innern.
Hinter dem Tempel und Saal, von gleicher
Tiefe wie die Curie, dehnt sich ein weiter, von
Portiken umgebener Hof.

Waren die Ost- und Westseite des Forums
von Gebäuden öffentlichen Charakters umgeben,
so sprechen die Anlagen an den übrigen Seiten
eine andere Bestimmung des Platzes, dem Han-
del zu dienen, aus. Denn wir haben hier in
den zahlreichen, im Süden kleineren, im Norden
bis zu 8 m weiten, in Säulenstellungen sich
öffnenden Räumen wohl zweifellos Verkaufs-
läden und ähnliches zu sehen.

Die Möglichkeit, auf Grund des reichen epi-
graphischen Materials die Entstehungszeit dieser
Forumsbauten in Timgad und teilweise auch ihre
Bestimmung mit Sicherheit festzustellen, macht
diese Baugruppe neben denen in Rom und
Pompeji zur wertvollsten ihrer Art und bietet
zugleich für jene und andere ähnliche bedeut-
same Fingerzeige. Zugleich gibt der von mo-
dernen Marktanlagen oder öffentlichen Plätzen
wesentlich verschiedene Charakter der antiken
Fora sich auch hier in Timgad deutlich zu er-
kennen. Das Ganze hat hier etwas Intimeres an
sich, ist mehr in sich beschlossen, als wie dies
selbst beim Forum in Rom der Fall war. Dort
umgaben fahrbare Strassen überall die Mitte
des Platzes, über die die Züge der Tfiumpha-
toren sich bewegen konnten; hier in Timgad
war wie in Pompeji, Velleja u. a. a. O. jeglicher
Verkehr von Reitern und Wagen vom Forum
ausgeschlossen; wer das Forum durch die
prachtvolle Vorhalle betrat, befand sich in einer
freien und weiten, aber durchaus abgeschlos-
senen Anlage, bei der die kleinen Nebentore
eigentlich nur wie Notausgänge erscheinen.

Mit dem Forum von Timgad kann, vor
allem in Rücksicht auf die Erhaltung der An-
lage, kein Platz in einer der andern römisch-
afrikanischen Städte sich messen. Bei den
meisten lässt sich nur die Umgrenzung noch in
schwachen Umrissen skizzieren; manchmal ist
es sogar zweifelhaft, ob wir ein Forum oder
einen Tempelbezirk mit Portiken und Propy-
läen vor uns haben. Inschriftlich werden die
einzelnen integrierende Bestandteile, die Curie,
die Rostra, das Tribunal, die Portiken, der

Statuenschmuck, vor allem auch die Basiliken
öfter genannt. Von letzteren meint man Reste
in einer jetzt fast verschwundenen Ruine in
Sigus, vielleicht auch in einem Bau in Tipasa
entdecken zu können.

3 Tempel.

Neben den bisher erwähnten Baugattungen
ragen in Timgad sowohl wie teilweise auch in
anderen Orten Nordafrikas zunächst die Ruinen
der Tempel besonders hervor.

Mehr als in den eng gebauten Städten der
alten römischen Kulturgebiete diesseits des
Mittelmeeres konnte man gerade in den zum
Teil erst neu gegründeten afrikanischen Orten
darauf bedacht sein, die Heiligtümer in weite,
von Mauern und Hallen umgebene Höfe zu
stellen und sie von der profanen Umgebung
abzusondern. Solche Temenosanlagen zeigen
in Afrika oft bedeutende Abmessungen, nament-
lich im Hinblick auf die verhältnismässig be-
scheidenen Maasse der Tempel selbst. Hof-
längen von 80 m und mehr begegnen uns in
Timgad, Djemila und an andern Orten; das
Verhältnis zwischen Breite und Tiefe ist dabei
durchaus wechselnd. Für Afrika charakteri-
stisch ist es, dass mit wenigen Ausnahmen der
Tempel nicht frei mitten im Hofe steht, son-
dern sich mit der Rückwand an dessen Mauer
lehnt.

Bisweilen ist noch das Pflaster der offenen
Area erkennbar; in Henchir Bes besteht es
aus Kalksteinplatten von 45:90 cm; ähnlich in
Sbeitla und am Saturntempel in Dugga. Die
in Inschriften erwähnten Altäre haben wir uns
mitten im Hofe zu denken, wo wir z. B. beim
Tempel des Genius Coloniae in Timgad seine
Fundamente noch in situ sehen. Bald grössere,
bald geringere Reste der Hallen des Hofes
zeigen noch die Trümmer des Kapitols und
des Tempels des Stadtgenius in Timgad, der
Tempel in Lambaesis, Henchir Bes, Henchir es
Suar, Sbeitla, Sidi Amara, Mactar; andere werden
in Inschriften erwähnt (Zana, Sua etc.). In Te-
bessa war die Temenosmauer aussen und innen
mit korinthischen Pilastern geschmückt. Am Ka-
pitol in Timgad sind die Seitenhallen des Hofes
später in geschlossene Räume mit einem Kor-
ridor und kleinen Vorhallen verwandelt; man
will in ihnen Aufbewahrungsorte von Kultus-

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