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Hottenroth, Friedrich
Trachten, Haus-, Feld- und Kriegsgeraethschaften der Voelker alter und neuer Zeit: mit 120 Taf. u. zahlr. Holzschnitten (Band 1) — Stuttgart, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.12994#0025
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laa, die «Aamu» und verschiedene Stämme derselben, wie die «Cheli», «Scha-su», «Ribu» und
«Tehennu», wahrscheinlich syrische und kanaanitischc Nomadenstämme, die «Kefa» oder Cyprcr
und die Bewohner von «Pun», die Phönicier.

Die Phönicier sind durch ihren ungeheuren Verkehr zu Wasser und zu Land die eigent-
lichen Kulturträger der alten Welt gewesen. Ihr ausserordentliches Geschick im Anbau fremder
Länder, ihr Kampf um Freiheit und Selbstständigkeit hat zu allen Zeiten hohe Bewunderung er-
regt. Die «Grossen von Pun» erschienen in köstlichen Purpurgewändern (9.17); ihr Anzug, der
für beide Geschlechter im Schnitte möglicherweise derselbe war, bestand aus einem Unterkleid,
einem Schurz als Oberklcid und einem grossen Kragen. Das Unterkleid reichte von den Lenden
bis unter die Waden und wurde vermuthlich ohne Naht wie ein Schurz um den Körper gelegt; es
war gelb oder roth. Das Oberkleid, in seinem unteren Theilc halbkreisförmig ausgeschnitten (Fig. 11),
wurde von hinten her umgenommen, vorn übereinandergeschlagen und vermittelst eines Riemens
sammt dem Unterklcide am Leibe festgehalten; es war zur Plälfte blau oder violett, zur Hälfte roth.
Der Kragen hatte etwa die Form eines Ei's, das gegen die Spitze hin an einer Seite etwas einge-
drückt erscheint (Fig. 11); in der Mitte war er mit einem Kopfloche versehen; über die Brust herab
wurde er durch Hafteln geschlossen; die eine Hälfte des Kragens war roth mit gelbem Besatz, die

andere Hälfte roth mit violblauen dass sie «leich den Gewändern jüdi-

Fig. 11.

Scheiben. Nur Fürsten konnten ganze __" scher oder assyrischer Könige eine

Purpurgewänder tragen; denn sechs / \. grössere Länge und Weite hatte, als

Pfund des kostbaren Schneckensaftes / \ die Kleidung des Volkes; es wird uns

genügten erst um Ein Pfund Wolle zu (------------H^)------- "j überliefert, dass sie mit Edelsteinen

färben. Man begnügte sich gewöhn- V m 1 besetzt und mit Wohlgerüchen durch-

liest mit einem oder einigen Purpur- \~ Ii düftet war. Die Krone wird, wie die

streifen. Die Kopfbedeckung war eine J^^C^ morgenländischcn Kronen überhaupt,

haarsackförmige Kappe, die durch / n. eine hohe, von Goldreifen umschlos-

Bänder festgehalten wurde. / \ sene Mütze und das Sccptcr ein lan-

Bezüglich der Kleidung phönici- [ \ ger Stab gewesen sein,

scher Könige finden sich nur unbe- Man kann mit einiger Sicherheit

stimmte Angaben; wahrscheinlich ist, ' annehmen, dass die kriegerische Tracht

der Phönicier dieselbe oder doch ähnlich so wie die der Philistäer, ihrer nächsten Nachbarn und
Blutsverwandten, gewesen. Die Philistäer (9.10-21) trugen einen Panzerrock aus doppelter Lein-
wand mit ledernen Schienen und einen mit Lederstreifen verstärkten Schurz, oder auch den ägyp-
tischen Hintertheilsschurz aus Linnen sammt dem ledernen Bauchschilde (9. 21). Arme und Beine
waren nackt; den Kopf bedeckte eine enge Kappe, an welcher die metallenen Embleme der Mond-
sichel und der Sonnenscheibe glänzten; beide Zeichen waren der Astarte eigen; die Astarte aber
war die Kriegsgöttin der Philistäer und der Phönicier zugleich; an die Stelle beider Zeichen trat
mitunter ein mit Federn besteckter Reif; andere Krieger erschienen in einfachem Schurz und hoher,
etwas zurückgeneigter Mütze, sonst aber nackt. Die Waffen bestanden in kreisrunden Schilden,
inSpicssen, dolchartigen S chwertern, ägyptischen Schlachtsicheln und Bogen nebst Pfei-
len und Köchern.

Bei Welthandclsleutcn, wie es die Phönicier waren, steht es ausser Frage, dass sie die
Gegenstände ihres häuslichen und sonstigen Bedarfs nicht blos von einheimischen Künst-
lern herstellen Hessen, sondern auch aus der Fremde bezogen. Im Schiffsbau, in Weberei, Färberei
und Erzguss waren sie selber Meister. Phönicische Arbeit war das sogenannte eherne Meer im
Vorhofe des salomonischen Tempels zu Jerusalem; dieses Meer bestand aus einem runden, vier
und einen halben Meter im Durchmesser haltenden Becken von Kupfer, welches unten auf einer
kegelförmigen Marmorsäule, mit dem Rande aber auf dem Rücken von zwölf kupfernen Stieren ruhte;
phönicisch waren der kupferne Brandopferaltar, der silberne Tisch für die Schaubrode und alle
 
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