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Hübsch, Heinrich
Vertheidigung der griechischen Architectur gegen A. Hirt — Heidelberg, 1824

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https://doi.org/10.11588/diglit.5320#0014
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gleich mehr verjüngt sind} als die jouischen und korinthischen. — Heilst diefs
im -wesentlichen mit den Monumenten übereinstimmen?

Vitrur gibt die Dicke der ältesten dorischen Säulen bei den Griechen
zu i der Hohe an, da doch erst die Monumente nach Pericles dieses Ver-
hältnifs haben, die ältesten aber kaum 4 Durchmesser. Ebenso giebt er die
jonischen Säulen viel schlanker an^ als sie bei den Griechen sind — welchen
Fehler auch Hirt selbst zugesteht.

Was Vitruv über die Zwischenzeiten der Säulen spricht, weicht
wieder durchaus («.beträchtlich,-» sagt selbst Hirt) von allen Monumenten
ab. Griechisch-dorische Monumente aus der besten Zeit, z. B. der Parthenon,
kommen noch nicht einmal dem Minimum der vitruvianischen Säulenweite —
die lr Durchmesser beträgt — gleich, vielweniger die früheren dorischen Monu-
mente. S eine dorische Säulenstellung aber hat über 6 Durchmesser Säulenweite,
welche selbst bei den römisch-korinthischen Monumenten nie viel Ulster 3
Durchmesser beträgt. Am befremdendsten aber ist, dafs sich die Säulenweiten
Vitruvs gleichmäfsig auf alle drei Ordnungen beziehen, da doch auswendig
an keinem griechisch dorischen Monumente die Säulenweiten völlig 2 Durch-
messer betragen (natürlich die mittlere an einigen Monumenten gröfsere Säu-
lenweite nicht gerechnet) und da die engste Säulenweite an jonischen Monu-
menten über 2 Durchmesser ist (Tempel am Ilissus) und bis auf 3 steigt
(Tempel der Minerva Poiias). Hirt bleibt aber dennoch hierin seinem Autor
getreu!!

Vitruv lehrt ferner, dafs die Säuleu längs den Seiten nicht senkrecht
zu stellen, sondern gegen die Mauer zu neigen seyen, so dafs vielmehr ilire
innere Contour senkrecht und mit der Mauer parallel werde. — Ohne mich
über einen solchen Unsinn auszusprechen, erwähne ich nur, dafs derselbe
an keinem griechischen Monumente, und überhaupt nur an einem einzigen
römischen zu sehen ist — nämlich am runden Tempel der Sybilla zu Tivoli,
dessen Säulen wirklich ein wenig einwärts geneigt sind.

Die Verschiedenheit der vitruvianischen Basen von den griechischen
gesteht Hirt zu.

Vitruvs dorisches Capital ist ebenfalls von dem griechischen ver-
schieden. Das zu Priene aufgefundene, dessen Platte oben einen Saum (nach
Vitruv) hat, gehört einer späten Zeit an- — Die Beschreibung seines joni-
nisehen Capitäls ist so unvollständig und (avoIiI durch die Abschreiber)
verwirrt, dafs sich nichts Selbstständiges daraus machen läfst. Vitruvs ko-
rinthisches Capital ist das, was wir regejmäfsig an den römischen Monu-
 
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