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oder rothen Tuche, das vermittelst des Reifes dergestalt auf dem Kopfe befestigt wurde, dass die
Zipfel in den Nacken herabfielen (Fig. 56. 2). Ein nur die Bischöfe höheren Ranges auszeichnendes
Ornatstück war das Pallium, ein Band, das völlig dem griechischen Omophorion entsprach
(GG. 14. 67.5-7). Die Zeit seines Ursprunges ist unbekannt; unter den Merowingern war es etwa
drei Finger breit, drei Meter lang, weiss, an jedem Ende mit Kreuz und Fransen besetzt, und wurde
von der rechten Schulter über die Brust, die linke Schulter und den Rücken hinweg wiederum über
die rechte Schulter nach vorn ersten Frankenzeit eine nur den
Fig. 56.
genommen (57. 14). Unter den t 2. Bischöfen zustehende Auszeich-
Karolingern verwandelte sich das ^ T^v. (i=2=^s nung; damals wurde er Vorzugs-
Band in einen Ring mit zwei / weise am Zeigefinger, seit dem
Streifen, welche vorn und hinten AI \ d neunten Jahrhundert aber am
ziemlich tief und selbst bis auf -Xx^J V\ (IrzJV^^^^, vierten Finger der rechten Hand
die Füssc herabreichten; in dieser f "n^I \\ /^^t^^^/ ' getragen. Der Hirtenstab hatte
Gestalt entsprach es völlig dem fcpcfU^ r^^^ von Anfang an nur den Zweck
Besatz der Pänula (74. 10). Der ^ ' ' einer Stütze und war nichts weiter
Ring (73. 0) war bereits in der als ein Stock mit Doppelkrücke;
diese Grundgestalt behielt er auch dann noch, als er bereits ein bischöfliches Abzeichen geworden, und
zwar bis zum elften Jahrhundert.
Ebenmässig wie das Kostüm trugen auch die Hausgeräthe der Franken das Unfertige in
der Cultur der Zeit zur Schau; das Barbarische stand unvermittelt neben dem Antikklassischen.
Die Prachtgefässe und Trinkgeschirre, welche unter den Merowingern die Kirchen und Wohnräume
erfüllten, waren römische Beutestücke. Die einheimischen Geräthe giengen, wie die geringen Ueber-
reste — Leuchter (73. 9—11), Schemel, Truhen (75. i6-is) und Gefässe (72.77—82) — erkennen
lassen, in handwerklichem Betracht nicht oder kaum über das Gewöhnliche hinaus. Der sogenannte
byzantinische Einfluss, welcher anfing sich in der einheimischen Produktion geltend zu machen,
hatte sehr verschiedene Quellen; die eine war die griechisch-römische, die andere die syrisch-orien-
talische, die dritte entstand infolge des Verkehrs mit den spanischen Mauren, deren dekorative Kunst
selbst eine Tochterquelle der orientalischen war. Daneben behaupteten sich noch der gallo-romanische
und der urgermanische Geschmack; der letztere bethätigte sich vorzugsweise an den Buckeln und
dem verschlungenen Geriemsel der Gewandhafteln und G ü r t e 1 b e s ch 1 äg e (72.5 7. 62-64. 66.
73. 13—15). Uebereinstimmend mit den mannigfachen Goldsachen aus dem Grabe Childerich's (72. 56.
58-ei. 65. f,7-69) erinnert eine bei Gourdon im Arondissement von Chalons sur Saone gefundene
Patena oder Schüssel (73. 5) an byzantinische Arbeit; charakteristisch sind hier wie dort die
reihenweise geordneten Zellen mit rothem Glasflusse. Spätrömische Formen zeigt der sogenannte
Thronstuhl des Dagobert (73. 17); derselbe ist aus vergoldeter Bronze und wird dem fränkischen
Goldschmiede Eligius zugeschrieben, der 659 starb; dagegen erscheint wiederum mehr in griechischer
Art ausgeführt ein demselben Künstler zugeschriebenes zweibalkiges Altar kreuz (73. 16). Bildliche
Dokumente führen uns Lehnstühle in unbeholfenem Barbarengeschmack vor Augen (75. 21. 22) und
Thronsessel, welche durchaus den byzantinischen entsprechen (75.20.27). Zwei Gegenstände, welche
die Sage mit dem Baiernherzoge Thassilo in Verbindung bringt, nämlich ein Kelch und ein Leuchter
(75. 23. 25), lassen neben griechischen Mustern germanische Elemente (vergl. 75. 24) zum Durchbruche
kommen. Unter den Musikinstrumenten war neben der altklassischen Form der Lyra das
durchaus nordgermanische, dreieckige Psalterium gebräuchlich (75. 12. 14). Eine bedeutend vor-
gerückte Verschmelzung der mannigfachen dekorativen Elemente zu jenem einheitlichen Style,
welchen wir den romanischen nennen, lässt ein Kästchen aus Elfenbein mit kupfernem Verschluss
erkennen (75. 2s); die Thier- und Menschengestalt findet sich hier bereits in den Kreis der Dekoration
einbezogen, Alles von guter Wirkung, wenn auch noch ohne besonderes Verständniss für die der
antiken Kunst wie der Natur entlehnten Formen.
Hottenrotb, Trachten. 2. Aufl.
