Einleitung.
deutschen Geistes, wieder das Dunkel einer unbedeuten-
den Hof- und Residenzstadt breitete.
Wie Johanna Sdiopenhauer, die Fremde, von Ham-
burg Zugewanderte, Goethes Vertrauen gewann, was sie
im langjährigen engen Verkehr mit ihm und überhaupt
in Weimar erlebte, das hätte dem zweiten Teil ihrer
Erinnerungen seinen Höhepunkt gegeben. Nur wenige
Notizen dazu, flüchtige Stichworte, hat Adele im Nachlaß
ihrer Mutter gefunden; der anmutige Plauderquell ver-
siegte, als der Mund der Toten sich schloß. In der Chro-
nik des Goetheschen Weimars klaffte also hier eine emp-
findliche Lücke. Sie zu füllen, soll dieses Buch versuchen.
Wo die Erzählerin selbst verstummte, müssen Briefe
für sie reden, Briefe von ihr und an sie, zum erstenmal
unter diesem Gesichtspunkt zusammengestellt. Die in-
haltreichsten Briefe, die an ihren Sohn Arthur aus den
ersten zwei Jahren ihres Weimarer Lebens, sind brudh-
stiickweise aus älteren Veröffentlichungen bekannt; sie
vollständig wiederzugeben, hätte den Rahmen meines
Buches gesprengt; das Verhältnis der Mutter zu ihrem
Sohn, das in diesen Papieren zugunsten der ersteren
spricht, mußte zurücktreten gegenüber den Schilderun-
gen weimarscher Zustände, an denen Arthur wenig Teil
hatte, in denen aber die Mutter lebte und webte. Ihre
geringfügige Korrespondenz mit Goethe bewahrt das
Weimarer Goethe-Archiv, ebenso einige Blätter aus
Ottilie v. Goethes Papieren. Eine größere Sammlung
angedruckter Briefe Johannas verdanke ich der Libera-
lität eines Wiener Sammlers, des Herrn Dr. Robert
Gruber. Im Nachlaß der Sibylle Mertens-Schaaffhausen,
der Freundin Adeles, in den Bibliotheken zu Bonn,
Hamburg, Jena, Karlsruhe und München fand sich dies
und jenes; vereint mit dem, was an einzelnen Briefen
im Goethe-Jahrbuch und an andern Stellen gedruckt vor-
lag, weit verstreut, oft falsch gelesen und datiert, ergab
es eine Ausbeute, die stattlicher wurde, als ich im An-
fang hoffen durfte. Johannas eigener Nachlaß ist nicht
erhalten. Ihre Tagebücher hat offenbar Adele vernichtet.
Auch von der Tochter Nachlaß haben sich nur Bruch-
stücke gefunden, um deren Rettung sich Sibylle Mertens
ein Verdienst erwarb; einiges gehörte zu ihrer Auto-
graphensammlung, die sie der Bonner Universitätsbiblio-
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deutschen Geistes, wieder das Dunkel einer unbedeuten-
den Hof- und Residenzstadt breitete.
Wie Johanna Sdiopenhauer, die Fremde, von Ham-
burg Zugewanderte, Goethes Vertrauen gewann, was sie
im langjährigen engen Verkehr mit ihm und überhaupt
in Weimar erlebte, das hätte dem zweiten Teil ihrer
Erinnerungen seinen Höhepunkt gegeben. Nur wenige
Notizen dazu, flüchtige Stichworte, hat Adele im Nachlaß
ihrer Mutter gefunden; der anmutige Plauderquell ver-
siegte, als der Mund der Toten sich schloß. In der Chro-
nik des Goetheschen Weimars klaffte also hier eine emp-
findliche Lücke. Sie zu füllen, soll dieses Buch versuchen.
Wo die Erzählerin selbst verstummte, müssen Briefe
für sie reden, Briefe von ihr und an sie, zum erstenmal
unter diesem Gesichtspunkt zusammengestellt. Die in-
haltreichsten Briefe, die an ihren Sohn Arthur aus den
ersten zwei Jahren ihres Weimarer Lebens, sind brudh-
stiickweise aus älteren Veröffentlichungen bekannt; sie
vollständig wiederzugeben, hätte den Rahmen meines
Buches gesprengt; das Verhältnis der Mutter zu ihrem
Sohn, das in diesen Papieren zugunsten der ersteren
spricht, mußte zurücktreten gegenüber den Schilderun-
gen weimarscher Zustände, an denen Arthur wenig Teil
hatte, in denen aber die Mutter lebte und webte. Ihre
geringfügige Korrespondenz mit Goethe bewahrt das
Weimarer Goethe-Archiv, ebenso einige Blätter aus
Ottilie v. Goethes Papieren. Eine größere Sammlung
angedruckter Briefe Johannas verdanke ich der Libera-
lität eines Wiener Sammlers, des Herrn Dr. Robert
Gruber. Im Nachlaß der Sibylle Mertens-Schaaffhausen,
der Freundin Adeles, in den Bibliotheken zu Bonn,
Hamburg, Jena, Karlsruhe und München fand sich dies
und jenes; vereint mit dem, was an einzelnen Briefen
im Goethe-Jahrbuch und an andern Stellen gedruckt vor-
lag, weit verstreut, oft falsch gelesen und datiert, ergab
es eine Ausbeute, die stattlicher wurde, als ich im An-
fang hoffen durfte. Johannas eigener Nachlaß ist nicht
erhalten. Ihre Tagebücher hat offenbar Adele vernichtet.
Auch von der Tochter Nachlaß haben sich nur Bruch-
stücke gefunden, um deren Rettung sich Sibylle Mertens
ein Verdienst erwarb; einiges gehörte zu ihrer Auto-
graphensammlung, die sie der Bonner Universitätsbiblio-
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