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Hübsch, Heinrich
Vertheidigung der griechischen Architectur gegen A. Hirt — Heidelberg, 1824

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https://doi.org/10.11588/diglit.5320#0011
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glauben, dafs specielle Verhältnisse (■wie sie ein solcher Canon enthält), sie
stammen aus welcher Zeit sie auch wollen, für alle Zeiten beständig seyn
müfsten und könnten, und dafs man durch deren Befolgung den entfliehenden
Geist jener Kunst bannen könnte — um diefs zu glauben, mufs man weder mit
der Technik noch mit der Kunst Tertraut seyn. Wie kann man doch Baga-
tellen für so wichtig ansehen? über die Verzeichnung der kaum zu bemerken-
den Entasis und dergleichen, Folioseiten schreiben, während dem man die wider-
sprechendsten Zusammenstellungen der Hauptformen macht? Dies heilst, die
kleinen Fische fangen und die grofsen laufen lassen.

Ueber meine Erklärung des dorischen Capitäls, dafs nämlich dessen grofse
Ausladung den statischen Grund hätte, die Spannung des Architravs zu ver-
ringern — entgegnet Hirt: « Die Architecten hätten gar nicht nüthig gehabt,
m bei der engen Säulenweite und der Höhe des Architravs der altdorischen
« Ordnung an Statik zu denken; sondern es wäre eine alte Beobachtung
tgewesen, die Platte um ein Geringes über den uniern Säulendurchmesser
c vortreten zu lassen. » — War denn in den Augen der Alten ein Architrav von
gleicher Höhe und Spannung eben so fest als in den unsrigen, die Avir so viele
Erfahrungen vor jenen voraus haben? Und wodurch begründet Hirt seine alte
Beobachtung, die ihm ja docli nicht ohne 'weiteres offenbart wurde?

Hirt: «Dann iväre es doch schön zu erfahren, wo die Triglyphen in
c Form fester Klötzchen daständen, und wo die Metopen in Plattenform
« dazwischen eingefalzt sind ? » 0 des Mannes, der schon so viel über griechische
Architectur geschrieben! Nur selten findet es sich anders. Der Theseustempel,
der Parthenon *) die Propyläen zu Athen, die Monumente zu Sunium, der
Tempel auf Aegina mögen ihm hier als Beispiele genügen.

Ferner: « Wohl aber kommt es vor, dass der Triglyph, aus einem be-
ul sondern Stück gearbeitet, eingesetzt ivard; doch dies nur am kleinen
« Tempel zu Pästum, weil der Stein des Frieses von schwachem Kalktuff
t ist, in welchem man die Dreischlitze nicht dauerhaft hätte arbeiten kön-
tnen.-» — Die scharfen Kanten des kannelirten Säulenschaftes, die unten der
Beschädigung ganz ausgesetzt sind, konnten in Tuffstein bestehen; die stumpf-
winkligen, durch die Höhe gesicherten Dreischlitze aber nicht! Man mufs wahr-
haftig viel Widerspruchsgeist haben, um die so gegründete Erklärung — dafs
diese Triglyphen erst später eingesetzt wurden — zu widersprechen.

*) Nächstens wird einer meiner Reisegefährten die Constructionen des Parthenons herausgeben.

Alsdann kann sich Herr Hirt recht augenscheinlich überzeugen.
 
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