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mübelverstandenen Vorliebe zum Schönen aufopfern und sich lebendig über-
«.zeugen wird, dass das Schöne in der Architeciur nicht von dem Zweck—
«massigen und Nützlichen zu trennen, sondern vielmehr das Resultat be-
tstimmter Absichten sey, und gleichsam auf dem Nützlichen und Zweck-
« massigen ruhen müsse.» Diefs und ähnliche Aussprüche sind sehr löblich. Aber
wie consequent sich Hirt hierin bleibt, wird sich gleich zeigen. Schon S. 5
widerspricht er diesem, indem er sagt: der Endzweck derBaukunst sey dreifach,
Festigkeit, Bequemlichkeit und Schönheit. Hier ist Schönheit den beiden ersten
geradezu coordinirt, und gehört zur Zire ekmäfsigkeit eines Gebäudes,
auch macht sie mit beiden ersten das Wesen der Baukunst aus. Da Hirt
unter Schönheit auch die Verzierungen begreift, so bleibt demnach gar nichts
mehr übrig, was nicht geradezu zweckmäfsig und wesentlich ist!!
Die Gesetze des architectonischen Schönen lassen sich> wie Hirt meint,
auf sechs Hauptpunkte zurückführen: 1) Verhältnifsmaafs, 2) Gleichmaafs,
3) Wohlgereimthcit, 4) Einfachheit der Formen, 5) Material und Massen,
6) Verzierung.
Die Erklärung von Verhältnifsmaafs ist — das lüniÖlhisje Voreerede ab-
gerechnet — noch leidlich, in so fern dasselbe von der Construction und Be-
stimmung abgeleitet wird. Hirt ermangelt nicht, von der Modification der
Verhältnisse nach der Wirkung, die man bei einem Baue beabsichtigt, zu
sprechen. Es soll und darf ja bei keinem Baue eine andere -Wirkung beabsichtigt
werden, als der natürlich construirte und richtig angeordnete Bau ausdrücken
wird. Dann kann wohl nicht so kurz weg behauptet werden: dafs das Starke
und Massive Ernst erweckt, das Schlanke und Leichte Heiterkeit. So hat
z. B. die gothische Architectur viel schlankere Verhältnisse, als die griechische;
obgleich letztere Jedem heiterer erscheinen wird. Eine tiefe Einsicht verräth
Hirt, indem er absolute Gonstructionsverhältnisse für alle Zeiten annimmt.
Anders läfst sich doch das, was er S. 17 von den Acgyptern sagt — «da
ol dieses Volk nie dahin kam, die wahren Constructionsverhältnisse zu
«kennen» nicht verstehen. Welche Verhältnisse sind denn die einzig rieh-
tigen ? Die mehr, als die ägyptischen ausgebildeten schlanken Verhältnisse der
Griechen, werden wieder von den römischen in der Leichtigkeit etwas übeiy
troffen. Und was sind letztere gegen die Verhältnisse des leichten romantischen
Styls ? Die natürliche, jedem Unbefangenen in die Augen fallende Ursache
hievon ist_, weil das Spätere dieser Völker theils die technische Erfahrung
des früheren durch die Monumente überkam, theils weil auch mehr Anfo-
derung zu einer grofseren Räumlichkeit und Material ersparung vorhanden war.
mübelverstandenen Vorliebe zum Schönen aufopfern und sich lebendig über-
«.zeugen wird, dass das Schöne in der Architeciur nicht von dem Zweck—
«massigen und Nützlichen zu trennen, sondern vielmehr das Resultat be-
tstimmter Absichten sey, und gleichsam auf dem Nützlichen und Zweck-
« massigen ruhen müsse.» Diefs und ähnliche Aussprüche sind sehr löblich. Aber
wie consequent sich Hirt hierin bleibt, wird sich gleich zeigen. Schon S. 5
widerspricht er diesem, indem er sagt: der Endzweck derBaukunst sey dreifach,
Festigkeit, Bequemlichkeit und Schönheit. Hier ist Schönheit den beiden ersten
geradezu coordinirt, und gehört zur Zire ekmäfsigkeit eines Gebäudes,
auch macht sie mit beiden ersten das Wesen der Baukunst aus. Da Hirt
unter Schönheit auch die Verzierungen begreift, so bleibt demnach gar nichts
mehr übrig, was nicht geradezu zweckmäfsig und wesentlich ist!!
Die Gesetze des architectonischen Schönen lassen sich> wie Hirt meint,
auf sechs Hauptpunkte zurückführen: 1) Verhältnifsmaafs, 2) Gleichmaafs,
3) Wohlgereimthcit, 4) Einfachheit der Formen, 5) Material und Massen,
6) Verzierung.
Die Erklärung von Verhältnifsmaafs ist — das lüniÖlhisje Voreerede ab-
gerechnet — noch leidlich, in so fern dasselbe von der Construction und Be-
stimmung abgeleitet wird. Hirt ermangelt nicht, von der Modification der
Verhältnisse nach der Wirkung, die man bei einem Baue beabsichtigt, zu
sprechen. Es soll und darf ja bei keinem Baue eine andere -Wirkung beabsichtigt
werden, als der natürlich construirte und richtig angeordnete Bau ausdrücken
wird. Dann kann wohl nicht so kurz weg behauptet werden: dafs das Starke
und Massive Ernst erweckt, das Schlanke und Leichte Heiterkeit. So hat
z. B. die gothische Architectur viel schlankere Verhältnisse, als die griechische;
obgleich letztere Jedem heiterer erscheinen wird. Eine tiefe Einsicht verräth
Hirt, indem er absolute Gonstructionsverhältnisse für alle Zeiten annimmt.
Anders läfst sich doch das, was er S. 17 von den Acgyptern sagt — «da
ol dieses Volk nie dahin kam, die wahren Constructionsverhältnisse zu
«kennen» nicht verstehen. Welche Verhältnisse sind denn die einzig rieh-
tigen ? Die mehr, als die ägyptischen ausgebildeten schlanken Verhältnisse der
Griechen, werden wieder von den römischen in der Leichtigkeit etwas übeiy
troffen. Und was sind letztere gegen die Verhältnisse des leichten romantischen
Styls ? Die natürliche, jedem Unbefangenen in die Augen fallende Ursache
hievon ist_, weil das Spätere dieser Völker theils die technische Erfahrung
des früheren durch die Monumente überkam, theils weil auch mehr Anfo-
derung zu einer grofseren Räumlichkeit und Material ersparung vorhanden war.