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oder rothen Tuche, das vermittelst des Reifes dergestalt auf dem Kopfe befestigt wurde, dass die
Zipfel in den Nacken herabfielen (Fig. 56. 2). Ein nur die Bischöfe höheren Ranges auszeichnendes
Ornatstück war das Pallium, ein Band, das völlig dem griechischen Omophorion entsprach
(GG. 14. 67.5-7). Die Zeit seines Ursprunges ist unbekannt; unter den Merowingern war es etwa
drei Finger breit, drei Meter lang, weiss, an jedem Ende mit Kreuz und Fransen besetzt, und wurde
von der rechten Schulter über die Brust, die linke Schulter und den Rücken hinweg wiederum über
die rechte Schulter nach vorn ersten Frankenzeit eine nur den
Fig. 56.
genommen (57. 14). Unter den t 2. Bischöfen zustehende Auszeich-
Karolingern verwandelte sich das ^ T^v. (i=2=^s nung; damals wurde er Vorzugs-
Band in einen Ring mit zwei / weise am Zeigefinger, seit dem
Streifen, welche vorn und hinten AI \ d neunten Jahrhundert aber am
ziemlich tief und selbst bis auf -Xx^J V\ (IrzJV^^^^, vierten Finger der rechten Hand
die Füssc herabreichten; in dieser f "n^I \\ /^^t^^^/ ' getragen. Der Hirtenstab hatte
Gestalt entsprach es völlig dem fcpcfU^ r^^^ von Anfang an nur den Zweck
Besatz der Pänula (74. 10). Der ^ ' ' einer Stütze und war nichts weiter
Ring (73. 0) war bereits in der als ein Stock mit Doppelkrücke;
diese Grundgestalt behielt er auch dann noch, als er bereits ein bischöfliches Abzeichen geworden, und
zwar bis zum elften Jahrhundert.
Ebenmässig wie das Kostüm trugen auch die Hausgeräthe der Franken das Unfertige in
der Cultur der Zeit zur Schau; das Barbarische stand unvermittelt neben dem Antikklassischen.
Die Prachtgefässe und Trinkgeschirre, welche unter den Merowingern die Kirchen und Wohnräume
erfüllten, waren römische Beutestücke. Die einheimischen Geräthe giengen, wie die geringen Ueber-
reste — Leuchter (73. 9—11), Schemel, Truhen (75. i6-is) und Gefässe (72.77—82) — erkennen
lassen, in handwerklichem Betracht nicht oder kaum über das Gewöhnliche hinaus. Der sogenannte
byzantinische Einfluss, welcher anfing sich in der einheimischen Produktion geltend zu machen,
hatte sehr verschiedene Quellen; die eine war die griechisch-römische, die andere die syrisch-orien-
talische, die dritte entstand infolge des Verkehrs mit den spanischen Mauren, deren dekorative Kunst
selbst eine Tochterquelle der orientalischen war. Daneben behaupteten sich noch der gallo-romanische
und der urgermanische Geschmack; der letztere bethätigte sich vorzugsweise an den Buckeln und
dem verschlungenen Geriemsel der Gewandhafteln und G ü r t e 1 b e s ch 1 äg e (72.5 7. 62-64. 66.
73. 13—15). Uebereinstimmend mit den mannigfachen Goldsachen aus dem Grabe Childerich's (72. 56.
58-ei. 65. f,7-69) erinnert eine bei Gourdon im Arondissement von Chalons sur Saone gefundene
Patena oder Schüssel (73. 5) an byzantinische Arbeit; charakteristisch sind hier wie dort die
reihenweise geordneten Zellen mit rothem Glasflusse. Spätrömische Formen zeigt der sogenannte
Thronstuhl des Dagobert (73. 17); derselbe ist aus vergoldeter Bronze und wird dem fränkischen
Goldschmiede Eligius zugeschrieben, der 659 starb; dagegen erscheint wiederum mehr in griechischer
Art ausgeführt ein demselben Künstler zugeschriebenes zweibalkiges Altar kreuz (73. 16). Bildliche
Dokumente führen uns Lehnstühle in unbeholfenem Barbarengeschmack vor Augen (75. 21. 22) und
Thronsessel, welche durchaus den byzantinischen entsprechen (75.20.27). Zwei Gegenstände, welche
die Sage mit dem Baiernherzoge Thassilo in Verbindung bringt, nämlich ein Kelch und ein Leuchter
(75. 23. 25), lassen neben griechischen Mustern germanische Elemente (vergl. 75. 24) zum Durchbruche
kommen. Unter den Musikinstrumenten war neben der altklassischen Form der Lyra das
durchaus nordgermanische, dreieckige Psalterium gebräuchlich (75. 12. 14). Eine bedeutend vor-
gerückte Verschmelzung der mannigfachen dekorativen Elemente zu jenem einheitlichen Style,
welchen wir den romanischen nennen, lässt ein Kästchen aus Elfenbein mit kupfernem Verschluss
erkennen (75. 2s); die Thier- und Menschengestalt findet sich hier bereits in den Kreis der Dekoration
einbezogen, Alles von guter Wirkung, wenn auch noch ohne besonderes Verständniss für die der
antiken Kunst wie der Natur entlehnten Formen.
Hottenrotb, Trachten. 2. Aufl.
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